"Voll a zache Fressn": Teenager-Sprache an Uni Graz unter der Lupe

Grazer Germanisten untersuchen grammatikalische Eigenheiten der Sprache der 13- bis 18-Jährigen

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Auf der ganzen Welt und in jeder Generation verwenden Heranwachsende eigene Wörter und eine eigene Grammatik, um sich von Erwachsenen abzugrenzen. Ziegler und seine Mitarbeiter haben in den vergangenen zwei Jahren mit Zustimmung der Jugendlichen die Freizeitkommunikation von 13- bis 18-Jährigen in den österreichischen Landeshauptstädten wie auch in ländlichen Regionen in den Bundesländern aufgenommen und analysiert. Sie wollen anhand dieser Gesprächsproben die Charakteristika der Sprache der Teenager in Österreich, Einflüsse des Dialekts aber auch der Migration auf die Grammatik untersuchen, wie Ziegler im Gespräch mit der APA schilderte.

Nach ersten Analysen erkannten die Grazer Forscher einige Auffälligkeiten: Einige einstige "In"-Wörter bei Jugendlichen wie "cool" oder "geil" oder "ätzend" seien auch in den Sprachschatz von Erwachsenen eingezogen, andere seien sang und klanglos wieder verschwunden, schilderte Georg Oberdorfer aus dem Team von Arne Ziegler. Ähnlich verlaufe es mit den medial als "Jugendwörter" transportierten Neologismen. "Wenn die offiziell gewählt und präsentiert sind, werden sie von den Jugendlichen bald darauf richtiggehend abgewählt und nur noch ironisierend verwendet." Die Grazer Forscher schenken dem sich schnell ändernden Vokabular jedoch weniger Beachtung, als den grammatikalischen Veränderungen und strukturellen Mustern der Sprache von Jugendlichen.

Auffällig sei beispielsweise der Gebrauch des Wortes "tun" als Hilfsverb wie zum Beispiel "Ich tu gerne Musik hören", oder die externe Intensivierung der Nominalphrase durch Intensivierungspartikel wie "ur-" oder "voll", wie beispielsweise in "voll a zache Fressn" für "ein sehr herbes Gesicht".

"Ich gehe Kino" oder "Gemma Einkaufszentrum" - und somit der Wegfall der Präposition - sei ein weiteres zu beobachtendes Phänomen, das regional unterschiedlich verbreitet ist, schilderte Oberdorfer. Phrasen wie "Gehen wir Stadtpark" würden beispielsweise in Deutschland in ethnisch gemischten Jugendgruppen verwendet und wurden als Phänomen des Sprachkontakts eingestuft. In einigen österreichischen Regionen hingegen seien solche Richtungsangaben ohne Vorwort auch von Erwachsenen verwendeter Bestandteil des Dialekts.

Was den Gebrauch von Dialekt in der Jugendsprache anbelangt, zeichnet sich für Österreich ein Stadt-Land-Gefälle ab, hielt Ziegler fest. Die Auswertung der "Sprachproben" aus den ländlichen Regionen werde vor allem Aufgabe im zweiten Teil des vom FWF geförderten Mehrjahresprojektes sein, so Ziegler.

Ende Mai (26. bis 28. Mai) lädt Ziegler zum Internationalen Kongress "Jugendsprachen 2016" nach Graz. "Bis dato fand wenig Austausch über die Forschungen in den verschiedenen Sprachen statt, obwohl überall ähnliche Fragestellungen untersucht werden", betonte Ziegler die Bedeutung dieser Veranstaltung. Große Themenblöcke der Konferenz widmen sich beispielsweise der computervermittelten Kommunikation oder der Einbeziehung der Jugendsprache in die Didaktik. "Die Art, wie Lerninhalte vermittelt werden, sollte sich ja an der Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler orientieren", hob Ziegler hervor.

( S E R V I C E - https://jugendsprachen-2016.uni-graz.at/de/)

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