Der Preis der Psychologie

von Dr. Maria In der Maur-Koenne © Bild: NEWS

Mein Sohn hat gerade maturiert und will nun ein Psychologiestudium in Deutschland beginnen. Mein Mann und ich sind dagegen. Ein Studium in Wien wäre ja viel günstiger. Für den Aufnahmetest in Österreich hat er sich erst gar nicht angemeldet. In Berlin wurde er aber anscheinend bereits aufgenommen. Müssen wir wirklich sein Studium im Ausland finanzieren?
Wolfgang P., Wien

Lieber Herr P.,
Kinder haben bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern. Selbsterhaltungsfähigkeit tritt unabhängig vom Kindesalter dann ein, wenn das Kind finanziell für sich selbst in einem eigenen Haushalt sorgen kann. Das ist zumeist erst nach Abschluss einer Berufsausbildung und einer ersten Erwerbstätigkeit gegeben. Nach erfolgreichem Ablegen der Matura bleibt der Unterhaltsanspruch daher aufrecht, solange das Kind zielstrebig eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Studium, betreibt.

Würde Ihr Sohn nun jahrelang keine Ausbildung machen, weil er sich etwa schlicht nicht für ein bestimmtes Studium entscheiden kann, verliert er seinen Unterhaltsanspruch. Allerdings gewährt die Rechtsprechung regelmäßig eine Überlegungsfrist von einem Jahr und beendet die Unterhaltspflicht erst danach. Wenn Ihr Sohn sein Studium später doch zielstrebig aufnimmt, kann der Unterhaltsanspruch wieder aufleben. Dies ist unabhängig davon, ob Ihr Sohn sein Studium im Ausland oder in Österreich aufnimmt.

Während der Ausbildung hat Ihr Sohn Anspruch auf Unterhalt in der Höhe von 22 Prozent des monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommens der Eltern abzüglich gewisser Prozentsätze für andere Unterhaltsberechtigte, etwa Geschwister oder einen Elternteil.

Mehraufwendungen für ein Auslandsstudium können einen zusätzlichen Sonderbedarf des Kindes begründen. Dies allerdings nur dann, wenn eine besondere Begabung oder Neigung für das ausgewählte Studium gegeben ist und eine gleichwertige, billigere Ausbildungsmöglichkeit an einer Universität im Inland nicht zur Verfügung steht. Da in Österreich grundsätzlich die Möglichkeit besteht, ein Psychologiestudium zu absolvieren, wären andere Argumente für ein Psychologiestudium in Deutschland notwendig. So könnte es ein Argument darstellen, dass Ihr Sohn den Aufnahmetest für das Psychologiestudium in Österreich nicht bestanden hat, in Deutschland aber sofort mit seinem Psychologiestudium beginnen könnte. Wenn eine gleichwertige Ausbildungsmöglichkeit in Österreich nicht besteht, sind Sie verpflichtet, auch Mehraufwendungen durch ein Studium Ihres Sohnes im Ausland abzudecken.

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