„Vielleicht einmal nicht den Cruise, sondern den Stipsits anschauen"

Thomas Stipsits über seine erste Hauptrolle im neuen Sicheritz-Film "Baumschlager"

Man kennt ihn bereits aus Film, Fernsehen oder Kabarett, Thomas Stipsits ist wahrlich kein unbekanntes Gesicht in Österreich. Dennoch hat der Steirer erst jetzt seine erste Hauptrolle ergattert – und zwar als UNO-Offizier Baumschlager im gleichnamigen Film von Komödienspezialist Harald Sicheritz. Stipsits gerät darin zwischen die Fronten der Weltpolitik und seiner Geliebten. Mit News.at sprach der sympathische Schauspieler über diese Rolle, seine Womanizer-Qualitäten und einen typischen Österreicher.

von Baumschlager © Bild: Dor Film

News.at: Was hat Sie an der Rolle des Werner Baumschlager gereizt, was ist das Besondere daran?
Thomas Stipsits: Der Umstand, dass Harald Sicheritz Regie führt, war schon der ausschlaggebende Punkt, weil ich den Harald verehre, seit ich 14 oder 15 Jahre alt war. Und mir hat das Drehbuch so gut gefallen, weil es in so einer ungewohnten Umgebung für einen österreichischen Film spielt. Ich finde es immer sehr spannend, etwas Neues auszuprobieren.

Harald Sicheritz, Schöpfer vieler Kultfilme und auch von Ihnen seit Jugendtagen verehrt, als Regisseur: Besteht da ein großer Erfolgsdruck?
Natürlich erzeugt das einen Druck. Aber man kann es dann ja nicht mehr beeinflussen. Wir haben alle unser Bestes gegeben und jetzt gehört der Film den Menschen da draußen. Wir hoffen sehr auf die Mundpropaganda, weil als österreichischer Film hat man es ja nichtsdestotrotz schwer, man tritt ja gegen Tom Cruise und wie sie alle heißen, an. Deswegen der Aufruf: „Vielleicht einmal nicht den Cruise, sondern den Stipsits anschauen gehen.“

Baumschlager
© Dor Film

Baumschlager ist ein Womanizer: Was ist sein Geheimnis?
Optisch ist er nicht der klassische Womanizer. Ich glaube, dass die Frauen seine Art sehr schätzen. Er ist, obwohl er seine Frau betrügt, im Prinzip ein guter Kerl, vom Baumschlager kann man alles haben. Das ist so ein Typ, der, wenn man ihn um 3 Uhr in der Früh anruft und sagt: „Ich stehe auf der Westautobahn irgendwo“, kommt und dich holt. Die beiden Frauen finden ihn auf alle Fälle sympathisch, handeln aber auch nicht ganz uneigennützig. Sie wissen, dieser Baumschlager kann für sie die Eintrittskarte in ein neues Leben sein.

Baumschlager
© Dor Film

Welche Charakterzüge teilen Sie sich mit Ihrer Figur?
Diese Lebensaufgabe, es allen Recht machen zu wollen. Ich bin auch jemand, der sehr harmoniesüchtig und/oder konfliktscheu ist. Ich versuche auch immer, dass es in meinem Umfeld allen gut geht und will niemanden enttäuschen. Das führt manches Mal dazu, dass man sich, wie der Baumschlager, in etwas reinstrudelt und dann bemerkt: Das geht sich hinten und vorne nicht aus. Dieses Nein sagen könnte ich noch ein bisschen mehr lernen.

»"Ich habe kein großes Talent beim Frauen ansprechen, nie gehabt"«

Fliegen Ihnen nach Ihren Auftritten auch oft die Frauenherzen zu?
Mir persönlich? Das kann ich jetzt überhaupt nicht beurteilen, weil ich ja seit über drei Jahren sehr glücklich verheiratet bin und es für mich überhaupt gar keine anderen Frauen gibt. Ich habe so ein Glück, ich habe so eine wunderbare, wunderschöne Frau, die übrigens mich angesprochen hat, weil ich selbst hätte mich das nie getraut. Ich habe kein großes Talent beim Frauen ansprechen, nie gehabt und deshalb bin ich der Kathi (Anm.: Schauspielerin Kathrina Straßer) sehr dankbar, dass sie den ersten Schritt gesetzt hat. Das deckt sich ,glaube ich, auch mit Baumschlager. Aber wenn es dann passiert, denkt er sich halt: „Naja, wenn sie will… also naja, warum nicht?“

Ist Baumschlager Ihrer Meinung nach ein typischer Österreicher?
Er hat schon typisch österreichische Züge. Manchmal nicht dieses große Ganze im Auge zu haben, sondern eines nach dem anderen. Ich glaube der Baumschlager ist auch jemand, der das Licht abdreht beim Sex und der gerne mit dem Bademantel am Vormittag herumrennt und der noch immer einen Erlagschein ausfüllt und kein E-Banking macht. Aufgrund seiner militärischen Herkunft mag er zuhause gewohnte Strukturen, wie die Tradition, sich jedes Jahr zu Weihnachten den Steireranzug anzuziehen. Der Heilige Abend läuft immer gleich ab bei den Baumschlagers, da gibt es überhaupt keine Improvisationen.

