Über 60 Todesopfer
nach schwerem Erdbeben

Präsident spricht vom "stärksten Erdbeben innerhalb eines Jahrhunderts"

Nach dem stärksten Erdbeben innerhalb eines Jahrhunderts in Mexiko ist die Zahl der Toten auf mindestens 61 gestiegen. Soldaten, Polizisten und Helfer lieferten sich am Freitag (Ortszeit) einen Wettlauf mit der Zeit, um Überlebende des Bebens im Süden des Landes zu finden. Am stärksten betroffen war der Bundesstaat Oaxaca, wo nach jüngsten Angaben mindestens 45 Menschen ums Leben kamen.

von
Mexiko - Über 60 Todesopfer
nach schwerem Erdbeben

Präsident Enrique Pena Nieto zufolge spürten 50 der 120 Millionen Einwohner Mexikos das Erdbeben der Stärke 8,2 am eigenen Leibe. Das Epizentrum lag rund hundert Kilometer vor der südlichen Pazifikküste, die Erschütterungen waren selbst in der Hauptstadt Mexiko-Stadt zu spüren, die rund 800 Kilometer entfernt liegt.

»Es ist das stärkste Erdbeben innerhalb eines Jahrhunderts«

Das Beben ereignete sich am Donnerstag um 23.49 Uhr Ortszeit (Freitag 06.49 Uhr MESZ) und überraschte Millionen Menschen im Schlaf. "Es ist das stärkste Erdbeben innerhalb eines Jahrhunderts", sagte Pena Nieto bei einem Besuch im nationalen Katastrophenabwehrzentrum. Zeitweise waren 1,5 Millionen Menschen ohne Strom.

Zwölf Todesopfer wurden aus dem Bundesstaat Chiapas gemeldet, vier im Bundesstaat Tabasco. Mehr als 200 Menschen wurden insgesamt verletzt.

In Juchitan in Oaxaca "brachen einige Häuser zusammen und begruben die Bewohner unter sich", sagte Nothilfekoordinator Luis Felipe. Die 100.000-Einwohner-Stadt bot mit abgedeckten Gebäuden, verschütteten Autos, eingestürzten Mauern, Scherben und Betontrümmern auf den Straßen ein verheerendes Bild. Allein hier wurden bisher 17 Leichen geborgen, doch liege die Zahl der Toten vermutlich "zwischen 30 und 40", sagte Gouverneur Alejandro Murat.

In Tabasco kamen zwei Kinder ums Leben: Eines wurde von einer einstürzenden Wand erschlagen; ein Säugling, der an ein Beatmungsgerät angeschlossen war, starb durch einen von dem Erdbeben ausgelösten Stromausfall. Mehr als 260 Nachbeben erschütterten die Region im Laufe des Tages.

Papst Franziskus sagte bei einem Gottesdienst in Kolumbien, er bete für "die, die ihr Leben verloren haben, und für ihre Familien".

Tsunami-Warnung an mehreren Küsten

Für die Küsten mehrerer Länder in der Region wurde eine Tsunami-Warnung ausgegeben, die allerdings nach einigen Stunden wieder aufgehoben wurde. Betroffen waren neben Mexiko auch die Küsten von Guatemala, El Salvador, Costa Rica, Nicaragua, Panama, Honduras und Ecuador. Aus Guatemala wurden vier Verletzte und Beschädigungen an Häusern gemeldet.

In Mexiko-Stadt liefen zahlreiche Menschen in Panik auf die Straßen, als sie die Alarmsirenen für die Erdbebenwarnung hörten. "Ich hörte eine Explosion, die Ampeln wackelten heftig", sagte Mayaro Ortega. "Nicht noch ein Erdbeben!", flehte eine Frau, die in der Hauptstadt betend niederkniete. "Lieber Gott, nein!"

Mexiko war im September 1985 von einem Erdbeben der Stärke 8,1 erschüttert worden. Dabei wurden große Teile der Hauptstadt zerstört, mehr als 10.000 Menschen kamen ums Leben. Nach der Naturkatastrophe verschärften die Behörden die Bauvorschriften und führten ein Warnsystem ein.

In Mexiko treffen fünf tektonische Platten zusammen. Ihre Verschiebungen haben zur Folge, dass das Land zu den Gebieten der Erde gehört, in denen die stärksten Erschütterungen auftreten.

Bebenstärken und wie sie sich auswirken

Die Stärke von Erdbeben wird mit Seismographen gemessen. Die Geräte zeichnen die Stärke von Bodenbewegungen auf, die sogenannte Magnitude. Weltweit kommen jährlich etwa 100.000 Beben der Stärke 3 vor. Rund 1600 haben die Stärken 5 oder 6. Ein Großbeben hat mindestens den Wert 8 und tritt etwa einmal im Jahr auf.

Das heftigste bisher auf der Erde gemessene Beben hatte eine Magnitude von 9,5 und ereignete sich 1960 in Chile. Erdbeben können je nach Dauer, Bodenbeschaffenheit und Bauweise in der Region unterschiedliche Auswirkungen haben.

Häufig gilt:

  • Stärke 1-2: schwaches Beben, nur durch Instrumente nachzuweisen
  • 3: Nur in der Nähe des Epizentrums zu spüren
  • 4-5: 30 Kilometer um das Zentrum spürbar, leichte Schäden
  • 6: Tote und schwere Schäden in dicht besiedelten Regionen
  • 7: In weiten Gebieten stürzen Häuser ein, viele Tote
  • 8: Verwüstung im Umkreis Hunderter Kilometer, sehr viele Tote

Die Intensität des Bebens nimmt dabei nicht gleichmäßig nach oben zu - mit jedem Stärke-Punkt Unterschied steigt die Erschütterungsenergie vielmehr um über das 30-fache. Ein Beben der Stärke 6 setzt rund 1.000 Mal so viel Energie frei wie ein Beben der Stärke 4.

Früher wurde die Erdbebenstärke nach der sogenannten Richterskala bestimmt. Der amerikanische Geophysiker Charles Francis Richter hatte die Skala 1935 speziell für Kalifornien ausgearbeitet, wo es entlang des Sankt-Andreas-Grabens häufiger zu Erdstößen kommt. Die klassische Richterskala gilt jedoch bei großen Beben als nicht besonders genau. Erdbebenforscher verwenden deshalb heute modernere Magnituden-Skalen.