Ibiza-U-Ausschuss: Sidlo verteidigt eigene Qualifikation

"Ich habe mir weder moralisch noch strafrechtlich etwas vorzuwerfen"

Peter Sidlo, der Stein des Anstoßes in der Causa Casinos Austria, ist heute Hauptfigur im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Sidlo selbst Sidlo hat am Anfang seiner Befragung seine Qualifikation für den Posten verteidigt. Den Vorwurf des politischen Postenschachers wies der FPÖ-Bezirkspolitiker erwartungsgemäß zurück. Auch Sidlo kündigte an, sich in mehreren Punkten entschlagen zu müssen, da ein Verfahren gegen ihn anhängig sei.

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Im Zeugenstand - Ibiza-U-Ausschuss: Sidlo verteidigt eigene Qualifikation

Der FPÖ-Bezirksrat aus Wien-Alsergrund stieg unter der türkis-blauen Regierung zum Finanzvorstand der Casinos Austria auf. Dabei soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, was auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) prüft. Sie ermittelt wegen möglicher geheimer Absprachen. Im Raum steht der Verdacht, die FPÖ könnte gemeinsam mit dem Glücksspielkonzern Novomatic und in Absprache mit der ÖVP Sidlo als Kandidaten durchgesetzt haben.

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"War nie Berufspolitiker"

"Ja, es stimmt, ich war für eine österreichische Partei in der Vergangenheit ehrenamtlich tätig", bestritt Sidlo in seinem Eingangstätigkeit auch gar nicht seine politische Nähe zu den Freiheitlichen. "Ich war aber nie Berufspolitiker, sondern habe mein ganzes Berufsleben in der Finanzwelt verbracht." Sidlo verwies etwa auf seine Tätigkeit als Finanzvorstand bei der Sigma Investment AG des blauen ORF-Stiftungsrats Markus Braun.

So kam es zur Casag-Bewerbung

Sidlo schilderte auch, wie es dazu kam, sich überhaupt bei der Casag zu bewerben. Im Generalrat der Österreichischen Nationalbank (OeNB) habe er Vorstandschefin Bettina Glatz-Kremsner kennengelernt und mit dieser rasch ein "vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut". Diese habe ihn wiederum an Casag-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner verwiesen, der bereits vergangene Woche im Untersuchungsausschuss zur Causa ausgesagt hat.

Ob eine gewisse politische Zugehörigkeit einen Ausschlag für Sidlos erfolgreichen Weg in den Casag-Vorstand gegeben hat, bleibt für ihn selbst "offen", wie er sagte. Er verwies auf zahlreiche Unterstützer, die er im Laufe seines Bewerbungsverfahrens gewonnen habe. In der Funktion selbst habe er hauptsächlich mit seiner Expertise in den Bereichen Corporate Governance und Compliance punkten könne, wie er schilderte.

»Ich habe mir weder moralisch noch strafrechtlich etwas vorzuwerfen«

"Ich habe mir weder moralisch noch strafrechtlich etwas vorzuwerfen", meinte Sidlo auch im Bezug auf das Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Causa Casinos gegen ihn. Einvernommen worden sei er von der Behörde noch nicht, berichtete er. Da aber die Ermittlungen im Laufen seien, "werde ich nur sehr eingeschränkt Auskünfte geben können", kündigte Sidlo an.

Gutachten eine "Meinungsfrage"

Auf die Fragen von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl, der nach dem Rückzug von Ilse Huber dieses Amt interimistisch übernommen hatte, antwortete Sidlo dann wie zu erwarten zurückhaltend. Ob er mit dem negativen und nach seiner Bestellung vorgenommenen Gutachten zu seiner Qualifikation einverstanden sei? "Das ist eine Meinungsfrage und keine Faktenfrage."

Den Fragen der Abgeordneten wich Sidlo ebenfalls aus oder er entschlug sich. Dass er auf einem "Novomatic-Ticket" in den Casinos-Vorstand gekommen sei, sei ihm erst im Nachhinein bekannt geworden.

Strache-Unterstützung "weil er von mir und meiner Expertise überzeugt ist"

Sidlo sagte aus, dass ihm der ehemalige FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache die Unterstützung bei der Bewerbung für den Casinos-Vorstand zugesagt hätte. "Aber weil er persönlich von mir und meiner Expertise aus der Privatwirtschaft überzeugt ist", sagte Sidlo.

