Ursachen für das Komatrinken: Leistungs-
Gesellschaft treibt Jugendliche in 'Desaster'

Musalek: Bewusstlosigkeit nicht einzige Gefahr

Rauschzustand und Bewusstlosigkeit seien nicht die einzigen Gefahren, die durch Alkoholexzesse drohen. In hoher Dosis verursachen und fördern promillehaltige Getränke Depressionen, erklärte Musalek. Regelmäßiger Alkoholkonsum führe außerdem zu Gastritis-Erkrankungen, Magen-Darm-Problemen, Konzentrationsschwächen und Lernstörungen.

Die Tatsache, dass Jugendliche Alkohol - auch in größeren Mengen - trinken, sei jedoch nicht neu, betonte Musalek. Geändert hätten sich jedoch die Trinkgewohnheiten. Wäre ein Rausch früher einfach ab und zu passiert, sei er heute das Ziel. Auch das Einstiegsalter ist gesunken: Viele Elfjährige würden heute schon zu alkoholischen Getränken greifen, meinte er. Auch Mädchen trinken mehr als früher. Im Vergleich zu den Männern befinden sich unter den 15-Jährigen doppelt so viele weiblichen Betroffene wie bei den über 40-Jährigen. Insgesamt hätten bereits 90 Prozent der 16-Jährigen in Österreich Erfahrungen mit Alkohol gemacht.

Neben Depressionen und Organschäden führe der regelmäßige Genuss von Alkohol zu einer Abstumpfung der Sinne und Passivität, so Musalek. Man werde nur mehr durchs Leben "getrieben", statt es selbst in die Hand zu nehmen. Gefühlsempfindungen - riechen, hören, schmecken und fühlen - könnten nicht mehr so intensiv wahrgenommen werden. Die Folge davon seien wiederum Depressionen und Interaktionsstörungen. Entgegenwirken will das API diesen Symptomen mit einem Sinnesparcours, der beim Sommerfest der Einrichtung besucht werden kann.

Bis Alkohol-Abhängigkeit entsteht, dauere es Monate bzw. Jahre, erklärte Musalek. Jugendliche seien daher selten betroffen, das Alter Alkoholkranker gehe allerdings immer weiter nach unten. Betroffen seien bereits 20-Jährige. Besonders gefährdet seien Jugendliche, die nicht aus Jux trinken, sondern um Ängste oder Depressionen zu unterdrücken. Diese Gruppe habe ein sehr hohes Risiko, später abhängig zu werden.

Alkohol sei ein fester Kultur-Bestandteil und nicht einfach so wegzudenken, betonte Musalek. Daher stelle sich die Frage nach einem kompetenteren Umgang. Die von der Regierung angekündigten Maßnahmen seien "primär zu begrüßen", so der API-Leiter. "Nur Verbote zu machen wird allerdings nichts bringen." Trinkaktivitäten würden sich dadurch einfach verlagen, Jugendliche würden zu Hause "vorglühen" oder in Hinterhöfen trinken.

Viel wichtiger sei es, dass Erwachsene und Jugendliche ein Problem- und Risikobewusstsein entwickeln, sagte der Experte. Dazu müsse das Image "Alkohol trinken ist in" verändert werden. Die Auswirkungen von Alkoholkonsum dürften darüber hinaus weder bagatellisiert noch durch Strafen und Vorwürfe dramatisiert werden. Es sei klar, dass Jugendliche seit jeher Grenzen überschreiten, um diese kennen zu lernen. Eine wichtige Rolle würden hier unter anderm Eltern einnehmen, die als Bezugspersonen Probleme zuerst wahrnehmen sollten.

(apa/red)