"Wo bleibt der Schmerz?"

Susanne Zobl über die Premiere von Peter Turrinis "Sieben Sekunden Ewigkeit"

Historische Biographien vermögen oft nicht das Wesen eines Menschen zu vermitteln, wie es literarische tun. Peter Turrini nähert sich in seinem Einpersonenstück einer Frau, die durch eine Nacktszene in einem Film in den Dreißigerjahre zum Mythos geworden ist – Hedy Lamarr. Sandra Cervik stemmt den Kraftakt eines eineinhalb Stunden währenden Solos.

von
THEMEN:
Sieben Sekunden Ewigkeit © Bild: Sepp Gallauer

Ob ihrer Darstellung einer leidenschaftlich Liebenden, die sieben Sekunden kurz unbekleidet durch einen Wald läuft, erinnert man sich heute noch an die Schauspielerin Hedy Lamarr, die mit bürgerlichem Namen Eva Maria Kiesler hieß. Nach diesen „Sieben Sekunden Ewigkeit“ aus dem Film Ekstase“ (1933) hat Peter Turrini sein Stück benannt. Er gibt jedoch keine Antworten, sondern schlägt vor, wer diese Frau gewesen sein könnte, die sich am Ende ihres Lebens die Welt nur noch mit Hochprozentigem schön trinken will.

Sieben Sekunden Ewigkeit
© Sepp Gallauer

Ein roter, schräger Teppich mit mathematischen Formeln, Schaufensterpuppen, wie aus den Sechzigerjahren, (Bühne: Miriam Busch) reichen Regisseurin Stephanie Mohr. Sie vertraut auf Turrinis Text und ihre Solo-Darstellerin. Sandra Cervik agiert unter totaler Zurücknahme der eigenen Person ohne Eitelkeit. In den ersten Momenten tritt sie auf wie eine Hollywood-Diva aus den Dreißigerjahren. Ein Video zeigt immer und immer wieder ihren großen Auftritt, der ihr jedoch nur wenig zu Lebzeiten gebracht hat.

Sandra Cervik agiert unter totaler Zurücknahme der eigenen Person ohne Eitelkeit. Mit zurückhaltender Selbstentäußerung zeigt sie mit Mut zur Entstellung den gealterten Star, der möglicherweise gar keiner war, sondern eher eine Frau, die ein gutes Leben gefordert hat. Und als diese in Hollywood eine gequälte Mexikanerin darstellen soll und sie der Produzent fragt: "Wo bleibt der Schmerz", ahnt man zu verstehen, was die leibhaftige Lamarr erlebt haben muss, das sie gegen jedweden Schmerz gewappnet hat. Und das zeigt, was für ein großer Menschenversteher Peter Turrini ist.

Kommentare