Warum sie verkatert Sex haben

Sonja sagt in meiner Praxis, dass sie häufiges Feiern als erholsamen Ausgleich zum anstrengenden Arbeitsalltag und anschließenden Sex als "Lebensverschönerung" betrachtet. Nicht nur der Kopf brummt am Morgen danach, auch die Lust auf Sex nimmt zu. Denn wenn es nicht gleich passiert, weil zu viel Alkohol ja dämpfend wirkt, bietet sich der Morgen danach als erstaunlicher Turbo fürs Liebesleben an.

von Liebes Leben - Warum sie verkatert Sex haben © Bild: Nathan Murrell

Gerade nach einer durchfeierten Nacht mit reichlich Alkoholkonsum kommt zwar gehörig Katerstimmung auf, was aber nicht automatisch zu "toter Hose" im Bett führen muss. Im Gegenteil, kann der emotionale Cocktail aus Restalkohol, Kopfschmerzen und Übelkeit geradezu aphrodisisch wirken. Romantik ist dabei kein Thema, sondern eher die Wirkung, den der Restalkohol auf den Organismus hat: Bei Frauen steigt der Testosteronspiegel . Dadurch hat Sonja trotz Katerstimmung Lust auf Sex mit ihrem Lebensgefährten Thomas. Und das ist noch nicht alles: Beim Geschlechtsverkehr werden schmerzstillende Botenstoffe freigesetzt, die unliebsame Nachwirkungen langer Partynächte abmildern können. Auch Übelkeit und Kopfschmerzen lassen nach. Sonja trinkt nun aber schon seit Jahren regelmäßig nach Dienstschluss, weil sie ohne die enthemmende Wirkung von Alkohol nicht in Stimmung kommt. Sie arbeitet die ganze Woche und sagt, wenn überhaupt, so nur theoretisch an soziale Kontakte zu denken. Und sich ohne Alkoholkonsum nicht locker und schon gar nicht sexy oder erotisch zu fühlen. Was tun?

Da sind wir wieder beim Dauerbrenner Selbstwertproblem: Fast jede Person ist heute davon betroffen - Tendenz steigend. Ihren Wert nicht nur nicht zu erkennen, sondern auch nicht zu wissen, woran sie ihn, wenn nicht an konstant immer noch wachsender Leistungsfähigkeit, festmachen sollte. Das ist verflixt und zugenäht! Stellen Sie sich bitte vor, dass Ihr Selbstwertgefühl nur von Ihrer Leistungsfähigkeit abhängt. Dann fühlen Sie sich ja schnell einmal minderwertig, wenn Sie Ihr gefühltes Soll an Leistung nicht erfüllen können. Daher ist hier ein Umdenken dringend erforderlich. Die Frage bleibt, wie das nun geht, eingefleischte Glaubenssätze zwar vielleicht nicht gleich auszuradieren, aber sie sich zunächst bewusst zu machen und dann deutlich abzumildern? Und schließlich den eigenen Wert unabhängig von Leistungen und Bewertungen zu sehen? Der Schlüssel liegt im Selbstwerttraining! Und darauf lässt sich Sonja jetzt ein. Der Ist-Zustand muss sich ändern: Jeden freien Abend ja schon feiern gehen zu müssen, um die Selbstwertbatterie aufzuladen, geschah fast zwanghaft, als Notwendigkeit, um vor sich selbst zu bestehen. Sonjas dahinter verborgener Glaubenssatz: "Wenn ich keinen Sex habe, bin ich keine ganze Frau mehr." Ein weiterer Glaubenssatz: "Wenn ich nicht feiern gehe, vereinsame ich." Bezogen auf Sex hatte Sonja folgenden Glaubenssatz formulieren können: "Besser betrunken oder verkatert als gar nicht."

Als meiner Klientin Sonja klar wird, dass ihr eigenes Denken sie zu einer chronischen Alkohol- und Sexkonsumentin gemacht hatte, um auf diese Weise ihren Selbstwert zu stabilisieren, erkennt sie den Teufelskreis der Wert-durch-Leistung-Falle oder hier vielmehr Wert-durch-Sex-Falle. Und wissen Sie, wie Sie aus einem toxischen Verhaltensmuster ausbrechen können? Indem Sie über Ihren Schatten springen und sich den Aufwand wert sind: Und in einer Psychotherapie Ihren Selbstwert vielleicht mühsam, aber doch von Leistungen und Bewertungen unabhängig machen. Und sich selbst bedingungslos anzunehmen, lässt sich trainieren. So bereiten Sie der Katerstimmung Ihrer Psyche ein Ende und entwickeln Ihr bestes, ja bestmögliches Ich.

Prof. Mag. Dr. Monika D. Wogrolly, Philosophin und Psychotherapeutin
Haben Sie noch Fragen? Schreiben Sie mir bitte: praxis@wogrollymonika.at