Das von den oppositionellen Demokraten kontrollierte Repräsentantenhaus befragt seit der Vorwoche mehrere Zeugen in der Ukraine-Affäre in öffentlichen Anhörungen. Sie untermauerten dabei ihre Vorwürfe, Trump habe Druck auf die Ukraine ausgeübt, um diese zu Justizermittlungen gegen seinen möglichen Kontrahenten bei der Präsidentenwahl 2020, Ex-Vizepräsident Joe Biden, zu bringen.
"Sie haben in den vergangenen fünf Tagen wie Idioten ausgeschaut", bilanzierte Trump den bisherigen Verlauf der live im Fernsehen übertragenen Anhörungen. Beobachter sahen durch die live im Fernsehen übertragenen Einvernahmen einen wachsenden Druck auf Trump, dessen Unterstützer nicht müde werden zu betonen, dass das Verfahren im Repräsentantenhaus unfair sei.
Das Ukraine-Problem und die Vergesslichkeit
Am Mittwoch bestätigte der frühere US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, vor laufenden Kameras, dass Trump die Ukraine massiv unter Druck gesetzt habe. Sowohl ein Empfang des ukrainischen Staatschefs Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus als mutmaßlich auch die Auszahlung einer Militärhilfe seien von einer öffentlichen ukrainischen Ankündigung solcher Ermittlungen abhängig gemacht worden.
Trump suchte sich nach der Aussage umgehend von dem Diplomaten zu distanzieren, der bisher als sein Vertrauter galt. Er kenne Sondland nicht "sehr gut", versicherte der US-Präsident. Dabei hatte er Sondland noch Anfang Oktober als "wirklich guten Mann und großartigen Amerikaner" gelobt.
Das Amtsenthebungsverfahren beginnt durch eine Anklage (Impeachment) durch das Repräsentantenhaus. Als Jury in dem Absetzungsverfahren fungiert Senat. In der kleineren Parlamentskammer haben Trumps Republikaner die Mehrheit. Zudem läuft das Verfahren unter dem Vorsitz des Vorsitzenden des US-Höchstgerichts, des als konservativ geltenden John Roberts.
Großes Risiko für Trump
Nach Ansicht von Beobachtern birgt ein Amtsenthebungsverfahren große Risiken für Trump, da sich im Prozess eine juristische Eigendynamik entwickeln könnte. Sollte es im beginnenden Präsidentschaftswahlkampf zu einem starken Meinungsumschwung zugunsten der Demokraten kommen, könnten republikanische Senatoren die Seiten wechseln und für eine Enthebung Trumps stimmen, um ihre eigenen Jobs zu sichern. Freilich müssen 20 Republikaner für die Amtsenthebung stimmen, damit die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kommt. 35 der 100 Senatoren stellen sich im kommenden November der Wiederwahl.
In der Geschichte der USA sind erst zwei Präsidenten vor dem Senat angeklagt worden, die beiden Demokraten Andrew Johnson (1868) und Bill Clinton (1998). Beide wurden freigesprochen. Der Republikaner Richard Nixon kam im Jahr 1975 der wahrscheinlichen Absetzung durch den Senat zuvor, indem er in der "Watergate"-Affäre zurücktrat.