Ein bissl Tim Mälzer für Wien

Deutscher Starkoch eröffnet im Wiener MAK sein Restaurant "Salon Plafond"

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Menschen - Ein bissl Tim Mälzer für Wien

Im Restaurantbereich des Wiener MAK wird kräftig gewerkt. Noch ist hier Baustelle, in einigen Monaten soll man aber in Tim Mälzers neuem Restaurant Platz nehmen können. Der Hamburger TV-Koch hat sich mit vier weiteren Gastronomen zusammengetan, um in der österreichischen Bundeshauptstadt ein gewaltiges Lokal-Projekt aus dem Boden zu stampfen.

1,3 Millionen Euro werden in den Umbau des "Österreicher im MAK", in dem zuletzt Bernie Rieder aufkochte, investiert. "Gut, das ist mal das Budget. Bei der endgültigen Abrechnung ist es ja dann meistens doch noch mal mehr", erzählt Tim Mälzer mit humorig schmerzverzerrtem Gesicht. Nicht nur an diesem Statement merkt man, dass der "Salon Plafond", so der Lokalname, nicht sein erstes Restaurant ist. Als sein Wiener Partner Peter Eichberger von einer Eröffnung im November oder Dezember spricht, wirft Mälzer etwa ein, dass das auch Januar, Februar oder doch erst März bedeuten könnte.

Ob Ende des Jahres oder doch erst im Frühling: Dass der "Salon Plafond" einen Besuch wert sein wird, lässt sich bereits jetzt erahnen. Das Team will Anleihen beim traditionellen Wiener Wirtshaus nehmen, aber natürlich mit modernen Twists. Tische und Sessel des Austro-Architekten Oswald Haerdtl und ein alter Spiegel aus dem "Ohne Pause Café" am Wiener Graben geben den Ton vor. Die weiteren Pläne: Frühstück von 8 bis 18 Uhr, keine hochtrabenden Preise ("Hier kommen ja auch Museumsbesucher her und wir wollen nicht, dass sich Mütter mit ihren Kinderwägen keinen Kaffee leisten können"), Schauküche, abends Barbetrieb, eine große Terrasse und endlich eine Nutzung des Gartens im Hof des MAKs.

Salon Plafond
© Michael Embacher Die Pläne von Architekt Michael Embacher geben erste Eindrücke vom "Salon Plafond".

Gekocht wird "schlicht, pur und alpin". Was das bedeutet? Mälzer will keinen "Starkoch-Edel-Fresstempel" in Wien erschaffen. Viel mehr erarbeitet er mit seinem jungen Wiener Küchenchef Aaron Waltl, mit dem er bereits in seiner Hamburger "Bullerei" zusammengearbeitet hat, ein Foodkonzept, das sich an regionalen und saisonalen Gegebenheiten orientiert. Auf Tradition wird geachtet, genauso wie auf ein ordentliches Handwerk in der Küche. Viel mehr will Mälzer noch nicht verraten. Eines ist aber fix: Ein Wiener Schnitzel wird es auf der Karte nicht geben. "Meine Kochkünst in allen Ehren, aber daran will ich mich in Wien nicht messen", witzelt er.

In der Küche wird Mälzer übrigens nicht anzutreffen sein. Wenn er da ist, will er lieber Gast sein. Wie oft das sein wird, haben wir ihn beim Interview gefragt.

Sie haben sich zusammen mit Ihrem Küchenchef Aaron Waltl vor der Planung des "Salon Plafond" sehr genau mit der Wiener Essenskultur auseinandergesetzt. In welchen Lokalen haben Sie "recherchiert"?
In vielen, wir waren wirklich viel in Wien essen. Zum Teil war das eine persönliche Auswahl, zum Teil waren es Lokale, die uns empfohlen worden sind. Wir sind da sehr subjektiv vorgegangen. Aber noch bin ich ja Gast in Wien, deshalb möchte ich keine Namen nennen, also niemanden schlecht machen oder explizit herausheben.

Was Sie hier gesehen und gegessen haben – hat Ihnen das mehrheitlich geschmeckt? Oder haben Sie mehr entdeckt, dass Ihnen an der Wiener Küche missfallen hat und dass Sie im "Salon Plafond" anders machen möchten?
Überraschend wenig, muss ich sagen. Ich war eben in Paris und da habe ich deutlich schlechter gegessen. Das Einzige, was mir aufgefallen ist, ist die Interpretation des Modernen in Wien. Entweder sind die Restaurants sehr modern und vergessen sämtliche Traditionen. Oder sie sind extrem traditionell und vergessen die Moderne. Wien ist im Prinzip ja wie jede Großstadt – es wird immer globaler. Es gibt hier immer noch den klassischen Wiener, aber es gibt eben auch sehr viele andere Menschen. Und die inspirieren sich gegenseitig, auch beim Essen. Das merkt man an vielen Food-Konzepten, auf die man hier in Wien trifft, etwa rund um den Naschmarkt. Dort kann man im Kleinen förmlich riechen, was in der Stadt passiert. Zur Wiener Esskultur gibt es so vieles zu sagen, da schweift man schnell ab. Um zur ursprünglichen Frage zurückzukehren: Schlecht gegessen habe ich in Wien definitiv nicht.

