"Wir wollen aufräumen"

Multimilliardär und Investor Naguib Sawiris spricht erstmals über seine Pläne

von Telekom - "Wir wollen aufräumen" © Bild: NEWS/Zach-Kiesling

Der Mobilfunk-Pionier weilte auf Einladung seines Partners, des Wiener Investors und Selfmade-Millionärs Ronny Pecik, in Österreich. Die beiden Unternehmer teilen Erfahrungen bei der Übernahme staatsnaher Konzerne, zeitweilige Rückschläge auf diesem Weg hinderten sie bisher nicht am letztlichen Erfolg. Als Partner besitzen sie derzeit über 20 Prozent und bald die Sperrminorität an der skandalgebeutelten Telekom Austria. Was Sawiris, der seine Kriegskasse kürzlich um 1,7 Milliarden Euro aufbesserte, in Österreich vorhat, verriet er im Gespräch mit NEWS.

NEWS: Herr Sawiris, fühlen Sie sich wohl in Österreich?
Naguib Sawiris: In Österreich habe ich mich immer wohl gefühlt. Die Menschen sind sehr freundlich. Ich habe viereinhalb Jahre in Zürich gelebt. Man spürt hier viel mehr Wärme als in der Schweiz. Wien ist eine großartig künstlerische Stadt mit all ihren Galerien. In Österreich kann man neue Freunde gewinnen. Die Schweizer sind stur, kleinlich und kalt.

NEWS: Sie leben derzeit in Paris?
Sawiris: Ich lebe in Kairo, in meiner Heimat. Meine Frau und meine Kinder wohnen derzeit in Paris, weil es in Kairo zu gefährlich für sie wäre.

NEWS: Für Sie ist es in Kairo nicht gefährlich?
Sawiris: Doch, sehr sogar. Aber man ist tapferer, wenn die Familie in Sicherheit ist. Ich könnte es nicht verantworten, wenn meinen Kindern etwas passiert.

NEWS: Wie alt sind Ihre Kinder?
Sawiris: Ich habe vier Kinder. Meine drei Töchter sind 12, 14 und 17 Jahre alt. Mein Sohn ist in Boston, er ist 19 Jahre alt. Kinder sind das Beste im Leben. Ich verstehe Ehepaare nicht, die keine Kinder haben.

NEWS: Sie haben gemeinsam mit Ihrem Partner Ronny Pecik in die Telekom Austria investiert. Können Sie sich vorstellen, als Investor dauerhaft in Österreich zu bleiben?
Sawiris: Ja, ich habe hier eine gute Möglichkeit entdeckt. Hier ist alles kleiner, es gibt nicht so viel Bewegung, und man braucht nicht so große Summen. Es ist sehr stabil, und dadurch sind die Risiken überschaubar. Man muss länger hierbleiben, um die Möglichkeiten auszuloten.

NEWS: Sehen Sie Ihr Telekom-Engagement auch langfristig?
Sawiris: Ich bin nicht jemand, der rein- und gleich wieder rausgeht. Man erzielt das beste Ergebnis nur, wenn man langfristig investiert bleibt.

NEWS: Was ist Ihr Ziel?
Sawiris: Mir macht es mehr Spaß, wenn man selbst mehr Wertschöpfung erreicht. Das ist ein besseres Gefühl, als wenn man mit Glück schnelles Geld macht. Mir wäre es lieber, wenn das eine ganz langfristige Sache wird. Natürlich stimme ich mich mit Ronny Pecik ab. Er ist ein ausgezeichneter Partner.

NEWS: Würden Sie investiert bleiben, auch wenn Pecik aussteigen sollte?
Sawiris: Natürlich, das ist eine Möglichkeit, falls Ronny aussteigen will.

NEWS: Sie bleiben?
Sawiris: Ja, sicherlich.

NEWS: Auf jeden Fall?
Sawiris: Nun, das gilt nicht, wenn ich merke, dass wir das Unternehmen nicht ändern können. Die Firma muss wettbewerbsfähiger werden.

NEWS: Sprechen Sie die jüngsten Skandale, Untersuchungen und Verdachtsmomente an?
Sawiris: Ich habe viel Erfahrung mit staatlichen und staatsnahen Unternehmen. Man trifft auf drei Merkmale: Korruption, Unfähigkeit, und sie agieren zu langsam. Der Staat ist normalerweise nirgends ein guter Manager. Denn niemand wirbelt Staub auf, es passiert nichts, und alle machen weiter wie bisher. Da muss erst ein privater Investor unter den Teppich schauen und die Arbeitsprozesse analysieren.

NEWS: Dieser Private wollen Sie gemeinsam mit Ihrem Partner Pecik sein?
Sawiris: Wenn die Regierung es zulässt, die Prozesse zu optimieren, aufzuräumen und für mehr Wertschöpfung zu sorgen, dann bleibe ich langfristig. Wenn sie sich zieren, wenn man das nicht will, wenn man blöd tut, dann gehen wir weg.

NEWS: So leicht kann man Sie wieder loswerden?
Sawiris: Nein, man kann mich nicht leicht loswerden. Das würde nur meinen Kampfgeist wecken. So ist mein Charakter.

NEWS: Deshalb bleiben Sie auch standhaft in Ägypten?
Sawiris: Ich bin der einzige Geschäftsmann, der gegen die Moslembruderschaft aufgestanden ist. Auch wenn die jetzt in die Regierung kommen und mir schaden können. Man muss im Leben Haltung beweisen. Ich will nicht, dass mein Land in die Hände von Extremisten fällt.

NEWS: Sie lassen sich weder als Investor noch als Mensch vertreiben?
Sawiris: Wenn man es darauf ankommen lassen will, fahre ich eine harte Linie. Das habe ich schon in Frankreich gezeigt. Denn entweder geht man den Weg des Kapitalismus konsequent oder man fängt besser gar nicht erst an.

NEWS: Was bedeutet Kapitalismus für Sie? Shareholder Value, also ausschließlich Maximierung für die Aktionäre, oder Stakeholder Value, also Gewinn für alle Beteiligten?
Sawiris: Ganz eindeutig: Letztendlich müssen alle etwas vom Erfolg haben.

NEWS: Auch die Mitarbeiter?
Sawiris: Auch die Mitarbeiter, aber nur die fleißigen und ehrlichen. Ich meine nicht die, die um 11 Uhr kommen und um 15 Uhr gehen. Das ist der Fehler des Sozialismus: Er stellt alle Arbeiter auf eine Stufe, aber es gibt Unterschiede. Manche faulenzen und stehlen. Denn warum gibt es Korruption vor allem in staatsnahen Unternehmen?

NEWS: Kann man Ihre Philosophie umsetzen, ohne die strategische Führung zu haben?
Sawiris: Die Antwort ist nein.

NEWS: Können Sie sich vorstellen, in Österreich zu leben?
Sawiris: Ich reise sehr viel, bin weltweit unterwegs. Aber ich kann mir gut vorstellen, hier ein Haus zu haben und viel Zeit in Österreich zu verbringen.

NEWS: Ein Aufsichtsratsmandat in der Telekom Austria würden Sie annehmen?
Sawiris: Ja, das würde ich.