Wehrpflicht bleibt bestehen

Vorläufiges Endergebnis: 59,8 Prozent für die Beibehaltung bei 49 Prozent Beteiligung

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Volksbefragung - Wehrpflicht bleibt bestehen

Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 49 Prozent. 97,5 Prozent der Stimmen waren gültig, 2,5 Prozent ungültig. Das vorläufige Endergebnis enthält noch nicht die Wahlkartenstimmen, die erst am Montag ausgezählt werden. Dieses Votum bedeutet eine klare Niederlage für die SPÖ, die Boulevardmedien und die Grünen, die alle für ein Berufsheer kampagnisiert haben.

Der Hauptproponent für ein "Profi-Heer", Verteidigungsminister Norbert Darabos (S), will trotz der Schlappe im Amt bleiben und jetzt an der Reform des Wehrdienstes arbeiten. Auch ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger kündigte an, dass bereits ab morgen an der Reform gearbeitet werde.

Darabos denkt nicht an Rücktritt

An einen Rücktritt denkt Darabos nicht: "Ich bin gerne Verteidigungsminister und habe mir auch nichts zuschulden kommen lassen." Auch sein Parteichef, Bundeskanzler Werner Faymann, stärkte ihm den Rücken. "Ich habe volles Vertrauen zu ihm." Es habe "keine Befragung stattgefunden für oder gegen einen Minister oder eine Regierung", betonte Faymann. Auch aus den anderen Parteien blieben die Rücktrittsaufforderungen an Darabos in der Minderheit. Einzig FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache und ÖVP-Wehrsprecher Oswald Klikovits forderten seinen Kopf. Die Parteispitze des Koalitionspartners betonte jedoch, dass dies Sache der SPÖ wäre. "Der, der sich die Suppe eingebrockt hat, soll sie auch auslöffeln. Er sollte zum Löffel greifen", und die Reform umsetzen, forderte Spindelegger.

Der Vizekanzler fordert, dass nun rasch an einer "Wehrpflicht neu" gearbeitet werden müsse. Es gebe viele Punkte, die er mit der SPÖ erörtern und rasch umsetzen will. Vorstellbar ist für den Vizekanzler etwa ein Arbeitskreis oder eine Reformgruppe. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will schon morgen Gespräche mit der SPÖ beginnen und eine Reform des Grundwehrdienstes bis Herbst umgesetzt sehen.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter erklärte, dass die Sozialdemokraten "die Entscheidung der Bevölkerung selbstverständlich zur Kenntnis nehmen". Er wollte das Ergebnis aber nicht als Sieg oder eine Niederlage für eine Partei sehen. "Die Volksbefragung hat nichts mit den Wahlen zu tun." Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) soll nach Meinung Kräuters "auf jeden Fall" im Amt bleiben. "Er muss auch mit den Eurofightern leben", so Kräuter fast zynisch.

Ergebnisse zeigen eindeutiges Bild

Die Ergebnisse in den Bundesländern zeigten um 15 Uhr ein recht einheitliches Bild: Zwischen 60 und 70 Prozent stimmten in den meisten Ländern für die Wehrpflicht. Einziger "Ausreißer" (abgesehen von der Bundeshauptstadt Wien, für die noch keine Daten vorliegen) war das Burgenland, wo es nahezu einen Gleichstand zwischen Berufsheer- und Wehrpflicht-Anhängern geben dürfte. Die höchsten Zustimmungsraten für die Wehrpflicht gibt es laut ARGE Wahlen mit 67 bis 68 Prozent in Vorarlberg und der Steiermark. In Kärnten, Tirol, Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg liegt diese etwas darunter bei 62 bis 65 Prozent.