Das Buch zum Film wurde von einer Frau, Maayan Oz, geschrieben. Harald Sicheritz bezeichnete den Humor deshalb als „gerade und ungewöhnlich“. Schreiben Frauen anders als Männer? Besser?
In diesem speziellen Fall ist es ganz wichtig, dass Maayan aus Israel kommt, weil sie von Kind auf diesen Konflikt und das Leben dort kennt. Ein/e Österreicher/in hätte das Buch nie schreiben können, denn ich wage es zu behaupten, dass viele – inklusive mir – zum Nahostkonflikt so ein fundiertes Halbwissen besitzen.
Aber Frauen haben generell manchmal, was mir gefällt, einen sehr schwarzen Humor. Maayan geht zum Beispiel mit einigen Dingen schon an die Grenze des Geschmacks, was ich sehr gut finde. Also ich glaube, dass die Drehbücher von Frauen eine Spur emotionaler sind, da ist mehr Bauch dabei. Nicht so verkopft und eher so eine Mischung aus Herz und Hirn.

»"Das hat mich lange beschäftigt, dieses Wissen, dass hinter diesem Berg Bürgerkrieg ist"«

Gedreht wurde unter anderem in Israel an der Grenze zu Jordanien – inklusive explodierender Minen. Hatten Sie da auch mal Angst?
Nein, ich hatte nie Angst. Wir wurden zwar von der Gegenseite, hinter der Grenze beobachtet, aber ob die gewusst haben, was da passiert, bin ich mir nicht sicher. Sie haben aber bestimmt die Kameras gesehen und bemerkt, dass das nicht die israelische Armee ist. Der Moment, der sich bei mir allerdings am meisten eingebrannt hat, war ein Besuch am Golan. Das hat mich lange beschäftigt, dieses Wissen, dass hinter diesem Berg Bürgerkrieg ist, den du vor diesem Berg nicht spürst. Das fand ich absolut absurd. Du weißt, das Land befindet sich im Kriegszustand. Das ist schwer zu verstehen für jemanden aus Mitteleuropa.

Baumschlager
© Dor Film

Was war die größte Herausforderung an „Baumschlager“?
Dass bei einer Hauptrolle der Fokus auf einem selbst liegt und dass man maßgeblich daran beteiligt ist, ob der Film funktioniert oder nicht. Das war schon eine Herausforderung. Kann man dieser Figur des Baumschlager über 100 Minuten folgen?

War es schwierig, auf Englisch zu drehen?
Ich habe das sehr genossen. Ich habe noch nie davor auf Englisch gedreht, hatte aber ein tolles Coaching und habe mich im Englischen weniger versprochen als im Deutschen lustigerweise. Vor allem spricht Baumschlager ja ein „Austrian English“, also musste nicht immer die grammatikalische Satzstellung stimmen, damit es österreichisch gefärbt bleibt.
Das Schöne am Film ist ja auch, dass vier unterschiedliche Sprachen gesprochen werden: Deutsch, Hebräisch, Englisch und Arabisch.

Wie geht es bei Ihnen weiter? Was sind Ihre nächsten Projekte?
Ich spiele jetzt wieder mit Manuel (Anm.: Rubey) „Gott & Söhne“ und habe die große Ehre, im Jänner die Glattauer-Verfilmung „Geschenkt“ drehen zu dürfen. Das freut mich insofern, weil der Typ, den ich da spiele, einmal ganz weit weg ist von mir selbst. Eine spannende Rolle.

Zum Film:
Der Nahostkonflikt als Komödie: Dieses Wagnis unternimmt der österreichische Humorspezialist Harald Sicheritz. Thomas Stipsits spielt in "Baumschlager" einen österreichischen UNO-Soldaten, der - als die Konfliktparteien in Nahost den Frieden ausrufen - zwischen die Fronten der frustrierten Kriegstreiber und seiner Geliebten gerät. Schließlich ist der so tollpatschige Baumschlager ein echter Weiberer. Und so hängt die Weltpolitik vom braven Blauhelm in Rot-Weiß-Rot ab. Ab 22. September im Kino.