Verena Altenberger: "Sexismus hinnehmen? Ich glaube nicht"

Neben "Jedermann" Lars Eidinger behauptet sich Verena Altenberger furios als Salzburger Buhlschaft. Trotz aller Transgender- und Kurzhaar-Erregungen.

von Verena Altenberger © Bild: imago images/SKATA

Als der "Jedermann" am 17. Juli die Festspiele eröffnet, könnte sich die Aufmerksamkeit sinnvollerweise wieder der Kunst zuwenden. Eineinhalb Jahre hat die Pandemie das Kulturleben auf die Frage seiner puren Existenz zurückgeworfen. Jetzt ruft der Kanzler das nahe Ende aller Unzukömmlichkeiten aus. Und die Festspiele, die schon vor einem Jahr ein helles Licht in die Kulturwelt geworfen haben, nehmen vor dicht besetzten Reihen den Betrieb in allem Glanz wieder auf: Seit 1. Juli gibt es bundesweit nach 16 Monaten keine Zuschauerbeschränkungen mehr.

Speziell auf dem Domplatz bahnen sich wilde Zeiten an: Zwar bleibt Michael Sturmingers Behelfsinszenierung aus dem Jahr 2017 im Programm. Aber der auratische Großexzentriker Lars Eidinger hat den Titelprasser von Tobias Moretti übernommen.

Verena Altenberger
© imago images/Manfred Siebinger EINE BUHLSCHAFT UNSERER ZEIT. Verena Altenberger, Schauspielerin von Format

Buhlschaft mit kurzen Haaren

Worüber allerdings wirklich geredet werden wird, zeichnet sich dank kluger Marketingstrategien schon vor der Premiere ab. "Genderfluid", also im Grenzbereich zwischen Mann und Frau, werde die Kostümierung sein. Und bei der neuen Buhlschaft, der Salzburgerin Verena Altenberger, werde man sein Wunder erleben. In der Tat kreisen dann die gesellschaftspublizistischen Begehrlichkeiten einmal nicht um die Robe der Buhlin. Sondern um deren Frisur. Die nämlich ist kurz gehalten, was sogleich als feministischer Akt verstanden wird. Aber keiner ist: Verena Altenberger hat bis Probenbeginn gedreht. Sie hat eine Krebspatientin dargestellt und sich dafür den Kopf rasieren lassen. Ob sie der Haartracht auch im nächsten Jahr vertrauen werde, hänge von ihren Rollenangeboten beim Film ab, sagt sie jetzt: "Ich habe nicht vor, sie mir extra für die Buhlschaft zu rasieren. Das hätte ich heuer auch schon lächerlich gefunden."

Verena Altenberger
© imago images/Rudolf Gigler WILDE ZEITEN AUF DEM DOMPLATZ. Verena Altenberger und der auratische Großexzentriker Lars Eidinger befeuern Hofmannsthals betagte Mysterien-Devotionalie

Im Schmuddel-Feuilleton

Der Sommer habe sie künstlerisch erfüllt, kommt sie dann auf das Wesentliche. "Und ich hatte das Gefühl, mit meiner Arbeit sogar eine gesellschaftliche Debatte anzuregen -auch wenn das nicht mein permanenter Anspruch an meine Arbeit ist." In der Tat dominierte sie im August eine Zeit lang die deutschen Feuilletons: Ein Kritiker hatte sich ihrer Körpermaße angenommen und sie ihm daraufhin "Sexismus" vorgeworfen. "Man muss bei einer solchen Rolle mit sexistischen Kommentaren rechnen", bilanziert sie rückblickend. "Aber muss man sie stillschweigend hinnehmen? Ich glaube nicht!" Damit habe sich auch der Blick auf die Rolle verändert. "Ich habe gelernt, dass die Buhlschaft eine eigenständige Frau ist, die Jedermann nicht aus wirtschaftlichen oder sexuellen Gründen verbunden ist, sondern weil sie ihn liebt und ihm deshalb verbunden sein möchte. Ich bin stolz auf die Aufführung, die wir gemeinsam auf die Bühne gebracht haben. Und ich bin dankbar. Ich versuche, nächstes Jahr genau wie dieses Jahr mit größtmöglicher Offenheit anzugehen." Der Friseur wird dann hoffentlich wieder ein stiller Helfer im Garderobenbereich.