Jedes fünfte Kind übergewichtig

Experten schlagen Alarm - Gründe für und Auswege aus dem Fettleibigkeits-Dilemma

Experten schlagen Alarm. Einer aktuellen Studie zufolge ist bereits jedes fünfte Kind in Österreich übergewichtig. Wie kommt das? Und noch wichtiger: Was bedeutet das für die Heranwachsenden und wie kann man diesem besorgniserregenden Trend Einhalt gebieten? News.at fragte nach.

von Leben - Jedes fünfte Kind übergewichtig © Bild: © Corbis. All Rights Reserved.

Jedes fünfte Kind in Österreich ist übergewichtig oder adipös. Im Raum Salzburg ist sogar jedes vierte Kind betroffen, wie eine aktuelle Studie der Gesundheitsinitiative SALTO ("Salzburg together against obesity") mit knapp 200 Kindergartenkindern zeigte. Dabei stellte sich heraus, dass viele Kinder bestimmte motorische Fähigkeiten nicht mehr ihrem Alter entsprechend beherrschen würden. Dies wiederum sei aber eine wichtige Voraussetzung für ein gesundes Körpergewicht.

"Auf süß programmiert"

Als Hauptschuldigen in Sachen zunehmendes Übergewicht bei Kindern sieht Elisabeth Jäger, Präsidentin der Adipositas Selbsthilfegruppe Österreich, die Lebensmittelindustrie: "Sie programmiert die Konsumenten vom Säuglingsalter an auf süß, süß und noch süßer." Der Expertin zufolge sind die meisten Kinderprodukte hoch überzuckert. Ein 25 Gramm schwerer Kindermüsliriegel für Einjährige etwa könne bis zu elf Gramm Zucker enthalten. So kommt den Kindern der natürliche Geschmack abhanden. "Dann geht's weiter mit diversen überzuckerten Säften. Den Müttern wird eingeredet, dass die Produkte gesund fürs Kind seien." Der Trick dabei sei, dass der beinhaltete Zucker in seine verschiedenen Arten aufgegliedert angeführt wird. Die einzelnen Werte sind logischerweise geringer als der Gesamtwert. Auf den ersten Blick scheint das Produkt also gar nicht so viel Zucker zu enthalten.

Zu wenig Bewegung

Ein anderer Grund für das steigende Übergewicht ist laut Jäger der Bewegungsmangel. "Kinder machen heute viel weniger Bewegung als früher", so die Expertin. Das läge einerseits daran, dass "die Kinder heute viel vor dem Computer sitzen - weil es einfach dazugehört". Hinzu käme ein Mangel angemessener Bewegungsräume für Kinder. Und mit erhobenem Zeigefinger verweist Jäger auch auf die Streichung von Turnstunden in der Schule. Sind mehrere Familienmitglieder vom Übergewicht betroffen, wird dieses oft auch als genetisch veranlagt akzeptiert. Bemühungen, dem Übergewicht entgegenzuwirken, werden damit von vornherein als wenig erfolgversprechend eingestuft und damit unterlassen.

Belastung auf allen Ebenen

"Softdrinks sind mit schuld, dass Kinder heute mit zwölf Jahren eine Leber wie ein Alkoholiker haben", mahnt Jäger mit Verweis auf die Entstehung der Fettleber. Und die gesundheitlichen Folgen reichen noch viel weiter: "Sehr viele Kinder haben schon in frühen Jahren Altersdiabetes, also Diabetes Typ II, und Bluthochdruck. Mit anderen Worten: Sie leiden bereits unter dem metabolischen Syndrom." Abgesehen davon stellt Übergewicht für die betroffenen Kinder eine enorme psychische Belastung dar. Sie werden ausgelacht, ausgegrenzt und stigmatisiert. "Und was ist der beste Seelentröster? Richtig: Essen", so Jäger. Der Teufelskreis der ungesunden Ernährung schließt sich hier also.

Wie kann man vorbeugen?

Der Grundstein für das Übergewicht im Kindesalter wird, so Jäger, oft schon vor der Geburt des Kindes gelegt: "Embryos, die in süßem Fruchtwasser schwimmen, trinken vier Mal so viel Fruchtwasser wie solche, die in normalem schwimmen. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Geschmacksprägung des Kindes." Das Risiko steigt, dass der Säugling die Muttermilch verweigert - sie schmeckt nicht süß genug. Folglich greift die Mutter auf Muttermilchersatzprodukte zurück, die allerdings immer wieder wegen der enthaltenen Fettschadstoffe unter Kritik geraten. Sinnvoll wäre es daher, ein entsprechendes Gesundheitsbewusstsein bereits bei der werdenden Mutter zu schaffen.

Im Kindergartenalter ansetzen

Außerdem müsse man "im Kindergarten anfangen, die Kinder aufzuklären. Denn bei den Eltern ist es leider oft schon zu spät", so Jäger. Was die Kleinen im Kindergarten lernen, würden sie auch zuhause umsetzen. Wichtig dabei sei, ihnen praktische Anleitungen an die Hand zu geben, wie etwa ein einfaches Rezept für Limonade zum Selbermixen, veranschaulicht Jäger. Kritik übt die Präsidentin der Adipositas Selbsthilfegruppe Österreich auch am politischen und wirtschaftlichen System: "Die Werbung für Lebensmittel sollte abgeschafft werden - essen müssen wir sowieso. Dann muss sie Eltern und Kinder auch nicht mehr anlügen. Außerdem hat die Lebensmittelindustrie die Politiker fest im Griff. Hier muss ein Umdenken beginnen." Und bis das geschieht, heißt es, die Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen.

Tipps von Seiten der Medizin

Weiterführender Link:
MedizinMediathek: www.vielgesundheit.at

Kommentare

In der Viehzucht längst bekannt und oftmalige Praxis. Antibiotika hilft nicht nur gegen Infektionen sondern damit nehmen die Tiere viel rascher zu.
Je öfters und je mehr bereits Kleinkinder Antibiotika bekommen um so größere Probleme haben sie später mit ihrem Körpergewicht. Man redet ihnen eine falsche Ernährung ein und verkauft "Lightprodukte" - und verdient nochmal.

da will man noch ttip einführen?

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