Niedrige Wahlbeteiligung in Wien

Bei der Beteiligung gab es dagegen es größere Unterschiede. Am höchsten war sie mit knapp 60 Prozent in Niederösterreich, gefolgt vom Burgenland (55 Prozent) und Oberösterreich mit 53 Prozent. In den übrigen Ländern dürfte die Beteiligung unter 50 Prozent liegen, am niedrigsten wohl in der Bundeshauptstadt Wien, wo nach bisherigen Informationen weniger als 40 Prozent in die Wahllokale gegangen sein dürften.

Wien einziges Bundesland mit Berufsheer-Mehrheit

Die Wiener haben sich bei der Bundesheer-Volksbefragung heute, Sonntag, als die "unbeugsamen Gallier" erwiesen. Als einziges Bundesland stimmte Wien mehrheitlich für das Berufsheer. In der traditionell rot regierten Bundeshauptstadt gab es in der von Bürgermeister Michael Häupl angestoßenen Volksbefragung 54,2 Prozent für das von der SPÖ propagierte Berufsheer/Sozialjahr-Modell. Am anderen Ende Österreichs findet sich das Land mit der stärksten Wehrpflicht-Unterstützung, das traditionell schwarz dominierte Vorarlberg mit 66,4 Prozent.

50 Prozent Wahlbeteiligung

Bundesweit dürfte es inklusive Wahlkarten voraussichtlich eine überraschend hohe Wahlbeteiligung von knapp über 50 Prozent geben. Das wäre mehr als bei der letzten EU-Wahl, an der sich nur 46 Prozent beteiligten.

Reaktionen aus der Politik

Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) ist am Sonntagnachmittag kurz nach Schließen der Wahllokale vor Journalistenfragen geflüchtet. Als der Ressortchef ganz kurz im Steinsaal des Bundeskanzleramts auftauchte, wurde er sofort von wartenden Journalisten und Kamerateams umzingelt. Darabos wollte jedoch keine Fragen zum Ausgang der Bundesheer-Volksbefragung beantworten, meinte lediglich: "Ich muss zum ORF", und stürmte die Treppen hinab.

Strache: "Großartiger Tag für Österreich"

FPÖ-Chef Heinz Christian Strache, der für die Wehrpflicht eingetreten war, sprach in einer ersten Reaktion von einem "großartigen Tag für Österreich" und ein starkes Zeichen für Eigenverantwortung. Er forderte den Rücktritt von Darabos. Menschen "wollen reformieren statt demontieren". Darabos müsste nun zurücktreten, denn ihm traue niemand zu, Reformen sicherzustellen. Der Leiter des ÖVP-Personenkomitees für die Wehpflicht, Veit Sorger, sieht im voraussichtlichen Votum der Österreicher gegen ein Berufsheer einen "Sieg der Vernunft".

Grüne: "Unklaren Kurs der SPÖ" für Ergebnis verantwortlich

Die Grünen machen den "unklaren Kurs der SPÖ" für das Ergebnis verantwortlich. Bundessprecherin Eva Glawischnig meinte gegenüber der APA, die SPÖ habe keine einheitliche Linie vertreten und ihren Schwenk zum Berufsheer nicht überzeugend argumentiert. Das habe "sehr geschadet". Auch BZÖ-Obmann Josef Bucher sah die Schuld für den Ausgang der Volksbefragung bei der SPÖ. Die SPÖ habe es nicht geschafft, die Alternativen zur Wehrpflicht deutlich zu machen. Verteidigungsminister Darabos habe kein Gegenkonzept mit verlässlichen Zahlen und Fakten vorgelegt, kritisierte Bucher. Das Team Stronach, das ebenfalls für ein Berufsheer war, sah das Ergebnis als "Abstimmung gegen Reformen" beim Bundesheer. Das sei "bedauerlich", sagte Klubobmann Robert Lugar.

Der frühere Verteidigungsminister und jetzige Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (V) hat sich in einer ersten Reaktion "sehr zufrieden" über den Ausgang der Volksbefragung gezeigt. Er sehe das Ergebnis als Handlungsauftrag, "eine echte Reform der Landesverteidigung in Angriff zu nehmen“, erklärte er in einer Aussendung.

