"Traum" von Luther King bleibt hochaktuell:
Nachwirkungen einer weltberühmten Rede

Obama überzeugt: 'Wir stecken in Rassen-Sackgasse' Botschaft des Friedensnobelpreisträgers bleibt brisant

"Traum" von Luther King bleibt hochaktuell:
Nachwirkungen einer weltberühmten Rede

40 Jahre - Erinnerungen an den Tod des Bürgerrechtlers Martin Luther King werden wach. Am 4. April 1968 wurde er ermordet, für die USA begann damals ein Alptraum.

Attentat
Es geschah in einem kleinen Motel in Memphis (Tennessee). Es war Abend, es dämmerte bereits, als King auf den Balkon trat, um mit seinen Helfern zu plaudern. Lediglich einen einzigen Schuss feuerte der weiße Heckenschütze aus seinem Versteck ab. Die Kugel traf das Opfer am Hals. "Schwarzer Ghandi" wurde der 39-jährige King genannt, Kämpfer für Rassengleichheit, Hoffnungsträger für Millionen Schwarzer. 1964 hatte der Baptistenprediger den Friedensnobelpreis erhalten, Gewaltlosigkeit war sein oberstes Prinzip - jetzt wurde sein Tod zum Fanal für "schwarze Gewalt" in den USA.

In über 100 Städten brach der Aufstand los, Ghettos brannten, Geschäfte wurden geplündert. "Burn, Baby, Burn", hieß der Slogan der Aufständischen. In Washington näherten sich jugendliche Banden bis auf zwei Straßenblocks dem Weißen Haus. Schon seit geraumer Zeit hatten radikale Schwarzenführer Kings Gewaltlosigkeit zunehmend kritisiert. "Wir müssen uns für den Mord an Dr. King rächen", rief jetzt der Black-Power-Führer Stokely Carmichael. "Wir werden uns nicht im Gerichtssaal rächen, sondern auf den Straßen Amerikas." 40 Menschen starben bei den Unruhen.

Sanfter Aufstand
Dabei hatte Kings Strategie des "sanften Aufstands", der Boykottaktionen, der Sitzstreiks und der Demonstrationen durchaus zu Erfolgen geführt. Alles begann im Jahr 1955 in Montgomery, als eine schwarze Frau verhaftet wurde, weil sie sich geweigert hatte, in einem Bus einem Weißen Platz zu machen. "Montgomery Bus Boycott" hieß die Aktion, die von dem frischgebackenen Priester angeführt wurde. Erstmals erlangte ein schwarzer Protest in den USA weltweites Aufsehen. Über ein Jahr dauerte die Aktion, und endete mit einem vollen Erfolg. Die Rassentrennung in den Bussen wurde aufgehoben.

King, der Sohn einer Lehrerin und eines Predigers aus Atlanta (Georgia) wurde durch die Aktion zu einem landesweit bekannten Mann. Seine begnadete Redekunst half ihm, die Proteste durch die ganzen USA zu tragen. Höhepunkt war im August 1963 der "Marsch auf Washington", rund 250.000 Menschen, ein Viertel davon Weiße, nahmen teil. "I have a dream", rief King der Menge in seiner Rede zu, in der er die Vision der Gleichheit von Schwarz und Weiß entwarf. Mittlerweile hatte sich die Bürgerrechtsbewegung das Lied "We shall overcome" (Wir werden siegen) zur Hymne erkoren - sie wurde später zur "Erkennungsmelodie" der globalen 68er-Proteste.

Es herrschte Aufbruchstimmung in den USA, der junge Präsident John F. Kennedy traf sich mit King und seinen Anhängern, gab die Ausarbeitung der Bürgerrechte in Auftrag, die Politik der Rassentrennung sollte juristisch aufgehoben werden. Kennedy wurde im November 1963 ermordet, doch sein Nachfolger Lyndon B. Johnson führte das Vorhaben zu Ende. Am 2. Juli 1964 wurde der Civil Rights Act verabschiedet, es war ein historisches Datum in der Geschichte der USA.

"Ich weigere mich, die Ansicht zu akzeptieren, dass die Menschheit an die sternenlose Nacht von Rassismus und Krieg gefesselt ist, so dass sie das Morgenlicht des Friedens und der Brüderlichkeit niemals zur Wirklichkeit werden lässt", sagte King bei der Verleihung des Nobelpreises. Ein großer Redner war er allemal, doch der Kampf war noch längst nicht zu Ende. Es dauerte nicht lange, bis King und seine Anhänger erkannten, dass die Rassengleichheit lediglich auf dem Papier existierte.

Kings Echo
Vier Jahrzehnte später - viele Hoffnungen auf Rassengleichheit in den USA haben sich zerschlagen. Die USA seien nach wie vor "ein Land, in dem rassistisches Misstrauen tief verwurzelt und oftmals unausgesprochen ist", kommentiert die "New York Times". Nach wie vor gibt es zwei Lebenswelten in den USA, eine schwarze und eine weiße. Nach wie vor besagen Statistiken, dass für einen durchschnittlichen Schwarzen die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden, fünf Mal größer sei als für einen Weißen.

Doch es gibt auch andere Seiten: Der populäre schwarze Schauspieler Bill Cosby etwa redet Eltern der schwarzen Unterschicht ins Gewissen, sich mehr um die Erziehung ihrer Kinder zu kümmern, wirft afro-amerikanischen Männern vor, allzu häufig ihre Familien mit kleinen Kindern zu verlassen, und hält Schwarzen insgesamt vor, sich allzu leicht mit den chronischen Übeln wie Drogensucht und hoher Kriminalitätsrate abzufinden.

Cosby brach ein Tabu, als er vor einigen Jahren Schwarze öffentlich aufrief, nicht stets die Weißen für ihre eigenen Probleme verantwortlich zu machen. "Es geht nicht darum, was sie (die Weißen) uns antun. Es geht darum, was wir nicht tun." Auch Obama weiß um diese Probleme. "Die Rassenfrage, die wir nie ausgeräumt haben", nennt er den Riss durch die US-Gesellschaft. Die Chance, dass der 46 Jahre junge Mann als erster schwarzer Präsident ins Weiße Haus einziehen könnte, gibt Millionen Schwarzen in den USA Auftrieb und neue Hoffnung. Doch Obama warnt vor überzogenen Erwartungen: "Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass wir unsere Rassenschranken innerhalb einer Amtsperiode überwinden könnten."

(apa/red)