Klaudia Tanner:
Alles hört auf ihr Kommando

Sie ist gern die erste Frau in Männerbastionen. Da ist es nur logisch, dass Klaudia Tanner das Verteidigungsministerium wollte. Die Truppe ist unterdotiert, doch die erste Maßnahme Tanners kostet wenig: eine Operation Zuversicht

von
Verteidigungsministerin - Klaudia Tanner:
Alles hört auf ihr Kommando

Klaudia Tanner blickt sich suchend auf der Kommandobrücke um: "Und von wo kommt dann der Anruf?" - "Von hier", deutet Oberst Peter Schinnerl, der Leiter der Einsatzführung der österreichischen Luftstreitkräfte, auf ein Telefon neben mehreren Computer-Monitoren. "Von hier haben wir vor zwei Tagen bei Ihnen den Testanruf gemacht." Die Verteidigungsministerin macht ihren ersten Besuch im Bunker tief im Heukareck bei St. Johann im Pongau. Hierher würde im absoluten Ernstfall die Bundesregierung verfrachtet, um weiter die Geschicke des Landes zu lenken. Täglich hier im Einsatz ist hingegen die österreichische Luftraumüberwachung, die alle Flugbewegungen im Land verfolgt. Zum Zeitpunkt des Ministerinnenbesuchs mit verstärktem Aufwand: Österreich unterstützt die Schweiz bei der Luftraumüberwachung, wenn sich die wichtigsten Protagonisten aus Weltpolitik und -wirtschaft im nahen Davos tummeln.

Alles ruhig, meldet man der Ministerin. Rund 50-mal im Jahr muss man von hier einen "Priorität Alpha"-Einsatz" starten. Das passiert, wenn ein Flugzeug über Österreich nicht plangemäß agiert, etwa von der Route abweicht und nicht auf den Funk reagiert. Dann eben wird seit wenigen Wochen bei der neuen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner angerufen. Sie müsste, erklärt Schinnerl, aber erst "bei klaren Anzeichen, dass das Flugzeug eine terroristische Waffe sein soll", eine Waffenfreigabe für den Eurofighter-Piloten erteilen, denn die Letztentscheidung trifft sie.

Jetzt aber geht es Tanner darum, sich bei der Truppe vorzustellen. Wie viele Einheiten des Bundesheeres sie seit ihrer Angelobung am 7. Jänner schon besucht hat? "Viel zu wenig", sagt sie. Und so eilt sie durch Österreich, von der Luftraumüberwachung gleich weiter zu jener Pionierkompanie, die mithilft, die Streif in Kitzbühel zu präparieren. Gleich nach dem Wochenende besucht sie zwei Wiener Kasernen, um diesen neue "Ehrennamen" zu verleihen. Ihr Auftritt: nahbar und herzlich. Sie lässt sich erklären, was da im Bunker über die Bildschirme flimmert, will und muss schnell mit eigenen Augen sehen, wo die Problemzonen der Landesverteidigung liegen. Immer wieder betont sie, sie wolle nach den vielen Hiobsbotschaften über den Zustand des Heeres "Mut und Zuversicht" geben. "Hier arbeiten sensationelle Menschen. Und ich sage Menschen, nicht nur, weil ich noch nicht alle Dienstgrade kenne", setzt sie nach.

Von der Landwirtschaft zum Heer

Tanner ist nicht nur Österreichs erste Verteidigungsministerin, sie war davor auch erste Direktorin des niederösterreichischen Bauernbundes. "Es macht mir Spaß, Pionierin zu sein. Egal in welchem Bereich", sagt sie auf die Frage, warum sie sich ausgerechnet dieses Ministerium gewünscht habe, wo doch das Landwirtschaftsministerium naheliegend gewesen sei. Dass Tanner ministrabel ist, hieß es auch schon bei der Regierungsbildung 2017, da gingen die Sicherheitsministerien allerdings an die FPÖ.

»Es macht mir Spaß, Pionierin zu sein. Egal in welchem Bereich«

Im Bauernbund und zwischendurch im Kabinett des früheren Innenministers Ernst Strasser hat Tanner das politische Handwerk gelernt, sie pflegt den Kontakt zur Basis und weiß, Netzwerke zu bilden. In jenem von ÖVP-Chef Sebastian Kurz landete sie nicht nur durch familiäre Kontakte -eine Schwester ist mit Kurz-Berater Stefan Steiner verheiratet. Als Bauernbunddirektorin organisierte sie in der schlagkräftigen ÖVP-Teilorganisation bereits einen Vorzugsstimmenwahlkampf für Kurz, als sich andere Parteigranden noch abwartend gaben.

Nun braucht sie den Rückhalt des Kanzlers, wenn es um die bevorstehenden Budgetverhandlungen geht: Ihr Vorgänger im Amt, Thomas Starlinger, hatte in einem alarmierenden Zustandsbericht einen Investitionsbedarf von 16 Milliarden Euro für das Bundesheer geortet. Im Bunker bei den Soldaten versprüht Tanner Optimismus: "Wir sind rund um die Uhr einsatzfähig." Dem Finanzminister wird sie wohl ein anderes Bild vermitteln müssen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der News Ausgabe Nr. 5/20

Kommentare