Alexander Van der Bellen, der gelassene Staatsmann

Aus der Ibiza-Krise ist in erster Linie ein Star hervorgegangen: Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Als gelassener Staatsmann hat er Österreich sicher durch diese turbulente Zeit sowie durch darauffolgende Krisen geführt. Dabei war der ehemalige Grüne eigentlich ein politischer Spätzünder. Bei der Bundespräsidentenwahl 2022 wurde er als Bundespräsident wiedergewählt. Heute wurde er zum zweiten Mal angelobt.

von Porträt - Alexander Van der Bellen, der gelassene Staatsmann © Bild: News Ricardo Herrgott

Steckbrief Alexander Van der Bellen

  • Name: Alexander Van der Bellen
  • Geboren am: 18. Jänner 1944 in Wien
  • Position: Bundespräsident der Republik Österreich seit 26. Jänner 2017
  • Ausbildung: Volksschule, Gymnasium und Universität in Innsbruck
  • Partei: parteilos, davor Grüne, davor SPÖ
  • Familienstand:in zweiter Ehe verheiratet mit Doris Schmidauer
  • Kinder: zwei Söhne (aus geschiedener Ehe)

Seit 2016 ist Alexander Van der Bellen das österreichische Staatsoberhaupt und der achte gewählte Bundespräsident Österreichs. In einer turbulenten Marathon-Wahl setzte er sich schlussendlich gegen seinen Konkurrenten Norbert Hofer durch. Doch das ist Geschichte. Seit Van der Bellens Amtsantritt im Jänner 2017 ist viel geschehen: Von der Ibiza-Affäre über den Ausbruch der Corona-Pandemie über den Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler bis zum Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Es gab durchaus weniger turbulente Zeiten als die erste Amtszeit von Alexander Van der Bellen.

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Alexander Van der Bellen als Bundespräsident

Doch es waren diese Krisen, die der väterlich anmutende Präsident stets gut meisterte und in denen er sich als moralische Autorität des Landes etablierte. Dabei legt Van der Bellen sein Amt gar nicht unähnlich jenem seines Vorgängers, Heinz Fischer an. Etwas weniger leutselig, dafür entspannter, wie etwa seine Spaziergänge vor seinem Amtssitz, der Hofburg, mit Hund Juli, zeigen. Auch hat Van der Bellen nicht den Drang, sich bei jeder Gelegenheit zu Wort zu melden, sondern nur, wenn es ihm wichtig erscheint. Die Anlässe dazu waren jedoch seit seinem Amtsantritt - siehe oben - außerordentlich viele.

Auch musste der ehemalige Grüne (Van der Bellen stellte mit seiner Kandidatur für die Präsidentschaft 2016 seine Parteimitgliedschaft ruhend), im Jahr 2017 eine Regierung aus ÖVP und FPÖ angeloben. Verhindern konnte er dies ohne mittlere Staatskrise nicht, aber mit der Ablehnung von Harald Vilimsky und Johann Gudenus setzte das Europa- und Umweltthemen stark zugewandte Staatsoberhaupt dennoch ein Zeichen.

Alexander Van der Bellen: Größte Enttäuschung

Die türkis-blaue Regierung hielt, wie bekannt, nicht lange, die Ibiza-Affäre zwang sie in die Knie. Nach den Neuwahlen lobte Alexander Van der Bellen dafür die erste Bundesregierung mit grüner Beteiligung in Österreich an. Etwas, das für ihn selbst wohl Erinnerungen an seine eigene größte Enttäuschung seiner parteipolitischen Karriere war: Nämlich dass es 2003 eben nicht zu einer Koalition aus ÖVP und Grünen kam. Van der Bellen verhandelte damals mit Wolfgang Schüssel, der sich letztlich aber mit den Freiheitlichen für den "billigeren" Partner entschied. Danach brauchte es einige Zeit, bis sich Alexander Van der Bellen wieder motiviert hatte.

Van der Bellen: Politische Anfänge

Doch von vorne: Alexander Van der Bellen, von seinen Freunden gerne "Sascha" genannt, war eigentlich ein politischer Spätzünder. Als Professor für Volkswirtschaftslehre lernte ihn das Grüne Urgestein Peter Pilz kennen und lockte das frühere SPÖ-Mitglied in seine Partei. Als Kandidat für den Rechnungshof-Präsidenten noch gescheitert, zog er wenig später 1994 als Abgeordneter in den Nationalrat ein.

