Haben Sie Angst
vor dem Wetter?

Menschen fürchten eher Unwetter-Ereignisse, die in ihrer Umgebung kaum vorkommen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie.

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Unwetter - Haben Sie Angst
vor dem Wetter?

Die Ängste der Menschen vor Wetterextremen sind oft irrational. Sie fürchten häufig Ereignisse, die in ihrer Region kaum tödliche Gefahr bergen. Dafür werden deutlich gefährlichere Wetterphänomene unterschätzt. Das zeigt eine Studie, an der Wissenschafter in acht Ländern unter Salzburger Federführung teilgenommen haben. Besonders weit klaffen Realität und Ängste in Europa auseinander.

Die Angst vor Unwetter ist unterschiedlich

Unter Koordination des an der Universität Salzburg tätigen Umweltpsychologen und Meteorologen Alexander Keul haben Wissenschafter in Ballungszentren von acht Ländern (Deutschland, Polen, Israel, USA, Brasilien, Indien, Malaysia, Australien) Menschen zu ihrem Umgang mit extremen Wettersituationen befragt. Laut Keul handelt es sich um die erste derartige Erhebung weltweit.

Global betrachtet ist die Angst vor Unwettern sehr unterschiedlich: In Deutschland fürchtet sich nicht einmal jeder 20. davor, in Australien ungefähr jeder Zehnte, in den USA jeder Fünfte und in Malaysia mehr als die Hälfte der Befragten.

Das tatsächliche Risiko wird teilweise durchaus realistisch eingeschätzt, beispielsweise die Gefahr von Tornados in den USA. Andererseits sind die Ängste oft völlig irrational: So herrscht etwa in Süddeutschland (untersucht wurde der Raum Rosenheim) ausgerechnet vor Tornados die größte Furcht, die in diesen Breiten zwar nicht ausgeschlossen, aber doch ausgesprochen selten auftreten. In Deutschland bergen vor allem Extrem-Temperaturen tödliches Risiko.

Angst vor Kälte und Hochwasser

Auch in Polen sind Hitze und vor allem Kälte sowie Hochwasser die größten Gefahren, die größte Angst herrscht dort jedoch vor Stürmen, gefolgt von Hochwasser und Tornados. "Das heißt, die relativ zu den USA seltenen Tornados sind stärker im öffentlichen Bewusstsein als häufigere Gefahren wie Extremtemperaturen, etwa die Winterkälte in Polen", resümierte Keul im Gespräch mit der APA.

Mangelhaft ist aber auch die Information: Lokale Wettervorhersagen kommen in unseren Breiten überhaupt nur bei jedem dritten Bewohner an, während dies in den USA bei 85 Prozent der befragten Menschen der Fall ist. "Wenn lokale Wetterinformationen nicht beim Rezipienten ankommen, kann das ins Auge gehen", so Keul. Hier seien sowohl die Wetterdienste als auch die Medien gefordert, um diese Informationslücke zu verkleinern. Allerdings wünschte von den befragten Deutschen gerade einmal jeder Elfte auch Sicherheitstipps im Wetterbericht, während dies in Indien bei drei Viertel der Interviewten der Fall ist.

Da Menschen persönlich nur selten von Wetterkatastrophen betroffen sind, sei auch die Lernerfahrung durch Schäden nach dem Motto "Aus Schaden wird man klug" nur gering, sagte der Wissenschafter. "Daher haben Internet und Fernsehinformation bei Unwettergefahren eine hohe Bedeutung. Dabei ist entscheidend, wie dem Publikum Wetterrisiken und sinnvolle Vorsorge präsentiert werden. Massenmedien sollten statt Horrormeldungen gezielte Information verbreiten und damit Wetterwissen, Kompetenz und konkrete Vorsorge fördern. Und optimale Wetterinformation sollte alle erreichen, auch die schwächsten Bevölkerungsgruppen", lautet sein Rat.

Bei der Studie wurden nur Menschen in Ballungsräumen befragt, in denen die Bewohner bei Bildungsgrad und Versorgung mit Fernsehen und Internet vergleichbar sind. Deshalb sei nun die Studie auf Erhebungen auf dem Land ausgedehnt worden, so Keul.

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