"Ich kenne den Herrn Strache seit 25 Jahren, insofern läuft man sich immer wieder über den Weg, auch abseits der Politik." Auch über die Bewerbung zum Casinos-Finanzvorstand sei Strache zuvor informiert gewesen. Strache hätte ihn "als Person" und nicht "als Partei" unterstützt, gab der am Mittwoch als Auskunftsperson geladene Sidlo zu Protokoll. Strache sei während der Bewerbung für ihn beim Personalberater auch als Referenzperson zur Verfügung gestanden, berichtete Sidlo. "Diese Funktion hat er auch übernommen."

Entschlagung zu Novomatic-Verbindung

Zu den Chats befragt, sagte Sidlo, dass diese den Kern des Ermittlungsverfahren betreffen, in dem er beschuldigt wird. Er nahm daher nicht dazu Stellung. Sidlo wollte der NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper auch nicht sagen, über wen er den Ex-Novomatic-Pressesprecher Bernhard Krumpel kennt. Die Diskussion, ob Sidlo den Namen sagen muss, dauerte mehrere Minuten. Krisper tippte auf Ex-FPÖ-Mandatar Markus Tschank. Nein, der sei es nicht gewesen, so Sidlo. Es sei eine Person ohne politische Funktion und spiele in dem Verfahren keinerlei Rolle.

Die Fragen der Mandatare drehten sich auch um den Spielerschutz und das illegale Glücksspiel in Österreich. Sidlo gab dazu ausführlich Auskunft, äußerte seine Meinungen zu Entwicklungen in der Branche und erklärte detailreich, wie so ein Fit & Proper-Test abläuft. Den Abgeordneten lieferte Sidlo damit aber wenig neuen Erkenntnisse.

Zur Polimedia, an der Sidlo so wie Tschank und Krumpel beteiligt war, nahm Sidlo nicht Stellung, da diese in Liquidation befindliche Firma Teil der Casag-Ermittlungen sei, so Sidlo. Die Beratungsgesellschaft soll auch Rechnungen an Tschanks "Institut für Sicherheitspolitik" (ISP) gestellt haben, das ebenso im Fokus des Ibiza-Untersuchungsausschusses - allerdings in der Causa Vereine - steht.

Sidlo: Keine Geldwäsche

Nina Tomaselli von den Grünen wollte zu anderen Firmen, an denen Sidlo aktiv war, wissen "was da dahinter steckt". Der stellvertretende Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl, der die zurückgetretene Ilse Huber vertritt, konnte nicht nachvollziehen, wie das Firmengeflecht mit dem Untersuchungsgegenstand zusammenhängen soll. Nein, Geldwäscherei sei da nicht betrieben worden, verwahrte sich Sidlo gegen Tomasellis Frage.

Die Grüne war sich da nicht sicher, weil der Name eines Geschäftspartners von Sidlo in der Offshore-Leaks-Datenbank des ICIJ im Zuge der Paradise Papers vorkommt. Die Mandatarin machte stutzig, dass die Gesellschaften "fünf Mal verschachtelt" worden seien. FPÖ-Mandatar Martin Graf wies darauf hin , dass das hunderttausend Mal im Firmenbuch geschehe.

Nach Sidlo sind am Mittwoch der Ex-Staatssekretär Hubert Fuchs und Krumpel als Auskunftspersonen geladen. Allerdings ist Krumpels Einvernahme fraglich, weil Sidlos Befragung länger dauerte als vorgesehen. Auch in den vergangenen Sitzungstagen war die Aussage der jeweils dritten Auskunftsperson vertagt worden.

SPÖ und NEOS wollen Sobotka laden, auch Kurz kommt noch einmal

NEOS und SPÖ haben am Mittwoch die weitere Ladungsliste für den Ibiza-Untersuchungsausschuss vorgelegt. Neben Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) befindet sich darauf auch der ehemalige Kabinettsmitarbeiter von Bundeskanzler Sebastian Kurz, der Festplatten unter falschem Namen schreddern ließ. Mit dem Unternehmer Rene Benko ist ein weiterer prominenter Zeuge geladen.

Die zweite Tranche der Befragungen startet am 9. September und das gleich mit Sobotka. Am selben Tag soll auch Novomatic-Eigentümer Johann Graf Auskunft geben. Seiner ersten Ladung war Graf nicht gefolgt. Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) sowie Casinos-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner sollen am 10. September kommen. Beide hätten bereits aussagen sollen, kamen aber aus zeitlichen Gründen nicht mehr zum Zug.

Auch die Spitzen staatsnaher Unternehmen, wie OMV, Post und ÖBAG sollen im Herbst befragt werden. Im privatwirtschaftlichen Bereich sind KTM-Chef Stefan Pierer und Klaus Ortner, Geschäftsführer von IGO Industries, geladen. Noch einmal versuchen will man es auch mit der Milliardärin Heidi Goess-Horten, auch Katrin Glock aus der gleichnamigen Waffenproduzenten-Dynastie ist geladen.

