Hochwasser in Tirol:
Lage bleibt angespannt

Wassermengen aus der Schweiz erst im Anrollen - Pegelstand des Inn erreichte Wert eines 30-jährlichen Hochwassers

Schneeschmelze und lokale Gewitter bewirken, dass die Hochwassersituation in Teilen Tirols weiterhin angespannt bleibt. Mittwochvormittag betrug der Pegelstand des Inn laut Hydrographischem Dienst des Landes in Innsbruck 6,28 Meter, zu Mittag lag er bei 6,26 Meter. Damit erreichte er den Wert eines 30-jährlichen Hochwassers, die Marke für ein 100-jährliches Hochwasser liegt bei 6,50 Meter.

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Unwetter - Hochwasser in Tirol:
Lage bleibt angespannt

Der Inn führt derzeit nicht nur außergewöhnlich viel Wasser, sondern auch große Mengen an Treibholz. Deswegen wurden bisher bereits einige Brücken gesperrt, etwa Fußgängerbrücken in der Landeshauptstadt oder die Steinbrücke in Schwaz. Die Feuerwehren waren in Innsbruck in Alarmbereitschaft und setzten schon präventive Maßnahmen für die Altstadt. "Die Entwicklung ist schwer voraussehbar. Derzeit gehen wir nicht davon aus, dass der Inn auch tatsächlich übergeht", meinte Elmar Rizzoli, Leiter des städtischen Amts für Allgemeine Sicherheit.

Ursache ungewöhnlich

Für Klaus Niedertscheider, Leiter des Sachgebiets Hydrographie und Hydrologie des Landes Tirol, ist die Ursache des Hochwassers ungewöhnlich. "Diese besondere Situation am Inn rührt daher, dass das Hochwasser eigentlich aus der Schneeschmelze hervorgegangen ist", sagte Niedertscheider. Dass dieses Schmelzwasser den Inn auf den Pegel eines 30-jährlichen Hochwassers oder sogar mehr anschwellen lässt, sei etwas "sehr seltenes und haben wir in den Beobachtungen noch nie festgestellt".

Ähnliche Situation wie 2008

Eine ähnliche Situation gab es laut dem Experten im Jahr 2008, wobei es hier nur eine Wasserführung über dem fünfjährlichen Hochwasser gegeben hätte. Die Lage bleibe jedenfalls angespannt, "weil aus der Schweiz noch Wasser kommen wird und die Ötztaler Ache noch am steigen ist. Diese Wassermengen kommen erst nach Innsbruck und dann weiter ins Unterland", prognostizierte der Hydrologe.

Überflutungen

Die beträchtlichen Wassermengen hatten im Tiroler Unterland bereits am späten Dienstagnachmittag zu Problemen geführt. Ganze Felder standen unter Wasser. In einem Ortsteil der Gemeinde Münster etwa wurde ein Acker neben der Bahnstrecke überflutet. Lokale Überflutungen gab es auch in Kramsach, Rattenberg und Reith im Alpbachtal.

Aufruf zur Vorsicht und Warnung an Schaulustige

Im Tiroler Unterland würde man derzeit im Bereich eines zehn- und zwanzigjährlichen Hochwassers liegen. Landeshauptmannstellvertreter und Sicherheitsreferent Josef Geisler (ÖVP) rief die Bevölkerung zur Vorsicht auf und warnte Schaulustige. "Die Ufer sind aufgeweicht und es kann durchaus dazu führen, dass ein Ufer abbricht und man in den Fluss stürzen kann." Die Situation bezeichnete er als "kritisch".

Das jüngste große Hochwasser, das auch die Landeshauptstadt Innsbruck betraf, hatte sich im Jahr 2005 ereignet. Damals trat der Inn über das Ufer - unter anderem wurde die Bibliothek der Universität teilweise überschwemmt. Insgesamt war landesweit ein Schaden von 350 Millionen Euro entstanden. Zudem war ein Todesopfer zu beklagen.

Auch Krankenhaus im Krisenmodus

Angesichts der prekären Hochwasserlage bereitet sich auch die Innsbrucker Klinik auf einen möglichen Ernstfall vor. Ein "technischer Einsatzstab" wurde hochgefahren, ebenso ein Krisenstab in "minimaler Besetzung", hieß es in einer Aussendung. Das Areal der Klinik verfüge bereits seit einigen Jahren über einen sehr effektiven baulichen Hochwasserschutz, wurde betont.

Dieser könne innerhalb kürzester Zeit aktiviert werden. Ein verbleibendes Risiko sei jedoch Wasser, das von unten in die Gebäude hereingedrückt wird. Beobachtungsteams würden engmaschig gefährdete Bereich wie etwa Garagen, unterirdische Gänge und das Fernheizwerk kontrollieren. Mitarbeiter, vor allem aus den technischen Bereichen, würden zudem bis nach Dienstschluss vorerst am Areal bleiben.

Indes hat die Hochwasserlage lokal auch Auswirkungen auf den Bahnverkehr. Zwischen Innsbruck Westbahnhof und Innsbruck Hötting blieb die Strecke wegen der aktuellen Witterungssituation bzw. des Pegelstandes des Inn weiter unterbrochen. Die nächste Lagebeurteilung erfolge Donnerstagfrüh, hieß es. Ein Schienenersatzverkehr wurde eingerichtet.

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