Bei unserem letzten Gespräch zu Ihrem Kochbuch "Heimat" haben Sie erzählt, dass Sie keinen großen Unterschied zwischen der deutschen und der österreichischen Küche sehen. Würden Sie das jetzt auch noch so unterschreiben?
Die traditionelle Küche Österreichs ist natürlich expliziter in den Mehlspeisen. Und die Österreicher legen sich im Traditionsbereich bestimmter fest, also wie ein Gericht genau gemacht gehört. Aber die Produkte sind ähnlich, auch wenn sie vielleicht manchmal anders heißen. Wir verwenden Pfifferlinge, Ihr verwendet Pfifferlinge. Wir alle kochen Tafelspitz. Oder ein Schnitzel. In Deutschland kommt es aber vielleicht nicht in der panierten Variante auf den Teller. Es gibt in beiden Ländern schöne Schmorgerichte, Brutzelbeilagen, Süßwasserfische. Da gibt es schon sehr viele Ähnlichkeiten.

Denken Sie, dass das auch auf den österreichischen Gast zutrifft? Ist der ebenfalls ähnlich zum deutschen Restaurantbesucher?
Die Österreicher haben auf jeden Fall eine sehr ausgeprägte Küchenkultur und sind meiner Meinung nach enorm genussorientiert. Die Gäste kennen sich sehr gut aus. Da wird genau darauf geachtet, was auf den Teller kommt, ob die Ware passt, ob etwas nicht stimmt.

Wie oft haben Sie denn vor, in Wien zu sein? Und wird es auch an die Gäste kommuniziert, wenn Sie im "Salon Plafond" anzutreffen sind?
Mein Terminplan für das kommende Jahr steht, der ist fix aufgeschrieben. Deshalb kann ich sagen: Ich werde vier Tage im Monat in Wien sein. Aber wann das sein wird, werden wir eher nicht im Vorfeld kommunizieren. "Salon Plafond" soll einfach kein Tim-Mälzer-Starrestaurant werden. Ich bin hier nur der Teil eines Teams. Ich bin halt durch die Medien eher der öffentlichere Teil des Teams. Ich steuere hier meine Ideen zu dem Design bei, aber auch zur Getränkekarte und den Speisen oder dem Stil der Mitarbeiter. Ich werde aber nicht tagein, tagaus im Routinegeschäft im Restaurant anwesend sein. Den einen oder anderen Abend mit mir werden wir in speziellen Fällen schon auch mal bekannt geben, aber ich will einfach nicht, dass das hier ein Pseudo-Tim-Mälzer-Restaurant wird. Es ist der "Salon Plafond", fertig.

Für vier Tage im Monat werden Sie sich demnach auch keine Wohnung in Wien suchen?
Lustigerweise habe ich gerade mit Juan Amador (deutscher Topkoch, Anm.) gesprochen. Wir haben mal gemeinsam eine Sendung gemacht. Er stellt mir, wenn ich hier bin, seine Wohnung zur Verfügung. Genau genommen muss er das tun, weil er ganz unglücklich eine Wette verloren hat. Da habe ich echt Glück gehabt – der hat eine richtig schöne Wohnung hier.

Haben Sie eigentlich ein Lieblingslokal, wenn Sie in Wien privat essen gehen?
Es klingt so wahnsinnig überheblich, aber ehrlicherweise das "Steirereck". Das ist in Wien halt das Non-Plus-Ultra.

Wird man Sie neben dem "Steirereck" auch mal in einem Wiener Museum treffen können? Der "Salon Plafond" sperrt schließlich im MAK, dem Museum für Angewandte Kunst, auf?
Ich bin ein Museumsgeher für angewandte Sachen, dadurch passt diese Nähe zum MAK total gut. Das ist einer der Gründe, warum ich die Location in Wien so faszinierend finde. Ich bin ein Anhänger von Josef Frank. Ich mag alte Möbel, ich mag klassisches Design. Diese Mischung aus Wiener und skandinavischen Entwürfen. Die sind sich ja in den 20er und 30er Jahren oft sehr ähnlich. Das ist meine Designsprache, weil sie sehr reduziert und obendrein noch nachhaltig ist.

Zur Person Tim Mälzer
Tim Mälzer ist ein deutscher Fernsehkoch, der durch seine VOX-Sendung "Schmeckt nicht, gibt's nicht" im deutschsprachigen Raum berühmt wurde. Andere Sendungen wie "Born To Cook" oder "The Taste" folgten. Mälzer ist erfolgreicher Kochbuchautor und betreibt mehrere Restaurants. Das bekannteste ist die "Bullerei" im Hamburger Schanzenviertel.

Zum Restaurant "Salon Plafond"
Die Gesellschafter des "Salon Plafond" (Stubenring 5, 1010 Wien) sind neben Tim Mälzer der frühere McDonald's-Franchisenehmer Peter Eichberger und dessen Frau Barbara sowie die Gastronomen Patrick Rüther und Bart Felix. 290 Quadratmeter zuzüglich Terrasse und Garten wird das Restaurant umfassen. Zehn Jahre lang hat man die Räumlichkeiten im MAK gemietet, danach gibt es eine Option auf zehn weitere Jahre.

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