SPÖ-Fraktionsbericht attestiert Türkis-Blau Käuflichkeit

Die SPÖ attestiert in ihrem Fraktionsbericht zum Ibiza-Untersuchungsausschuss der türkis-blauen Bundesregierung "Käuflichkeit" attestiert.

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Ibiza-U-Ausschuss - SPÖ-Fraktionsbericht attestiert Türkis-Blau Käuflichkeit

Die Frage "War die Politik käuflich?" müsse laut dem roten Fraktionsführer Jan Krainer eindeutig mit "Ja" beantwortet werden: "Ja, die türkis-blaue Bundesregierung war käuflich, ja die Politik war käuflich", wie er bei der Präsentation betonte.

"Ibiza - Gekaufte Politik"

Daher trägt der über 50 Seiten umfassende rote Schlussbericht auch den Titel "Ibiza - Gekaufte Politik". Diesen Befund teile schließlich auch Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl in seinem Endbericht, argumentierte Krainer. Beispielsweise im Zusammenhang mit einer Spende der Uniqua-Tochter PremiQuamed, um eine Aufstockung des Privatkrankenanstaltenfonds (Prikraf) zu erhalten. Dies habe die Regierung dann auch geliefert, indem sie den Fonds ohne sachliche Begründung aufgestockt hat.

Sei der Fokus nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos am Anfang noch auf den Freiheitlichen gelegen, habe sich durch die Aktenlieferungen ein "vollkommen anderes Bild" ergeben. Die Akten hätten gezeigt, dass es anfänglich keine wahrnehmbare Kommunikation der FPÖ mit dem Glücksspielkonzern Novomatic gegeben habe. Gänzlich anders stellte sich die Lage laut Krainer bei der ÖVP dar: Wesentliche Vertreter wie der damalige Kanzleramtsminister Gernot Blümel oder der Kabinettschef im Finanzministerium und spätere ÖBAG-Chef Thomas Schmid waren "mit der Novomatic auf Du und Du". So wurde dann auch "hinter dem Rücken der FPÖ" eine Glücksspielnovelle vorbereitet. Die FPÖ sei erst mit der Bestellung von Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria ins Spiel gekommen.

Das "System Kurz"

Daher habe man sich im Verlauf des U-Ausschusses dann näher mit dem "System Kurz" beschäftigt, das sich unter anderem durch Kontrolle, Macht und Machtmissbrauch, Abgehobenheit und vermeintliche Unantastbarkeit charakterisieren lässt, so Krainer. Das Umfeld Kurz' habe versucht, in den Ministerien Kontrolle auszuüben, indem dort loyale Mitarbeiter ("Du bist Familie") platziert wurden. Die "türkise Familie" habe ein informelles Netzwerk an den rechtsstaatlichen Instanzenwegen vorbei gegründet. Auf diese Weise habe man das Innenministerium, das Justizministerium, das Finanzministerium und das Bundeskanzleramt durchsetzt, lediglich bei OeNB und Finanzmarktaufsicht sei der Versuch gescheitert, so Krainer.

Auch das Spendenlukrieren im "amerikanischen Stil" sei Teil des Systems gewesen, betonte Krainer. Großspender hätten gestückelt gespendet, um die Zuwendeungen möglichst lange zu verschleiern. Aus ihnen wurde dann das "Biotop der Qualifizierten", wie es Ex-ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nannte. Und wenn Aufsichtsratsposten oder Mitarbeiter gesucht wurden, habe man sie dort gefunden. Freilich seien die Interessen der Großspender auch bei Gesetzesbeschlüssen nicht vergessen worden.

Konsequenzen nach U-Ausschuss

Insgesamt sei es einer der erfolgreichsten Ausschüsse überhaupt gewesen, findet der SPÖ-Fraktionsführer und verwies auf "diverse Rücktritte und Suspendierungen". Auch im Justizministerium habe es erste Konsequenzen gegeben, sowie aufseiten der ÖBAG. "Ich glaube, dass auch die Justiz noch sehr lange an den Akten arbeiten wird."