Auch die Gesetzgebung unter Türkis-Blau für die Privatkrankenanstalten soll weiter beleuchtet werden, weswegen unter anderem der Chef der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Matthias Krenn, geladen ist. Im Oktober soll schließlich jener Mitarbeiter des Kabinetts von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Auskunft geben, der Festplatten unter falschem Namen geschreddert hatte.

Die Ladungsliste für den Herbst:

9. September

Wolfgang Sobotka (ÖVP), Nationalratspräsident
Johann Graf, Eigentümer Novomatic
Tina Liebich-Oswald, Referentin Kabinett des BMI

10. September

Hartwig Löger, Finanzminister a.D.
Bettina Glatz-Kremsner, Generaldirektorin Casinos
Austria AG
Alexander Merwald, Novomatic

16. September

Rainer Seele, Vorstandsvorsitzender OMV
Wolfgang C. Berndt, Aufsichtsratsvorsitzender
OMV
Elisabeth Gruber, Gruppenleiterin BMF

17. September

Balazs Szabo, Vorstandsassistent ÖBAG
Torsten Marx, Leiter Team Öffentliches
Recht und
Regulierungsmanagement Post
AG
Edith Hlawati, Aufsichtsratsvorsitzende
Post AG

29. September

René Benko, Gründer Signa Holding
Stefan Pierer, Vorstandsvorsitzender KTM AG
Clemens-Wolfgang Niedrist, Kabinettschef Gernot Blümel

30. September

Klaus Ortner, Geschäftsleitung IGO
Industries
Andreas Brandstetter, Vorstandsvorsitzender Uniqa
Wolfgang Leitner, Vorstandsvorsitzender
Andritz

7. Oktober

Julian Hadschieff, Vorstandsvorsitzender
PremiQuaMed Holding
Bernhard Wurzer, Generaldirektor ÖGK
Matthias Krenn, Obmann ÖGK

8. Oktober

Albert Posch, Leiter Verfassungsdienst
Bernhard Bonelli, Kabinettschef Bundeskanzler
Arno M., Kabinett Bundeskanzler

21. Oktober

Heidi Goess-Horten, Gesellschafterin Palais
Goess-Horten GmbH
Kathrin Glock, Mitglied Aufsichtsrat Austro
Control
Susanne Höllinger, Mitglied Aufsichtsrat ÖBAG

22. Oktober

Cattina Leitner, Mitglied Aufsichtsrates ÖBB
Holding
Teresa Pagitz, Mitglied Aufsichtsrat ÖBB PV
Eva Hieblinger-Schütz, Kabinett BM a.D. Löger

4. November

Peter Barthold, Ehem. Geschäftspartner der
Novomatic
Bernd Oswald, Aufsichtsratsvorsitzender
Novomatic
Alexander Legat, Head of Legal Novomatic

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Hofer morgen an der Reihe

Nach Sidlo, der heute aussagt, sind weitere Vertreter der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung in der kommenden Woche als Auskunftspersonen zum Thema Casinos geladen. So kommt etwa tags darauf der einstige Infrastrukturminister und Straches Nachfolger als FPÖ-Chef, Norbert Hofer an die Reihe. Er war das blaue Pendant von ÖVP-Minister Gernot Blümel, der ebenfalls schon im Ausschuss aussagte - und sich nur an wenig erinnern konnte.

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Ein weiteres Mitglied der blauen Regierungsriege, Ex-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs, sagt noch am selben Tag wie Sidlo im Ausschuss aus. Auch ihm wird vorgeworfen, Mitwisser beim mutmaßlichen Postenschacher in Zusammenhang mit einem möglichen Gesetzeskauf der Novomatic gewesen zu sein. Auch Fuchs bestritt - wie alle anderen genannten Personen und Unternehmen in dem Verfahren - schon mehrmals medial die Vorwürfe.

Auskunft soll heute auch der ehemalige Leiter der Konzernkommunikation von Novomatic, Bernhard Krumpel, geben. Am Donnerstag sagt in Anschluss an Hofer der FP-nahe Finanzvorstand der ÖBB Holding AG, Arnold Schiefer aus. Er soll Strache und Hofer darüber informiert haben, dass Sidlos Bestellung in den Casag-Vorstand wackelt. Letzte Auskunftsperson in der kommenden Woche ist der Chef der Sigma Investment AG, der blaue ORF-Stiftungsrat Markus Braun, bei dem Sidlo Finanzvorstand war.