Alexander Van der Bellen: Aufstieg zum Star der Grünen

Ein bisschen fremdelte die Basis mit dem Volkswirtschafter, der ideologisch in kein fixes Kästchen einzuordnen war, stets. Dennoch dauerte es nicht lange, bis der fachkundige Professor mit guter Rhetorik, stets verstehen mit einem Schuss Humor, zum Star der Grünen aufstieg und schließlich setzte man den den Sohn estnischer Einwanderer, der im Tiroler Kaunertal aufgewachsen war, 1997 an die Parteispitze; Van der Bellen wurde Bundessprecher und Klubobmann.

Launiger Redner mit gutem Image

Elf Jahre sollte er dort verweilen, für die Grünen eine bis zu Van der Bellen undenkbar lange Zeitspanne. Das Image des sehr guten, oft auch launigen Redners war über die Parteigrenzen hinweg und auch in der Bevölkerung ein gutes. Die Wahlergebnisse waren mal so, mal so, aber es gelang in seiner Ära, die Grünen zur stabilen staatstragenden Partei umzumodeln.

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Van der Bellens Abschied von der Grünen Parteispitze und beschädigtes Image

Nach besagter Niederlage im Jahr 2003, als sich Wolfgang Schüssel für die FPÖ statt der Grünen entschied, wirkte Van der Bellen deutlich weniger motiviert. Als die Wahl 2008 auch nicht so gut lief wie erhofft, übergab er an seine langjährige Kronprinzessin Eva Glawischnig. Er selbst blieb zunächst im Nationalrat, wurde von den Wienern mit Vorzugsstimmen in den Landtag gewählt und holte sich eine Image-Delle, als er das direkt vergebene Mandat erst nach über einem Jahr Schreckstarre annahm. Keinen allzu schlanken Fuß machte zudem, dass er sich dann auch noch den "Weißen-Elefanten-Posten" des Wiener Universitätsbeauftragten umschnallen ließ.

Politik-Rückkehr als Präsident

Doch die Wähler:innen bescherten Alexander Van der Bellen mit über 70 Jahren einen zweiten Frühling. Ins vom Frust über Rot-Schwarz entstandene Wähler-Vakuum stieß er 2016 mit seiner cleveren Präsidentschaftskandidatur, die ganz neue Seiten des Hundefreunds präsentierte. Van der Bellen zeigte sich einerseits als Heimat-Politiker, verblüffte andererseits mit einem wenig staatstragenden Scheibenwischer in einer TV-Konfrontation mit seinem Kontrahenten Norbert Hofer von der FPÖ, den er schließlich im dritten Anlauf einer epischen Wahlschlacht recht knapp bezwingen konnte und seit Jänner 2017 das Amt des Österreichischen Bundespräsidenten inne hat.

Zweite Amtszeit als Präsident für Van der Bellen

Am 22. Mai 2022 gab Alexander Van der Bellen bekannt, erneut für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren und wurde bei der Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober 2022 wiedergewählt. Seine Amtsführung werde er nicht groß ändern, beteuerte er. "Mein Hauptziel ist, verlässlich zu sein", so Van der Bellen noch am Wahlaben, an dem er sich erfreut zeigte. "Für mich ist das wirklich ein großartiger Abend, das können sie mir glauben", sagte er im ORF.

Zweite Angelobung

Am 26. Jänner 2023 wurde Alexander Van der Bellen für seine zweite Amtszeit angelobt. Einmal mehr stellte der Präsident die von ihm bekannten Themen Gemeinsamkeit und Zusammenarbeit in den Vordergrund, machte aber auch klar, dass aus seiner Sicht nicht alles so bleiben könne, wie es ist. "Wir werden unseren gewohnten Alltag verändern müssen. Denn sonst laufen wir Gefahr, unsere Zukunft abzuschaffen", sagte er.

Die Angelobung im Live-Blog:

Alexander Van der Bellen privat

Privat ist Alexander Van der Bellen in zweiter Ehe mit der früheren Grünen-Mitarbeiterin Doris Schmidauer verheiratet. Das erste Mal heiratete er bereits mit 18 Jahren. Die Ehe mit Brigitte Van der Bellen hielt über fünf Jahrzehnte und wurde 2018 einvernehmlich geschieden. Das Ex-Paar hat zwei Söhne, Nicolai und Florian.