Thomas Bernhard: Der Meistgehasste als Vielgeliebter

25 Jahre nach dem Tod des Dichters scheint sein Werk aktueller denn je

Fast jedes Jahr ist Thomas Bernhard-Jahr: 2011 sorgte der 80. Geburtstag für eine Flut von Neuerscheinungen und Gedenkfeiern. Drei Jahre später ist der Autor erneut präsenter als seine lebenden Kollegen: Am 12. Februar ist sein 25. Todestag. Noch immer erscheinen Bücher unter seinem Namen. Es werden Romane geschrieben, in denen er weiterlebt. Der einst Meistgehasste ist heute ein Vielgeliebter. 3sat zeigt anlässlich seines Todestages am Sonntag, den 16. Februar die Dokumentation "Das war Thomas Bernhard", "Fernsehdokumente 1967 - 1988."

von Thomas Bernhard © Bild: ORF

Thomas Bernhard wurde am 9. Februar 1931 in einem Heim für ledige Mütter im holländischen Heerlen geboren - was laut Bernhard Minister Piffl-Percevic bei der Staatspreis-Verleihung zur fälschlichen Behauptung gebracht hatte, er sei "ein in Holland geborener Ausländer". Dabei war seine Mutter Herta Bernhard extra vorübergehend nach Holland übersiedelt, um dem Gerede der Leute zu entkommen, aber auch der besseren Arbeitsmöglichkeiten wegen. Bereits nach wenigen Monaten kam der Bub zu den Großeltern in Wien in Pflege. Im Frühjahr 1935 übersiedelte er mit ihnen nach Seekirchen am Wallersee. Seinen Vater, der 1940 starb, lernte er nie kennen.

Traumatische Kindheit niedergeschrieben

Die traumatische Kindheit findet später in seinen fünf autobiografischen Büchern ("Die Ursache. Eine Andeutung", "Der Keller. Eine Entziehung", "Der Atem. Eine Entscheidung", "Die Kälte. Eine Entziehung", "Ein Kind") ihren Niederschlag. 1948 begann die Krankengeschichte Thomas Bernhards mit einer Erkältung. Er wurde mit Lungenentzündung in das gleiche Spital eingeliefert, in dem auch sein geliebter Großvater, der Dichter Johannes Freumbichler, lag und später starb. Für den Enkel begannen langwierige Aufenthalte in Krankenhäusern und Lungenheilstätten, eine Lungentuberkulose kam hinzu. Später war es eine Immunerkrankung, die in Bernhards letztem Lebensjahrzehnt eine starke Medikamentation notwendig machte.

Umschwung 1963

1957 schloss er ein Regiestudium am Mozarteum erfolgreich ab und verbrachte in den Folgejahren im Kreise anderer junger Künstler viel Zeit am Kärntner "Tonhof" des Ehepaars Lampersberg. Sein erster publizierter Roman, "Frost", brachte 1963 den Umschwung. Er wurde von dem renommierten deutschen Insel Verlag angenommen und ein durchschlagender Erfolg. Dies ermöglichte ihm den Kauf des Vierkanthofes in Ohlsdorf, in dem der aus ärmlichen Verhältnissen Stammende nach eigenem Geschmack eine herrschaftliche Existenz simulierte.

Eklat festigte Ruf

Sein zweiter Roman "Verstörung" und der Eklat bei der Staatspreisverleihung 1968 festigten nachhaltig Thomas Bernhards Ruf. 1970 begann mit der Uraufführung seines ersten Stückes "Ein Fest für Boris" in Hamburg die kontinuierliche Theaterarbeit Bernhards, die 18 abendfüllende Stücke und einige Dramolette hervorbrachte, sowie seine lebenslange Zusammenarbeit mit dem Regisseur Claus Peymann. Sein Sinn für das Theatralische ließ den studierten Regisseur Bernhard 1972 nicht nur den Salzburger "Notlichtskandal" entfachen, sondern auch zwei Jahre später mit Unterrichtsminister Fred Sinowatz über die Burgtheaterdirektion verhandeln.

Gesundheitliche Probleme

Die 70er und die erste Hälfte der 80er Jahre waren ungemein produktive Schaffensjahre, in denen ein gewaltiges Werk entstand, das in den Romanen "Alte Meister" und "Auslöschung" sowie in den Dramen "Der Theatermacher" und "Heldenplatz" gipfelte. Nach dem Tod seines "Lebensmenschen" Hedwig Stavianicek 1984 kämpfte Thomas Bernhard zunehmend mit schweren gesundheitlichen Problemen.

Buch konfisziert

1984 war auch das Jahr der Aufregungen um seinen Roman "Holzfällen. Eine Erregung", in dem sich das Ehepaar Lampersberg wiedererkannte. Lampersberg ging gerichtlich gegen die Verbreitung des Buches vor, das daraufhin konfisziert wurde. Vier Jahre später gingen im Zuge der "Heldenplatz"-Premiere am Burgtheater erneut die Wogen hoch. Die Uraufführung des Stückes am 4. November 1988 wurde zu einem Triumph für Bernhard und Peymann.

Thomas Bernhard starb am Morgen des 12. Februar 1989 in Gmunden und wurde vier Tage später im engsten Familienkreis am Grinzinger Friedhof beigesetzt. Erst danach wurde die Öffentlichkeit informiert. In seinem Testament verbat er sich jede Vereinnahmung durch den österreichischen Staat und untersagte Aufführung und Publikation seines Werkes in Österreich. Beides wird heute ignoriert. Heute gilt er als einer der größten Schriftsteller, die dieses Land je hervorgebracht hat, und schaffte es sogar in den aktuellen "Rolling Stone": Der "Godfather of Popliteratur" habe gerne Alben von Prince aufgelegt, heißt es dort. Thomas Bernhard dürfte auch weiterhin ein Thema bleiben.

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