Bootsunfall am Wörthersee:
Heute startet der Prozess

Der Bootslenker und der Schiffsführer müssen sich vor Gericht verantworten

Heute startet nach einem tödlichen Bootsunfall am Wörthersee im Sommer 2017 der Prozess gegen den Bootslenker und den Schiffsführer. Was in der Causa bisher ans Licht gekommen ist. News berichtete.

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Tödliches Unglück - Bootsunfall am Wörthersee:
Heute startet der Prozess

Am 2. Juni 2017 passierte das tragische Unglück: Ein niederösterreichischer Bauunternehmer fiel bei einer rasanten Kurvenfahrt auf dem Wörthersee aus dem Boot und kam ums Leben. Gesteuert hatte das Boot ein prominenter Medienmanager unter Alkoholeinfluss. Fünf Menschen befanden sich damals an Bord. Die Obduktion hat schließlich ergeben, dass der Unternehmer mit dem Kopf in die Schiffsschraube geraten war.

Im Herbst 2017 lag das Endgutachten zum tödlichen Bootsunfall vor. Wie News berichtete, deckte dieses zahlreiche Ungereimtheiten auf: Laut Gutachten, das News zugespielt wurde, hat der Medienmanager den Unfall nicht nur bei hoher Geschwindigkeit verursacht. Er hat danach noch dazu falsch reagiert: mit tödlichem Ausgang.

Das sagt das Endgutachten

Die entscheidende Frage war, wie der Unfall passierte und wie glaubwürdig die Aussagen des Hauptbeschuldigten und der mitgefahrenen Zeugen sind. Laut Gutachten hatte der Medienmanager angegeben, dass "der tödlich Verunglückte in das Lenkrad eingegriffen" hätte. Die Verteidigungsstrategie liegt auf der Hand: In diesem Fall hätte das Opfer zumindest eine Mitschuld am eigenen Tod.

Kurz zusammengefasst: Diese Variante ist für den Sachverständigen nicht haltbar. Laut Gutachten ist es dem rund 1,78 Meter großen tödlich verunglückten Baumeister zwar nicht völlig unmöglich gewesen, von einer Sitzposition auf der Motorhaube in das Lenkrad zu greifen - jedoch: "Es zeigt sich, dass das Lenkrad überhaupt nur dann erreicht werden kann, wenn man auf der vorderen Kante der Abdeckung sitzt. Selbst dann ist aber das Lenkrad kaum zu erreichen, und zwar nur mit ausgestreckten Armen", heißt es in der Expertise. Und weiter: "Es gilt, zu bedenken, dass hier ja das Lenkrad um fast zwei Umdrehungen verdreht werden muss, bis der volle Einschlag erreicht wird." Und dies sei "aus dieser Entfernung, wobei das Lenkrad nie optimal angegriffen werden kann, praktisch nicht möglich."

Auch eine weitere kolportierte Aussage des Bootslenkers wird vom Sachverständigen hinterfragt -nämlich, dass dieser selbst ins Wasser gefallen sei. Ein wichtiger Punkt im Gutachten bezieht sich darauf, welche Fliehkräfte beim Kurvenfahren auf die Bootsinsassen wirken.

Hinsichtlich der Gefahr des "Ausschleuderns von Personen aus dem Motorboot" heißt es im Gutachten: "Der Fahrersitz selbst befindet sich (...) so tief, dass bei einer Sitzposition im Boot es praktisch unmöglich ist, dass der Fahrer versehentlich aus dem Boot geschleudert wird - insbesondere, weil er sich ja auch am Lenkrad anhalten kann." Das widerspricht der angeblichen Aussage des Angeklagten.

Anklage und Verteidigung

Angeklagt sind sowohl der Lenker des Bootes als auch der Schiffsführer. Ersterer wegen grob fahrlässiger Tötung und Gefährdung der körperlichen Sicherheit. Dem Schiffsführer wirft die Staatsanwaltschaft fahrlässige Tötung durch Unterlassen vor. Der Bootsführer hätte laut Anklage dem Lenker wegen der Alkoholisierung und der riskanten Fahrmanöver die Weiterfahrt untersagen müssen.

Rechtsanwalt Alexander Todor-Kostic, der den Bootslenker verteidigt, hat immer wieder betont, dass sein Mandant nicht schuldig und zeitgleich mit dem Opfer aus dem Boot geschleudert worden sei. Auch der Anwalt des Kärntner Schiffsführers weist die Schuld seines Mandanten zurück: In einer Aussendung teilte er mit, dass sein Mandant "die Alkoholisierung nicht erkennen musste". Und "dass das gegenständliche Motorboot ein hochmotorisiertes Sportboot ist, mit welchem von jedermann auch Manöver gefahren werden". Der Kärntner hatte lediglich "als Begleitperson vom Bootseigner den Auftrag, mit dem Boot von der Werft nach Pörtschach zu fahren, dort die Personen abzuholen, diesen das Boot zum Fahren zu überlassen und danach das Boot wieder zurück in die Werft zu bringen".

Anwalt Todor-Kostic hat zudem bei der Staatsanwaltschaft "eine privatgutachterliche Stellungnahme samt umfangreichem Fragenkatalog" eingebracht, wie er im Oktober 2017 zu News sagte: "In dieser Expertise werden zahlreiche Mängel und Unvollständigkeiten im Gutachten des Ermittlungsverfahrens aufgezeigt". Es gilt die Unschuldsvermutung.

Vorwurf der Weisung

In Zusammenhang mit der Causa ist auch vorübergehend die Frage nach einer politischen Verwicklung aufgetaucht: Nach dem Unfall wurde dem damaligen Innenminister Wolfgang Sobotka - ein Bekannter des Bootslenkers - vorgeworfen, eine Weisung erteilt zu haben, damit der Fall direkt ans Landeskriminalamt übergeht. Sobotka hat jegliche Intervention stets zurückgewiesen. Er sei am Unfallabend telefonisch von Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß über den Vorfall informiert worden. Sie habe auch die Übernahme der Ermittlungen durch das Landeskriminalamt und die Abwicklung der Medienarbeit durch die Landespolizeidirektion beauftragt, wie Sobotka in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage mitteilte. "Weder ich, noch einer meiner Kabinettsmitarbeiter hat in der gegenständlichen Angelegenheit eine mündliche oder schriftliche Weisung erteilt", heißt es in der Anfragebeantwortung.

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