Dennoch sei man "nicht fertig" geworden. Tausende Akten seien erst kurz vor Ende der Befragungen geliefert, zehntausende seien von der Staatsanwaltschaft noch nicht ausgewertet worden, meinte Krainer, der aber erst im September darüber nachdenken möchte, welchen Themen sich ein weiterer U-Ausschuss widmen könnte ("Die Regierung bietet ja viele Möglichkeiten").

Auch Krainer sprach sich für die Möglichkeit von Live-Befragungen aus, denn dann könnte sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild machen. Auch könnte lohnen, die Verfahrensordnung zu adaptieren, denn das Regelwerk war nicht auf einen Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) vorbereitet.

ÖVP: "Außer Spesen nichts gewesen"

Die ÖVP bleibt dabei, dass der Ibiza-Untersuchungsausschuss außer Unterstellungen, falschen Vorwürfen und Skandalisierungen gegenüber ÖVP-Regierungsmitgliedern nichts gebracht habe. Diese Einschätzung decke sich bis auf kleine Differenzen mit jener des Verfahrensrichters, erklärte ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger in einer Pressekonferenz. Angesprochen auf die Klage der "Tagespresse" erklärte er: "Ich bin kein Satireprojekt."

Ihren Fraktionsbericht legte die ÖVP der Öffentlichkeit noch nicht vor. Dieser solle zuerst im Untersuchungsausschuss behandelt werden. Klar ist für Hanger aber, dass es sich in Wahrheit um einen "Unterstellungsausschuss" gehandelt habe. Er beklagte eine "dramatische Verrohung der politischen Kultur in Österreich", man müsse zu einem vernünftigen politischen Umgangston zurückkehren.

Kritik an Krainer und Krisper

Kritik übte er vor allem an Kai Jan Krainer (SPÖ) und Stephanie Krisper (NEOS). Diese hätten den U-Ausschuss für das Ausleben ihrer "persönlichen Profilierungsneurosen" missbraucht. So hätte es wochenlange Skandalisierungen gegen Nationalratspräsident und Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) gegeben. Tatsächlich seien aber mittlerweile alle Strafanzeigen eingestellt worden, die beiden müssten sich eigentlich entschuldigen, so Hanger.

Tiefpunkt des Ausschusses sei der Rücktritt von Verfahrensrichterin Ilse Huber gewesen, ausgelöst durch den "Oasch"-Sager Krispers. Dass sämtliche Ermittlungsakten schneller in den Medien als im Parlament gelandet seien, kritisierte er ebenso.

Die Lehrern für Hanger: Die derzeitige Verfassungsordnung führe dazu, dass es massive Eingriffe in Grunderechte gebe, dies müsse reformiert werden. Auch sei nicht festgelegt, wie sich die "abstrakte Relevanz" von Unterlagen für das Untersuchungsthema definiere, was dazu geführt habe, dass riesige Mengen an Chatprotokollen "im Zweifel" vorgelegt wurden. Für die Zukunft wünscht er sich eine klare Definition des Untersuchungsgegenstand und ein klares Prozedere bei der Aktenlieferung. Für Live-Übertragungen zumindest bei prominenten Auskunftspersonen zeigte er sich - im Zuge einer Gesamtreform der Verfahrensordnung - einmal mehr offen.

Hanger ist "kein Satireprojekt"

Über die "Tagespresse"-Klage, die ihm vorwirft, mit dieser in sittenwidrigem Wettbewerb zu sein, weil er in Wirklichkeit ein Satiriker sei, zeigte sich Hanger amüsiert. Er halte dies für einen sehr guten Marketinggag und einen "humorvollen Beitrag in der politischen Debatte". Er sehe dem Verfahren gelassen entgegen und habe noch nicht entschieden, wie er damit umgehen werde. "Zu Ihrer konkreten Frage: Ich bin kein Satireprojekt, ich halte mich an Fakten", betonte er.