Androsch: "Es freut mich nicht"

Hannes Androsch, Vorsitzender des Pro-Berufsheer-Komitees, hat sich am Sonntagnachmittag beim Eintreffen in der SPÖ-Zentrale etwas zerknirscht gezeigt: "Es freut mich nicht", erklärte er gegenüber der APA zum voraussichtlichen Votum für die Beibehaltung der Wehrpflicht.

Das Ergebnis "war nicht überraschend. Angesichts der kurzen Vorbereitungszeit konnte man nicht die emotionalen Nebelgranaten abwenden", meinte Androsch. Die Sicherheitspolitik etwa sei ausgeblendet worden im Vorfeld, kritisierte er Aussagen der ÖVP wie etwa, "Die Rettung kommt nicht". Wie im Bereich der Umwelt- und Energiepolitik sei Österreich aber ein "Nachzügler" und das Ergebnis nicht "in Stein gemeißelt", so der Berufsheer-Verfechter.

Kommentare

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Bravo!!!! die Idioten haben gewonnen...In Österreich gehen die Uhren ohnehin anders,als im übrigen Europa

mundl66 melden

wenn deiner ( bescheidenen) Meinung nach 60 % IDIOTEN sind würd ich mir, an deiner Stelle, Gedanken machen =)

Ignaz-Kutschnberger
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@smonti ...es gibt keinen Gewinner und keinen Verlierer!! Es gilt das Heer zu reformieren und gemeinsam an einem Strang zu ziehen im Sinne unseres Landes!!!

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Tja wie lange wird in Österreich schon reformieret? Hier herrscht das Parteidenken ,nicht das gemeinsame am Strang ziehen

Ignaz-Kutschnberger
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Tja...wenn Sie Recht haben, sehe ich die Großparteien auf längere Sicht abgewählt!! Da müsste man Alternativen bei der nächsten Wahl suchen...insofern bin ich zuversichtlich, dass man doch sinnvolle Reformen findet!!

avatar69 melden

welche "großparteien" die existieren nur noch auf dem papier " gottseidank" vorhersage wir leider werden das die roten nur noch mit dem grünen "regieren" werden können (beispiel) wien....

Ignaz-Kutschnberger
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@avatar69...ein nicht Einleiten von Reformschritten würde beiden Regierungsparteien massiv schaden!

Ignaz-Kutschnberger
Ignaz-Kutschnberger melden

Oder glauben Sie wirklich dass es sich eine ÖVP bei 40% gegen das jetzige Bundesheer System politisch leisten kann hier keine Reformen umzusetzen?? Entschuldigung, aber für wie dumm halten Sie die ÖVP?? :-)

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Ich finde es Schade das die Pensionisten entscheiden dürfen was Jugendliche machen müssen. Die die Kriegspielen wollen sollen sich doch freiwillig verpflichten, und nicht im warmen Lehnstuhl sitzen und für die Wehrpflicht stimmen
Trauriges Österreich sollten lieber angemessen zahlen dann hätte man genug Leute bei Katastrophenschutz und Sozialdienst und nixht die Jugend ausbeuten typisch ÖVP

Ignaz-Kutschnberger
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@packer ...versteh Sie schon auch...aber Sie können ja jetzt ebenfalls Zivildienst auswählen...und ich nehme an, dass diese Pensionen vermutlich auch mal einen Beitrag in ihrer Jugend geleistet haben...das sollte man auch nicht vergessen!

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Alternativen? haben wir welche?Wenn man so durch die Parteilandschaft schaut,kommt einem das grausen.

Ignaz-Kutschnberger
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Nun ja...leider!! Aber wer einen Sessel bekommen will, muss halt im Interesse des Volkes handeln...und durch Skandale oder Reformverweigerung wird man da vermutlich nicht viel erreichen können... ;-)

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