Urteile im italienischen Fußball-Skandal: Zwangsabstieg für Juve, Lazio und Florenz

Milan verliert CL-Platz, bleibt aber in der Serie A<br>Juventus startet in Serie B mit 30 Minuspunkten PLUS: Alle Infos zum großen Manipulations-Skandal

Nach dem WM-Triumph folgte nun der Albtraum für den italienischen Fußball. Juventus Turin, Lazio Rom und AC Fiorentina müssen wegen der Verwicklung in den Manipulationsskandal in die Serie B absteigen. Der mit angeklagte Spitzenklub AC Milan bleibt zwar in der Serie A, muss aber in diesem Jahr auf Grund des Abzuges von 44 Punkten auf die Teilnahme an der Champions League verzichten. Dies gaben die Richter im Sportverfahren des nationalen Fußballverbandes (FIGC) nach wochenlangen Verhandlungen in Rom bekannt.

Außerdem werden Juventus die beiden jüngsten Meistertitel 2005 und 2006 aberkannt, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa weiter. Eine Berufungsverhandlung ist Ende kommender Woche möglich. Bis zum 25. Juli muss Italien endgültig seine Teilnehmer für die europäischen Wettbewerbe nominieren: Zum Nutznießer der Lage könnte daher Inter Mailand werden.

Bei Juventus stehen die Weltmeister Gianluigi Buffon, Gianluca Zambrotta, Fabio Cannavaro, Mauro Camoranesi und Alessandro Del Piero unter Vertrag. Der Zwangsabstieg bedeutet auch finanziell einen schweren Schlag, Fernsehsender halten bereits geplante Zahlungen für die Übertragungsrechte der Liga-Spiele zurück. Es heißt, andere europäische Spitzenvereine wie Real Madrid würden schon ihre Hände nach "Juve"-Stars ausstrecken.

Zudem gibt es harte Strafpunkte: Dem Urteil zufolge erhält "Juve" in der kommenden Saison in der Serie B 30 Minuspunkte. Für Fiorentina gibt es zwölf, für Lazio sieben Strafpunkte. Milan wird in der vergangenen und in der nächsten Saison mit Punktabzug bestraft, so dass der zweite Tabellenplatz für die Champions League verloren geht.

Harte Strafen auch für den früheren Juventus-Manager Luciano Moggi, der als Drahtzieher der Liga-Manipulationen gilt: Er erhält fünf Jahre Berufsverbot im Verband. Liga-Präsident Franco Carraro wird mit viereinhalb Jahren Berufsverbot betraft, die gleiche Strafe erhält unter anderem Schiedsrichter Massino De Santis. Insgesamt waren 26 Funktionäre angeklagt, jedoch keine Spieler.

Mildere Urteile als verlangt
Allerdings fällt das Urteil in erster Instanz milder aus als die Forderungen der Anklage: Diese hatte für den Rekordmeister Juventus den Abstieg in die dritte Liga (Serie C) oder in eine noch tiefere Liga gefordert. Neben Lazio und Fiorentina sollte auch der AC Milan in die zweite Liga geschickt werden, hatte Chef-Ankläger Stefano Palazzi gefordert. Die Anwälte des Rekordmeisters hatten in dem Prozess selbst einen Abstieg in die zweite Liga ins Spiel gebracht.

Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge soll Moggi Kopf einer Mafia-ähnlichen Vereinigung gewesen sein. Zu seinen engsten Komplizen gehörte demnach Schiedsrichter De Santis. Es heißt, "Big Luciano" habe befohlen, welche Schiedsrichter die Juve-Partien pfeifen sollten. Durch gezielte Verteilung von Gelben Karten sollten die Referees Juve-Gegner schwächen.

Seit dem WM-Sieg hatten zahlreiche Stimmen aus Sport und Politik Milde und Nachsicht gefordert: Der italienische Fußball dürfe jetzt nicht bestraft und geschwächt werden. Vor allem die wirtschaftlichen Folgen eines Zwangsabstiegs seien unabsehbar, hieß es. Allerdings sprach sich Ministerpräsident Romano Prodi noch kurz vor dem Urteil gegen eine Amnestie aus.

Berlusconi: "Ich bin außer mir"
Der AC-Milan-Präsident und Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi hatte sich immer wieder gegen eine Bestrafung seines Vereins zur Wehr gesetzt: "Ich bin außer mir. Wir haben niemals Vorteile genossen. Im Gegenteil: Wir sind zum Opfer geworden." Auch Moggi sagte zuletzt, er trage keine Schuld. Es habe kein Mafia-ähnliches Betrugssystem gegeben.

Dem AC Milan wird nachträglich der Meistertitel 2005 (damals Zweiter hinter Juve) zugesprochen, Meister 2006 ist der aktuelle Cupsieger Inter Mailand, der die vergangene Saison als Dritter hinter Juventus und Milan abgeschlossen hatte.

Nach derzeitigem Stand würden Inter Mailand, AS Roma, Chievo Verona und Palermo für Italien in der Champions League 2006/2007 starten.

Sperren gegen Referees De Santis und Dondarini
Schiedsrichter Massimo De Santis, der von der WM in Deutschland ausgeschlossen worden war, wurde mit einer viereinhalbjährigen Sperre belegt, sein Kollege Paolo Dondarini bekam dreieinhalb Jahre aufgebrummt.

(apa/red)