Der Verschluss-Akt

Telekom-Prüfbericht: Bombe auf 1.500 Seiten - Aufsichtsrat unter Druck.

von Telekom-Affäre - Der Verschluss-Akt © Bild:

Seit 12. Oktober des Vorjahres sind die Forensik-Spezialisten Markus Brinkmann und Stefan Kühn mit 13 weiteren BDOKollegen im Einsatz. Das Ergebnis ist ein 1.500 Seiten starker Prüfbericht, der nun wenigen Verantwortlichen vorliegt. NEWS sprach mit einem von ihnen. NEWS weist darauf hin, dass keine Vertraulichkeitserklärung gebrochen wurde, da nicht der vollständige Bericht übermittelt wurde.

Verschlusssache
Fest steht, dass der Telekom-Prüfbericht so brisant ist, dass er umgehend der Staatsanwaltschaft übermittelt wird. Eine Reihe an Vorgängen und Vorwürfen ist strafrechtlich relevant. Sicher ist auch, dass derzeit kaum jemand Freude mit dem Bericht hat. Denn auch der Aufsichtsrat kommt durch diesen Bericht stark unter Druck. Haftungsklagen und Schadenersatzforderungen stehen im Raum. Nicht nur deshalb wurde der lange erwartete Bericht zur Verschlusssache erklärt.

Entlastung fraglich
Aufsichtsräte und Vorstandsdirektoren müssten um die Entlastung durch die Hauptversammlung am 23. Mai bangen. Und nicht nur das: Auch die Entlastung von Aufsichtsratsmitgliedern und Vorstandsdirektoren früherer Jahre könnte nichtig sein. "Die Entlastung bezieht sich immer auf den Wissensstand zur Zeit des Beschlusses. Werden neue Umstände bekannt, kann eine frühere Entlastung ungültig werden", erklärt Kleinanlegerschützer Wilhelm Rasinger im Gespräch mit NEWS.

Schadenersatz & Haftungen
Rasinger fordert, dass eine Zusammenfassung des Berichtes plus eine Übersicht über eingeleitete Maßnahmen bei der Hauptversammlung nächsten Mittwoch präsentiert wird. "Die Aktionäre wollen eine echte Aufarbeitung, weil sich die Telekom erst dann voll der Zukunft widmen kann, wenn die Vergangenheit geklärt ist. Dazu gehört, dass Themen aufgearbeitet, eventuell Haftungsklagen eingebracht und Schadenersatzforderungen gestellt sind", so der Obmann des Interessenverbandes für Kleinanleger.

Tatsächlich dürfte die Hauptversammlung nur sehr oberflächlich informiert werden. Man will die 1.500 Seiten durch drei Anwaltskanzleien auf nur 100 Seiten einkürzen lassen. Aber auch diese Version soll nicht zur Hauptversammlung gelangen. "Wenn man uns dort in einer Präsentation nur ein paar abstrakte Fallbeispiele vorführt, wäre das ein Affront", sagt Rasinger.

Ahnungslose Aufseher
Zu große Publizität könnte für den Aufsichtsrat peinlich wer den. Die Prüfer teilen das Gremium grob gesagt in zwei Gruppen: das bestimmende und informierte Präsidium, mit Vorsitzendem Peter Michaelis und seiner Vize Edith Hlawati, sowie die anderen sechs Mitglieder, die sich in vielen Belangen als "überraschend ahnungslos" erwiesen haben sollen. Fragen von einfachen Mitgliedern soll Michaelis nicht selten abgewürgt haben. Ob damit Aufsichtspflichten verletzt worden sind, wird geprüft.

Bei Hlawati wird zudem kritisiert, dass ihre Anwaltskanzlei CHSH als Berater der Telekom seit 2001 7,13 Millionen Euro verdient hat. Aufgefallen ist den Prüfern auch, dass einzelne Vorstandsdirektoren bevorzugt wurden. So war man zu Boris Nemsic "sehr großzügig", obwohl dieser "das Unternehmen in einer Krise fluchtartig verlassen" habe.

Die Schlaff-Milliarde
Die wichtigsten Akquisitionen der Telekom Austria waren für die Prüfer gelinde gesagt merkwürdig. So stellen sie die Frage, warum es bei der bulgarischen Mtel und der weißrussischen Velcom jeweils so hohe Wertsteigerungen zugunsten eines Konsortiums um den Investor Martin Schlaff gegeben hatte. Schlaff und Konsorten kauften sich bei den Mobilfunkern, an denen die Telekom Interesse hatte, ein und gab die Pakete später gegen kräftige Aufschläge weiter.

Das Schlaff-Konsortium soll mit den Deals gut eine Milliarde Euro Gewinn erzielt haben. Kritisiert wird die "Nähe" von Generaldirektor Heinz Sundt zum Konsortium, war er doch sogar Aufsichtsrat der Mtel, bevor die Telekom dort eingestiegen ist. Der Verdacht der Bestechung einzelner Telekom-Manager konnte nicht erhärtet werden. Gerüchte um Deals mit Immobilien-Optionen konnten nicht belegt werden.

Bevorzugte Zulieferer
Ein großes Thema sind die Telekom-Ausrüster. Vor allem Alcatel-Lucent scheint als einer der wichtigsten Zulieferer der Telekom Austria auf, obwohl er nicht zu den günstigen Anbietern zählt. Die Prüfer bemerkten auch große personelle Nähe: So waren zahlreiche Telekom-Mitarbeiter früher bei Alcatel. Sogar ein ganzes Forschungsteam wechselte zur Telekom. Der Chef von Alcatel-Lucent Österreich ist ÖVP-Politiker Harald Himmer, gegen den wegen der "Blaulichtfunk"-Vergabe ermittelt wird.

Family-Business
Ausgezeichnet verdient haben einige Ehefrauen und Familienmitglieder von Telekom-Managern über Beraterverträge mit Zulieferern. Hier besteht der Verdacht, dass es sich in Wahrheit um Schmiergelder handeln könnte. Sachverhaltsdarstellungen werden eingebracht. Andere sollen sich Teile ihrer Privathäuser über die Telekom bzw. über Telekom-Lieferanten finanziert haben.

Immobilien-Sumpf
Erschreckende Betrugsfälle wurden in dem von Gernot Schieszler verantworteten Bereich der Telekom-Immobilien geortet. Gegen den damaligen Immobilien-Chef Erich Z. laufen bereits Ermittlungen. Ihm wird vorgeworfen, parallel zu seiner Managertätigkeit in der Telekom ein Firmennetzwerk mit aufgezogen zu haben, das ausgezeichnet von Telekom-Aufträgen gelebt hat. Diese Aufträge konnte Z. offenbar mitgestalten. Eine Mitarbeiterin der Firmengruppe sagte aus, dass sie Scheinangebote auf fremdem Firmenpapier verfassen musste, um teurere Konkurrenzanbote vorzugaukeln.

Brisant liest sich die eidesstattliche Erklärung dieser Mitarbeiterin: "Wiederholter Besucher unseres Büros, der auch sehr freundschaftlich gegenüber der geschäftsführenden Gesellschafterin und Herrn Z. auftrat, war der damalige Finanzvorstand der Telekom Austria Gernot Schieszler, der Vorgesetzter von Herrn Z. war." Schieszler hat zudem Bargeld beispielsweise an den Banker Johann Wanovits übergeben, wobei Angaben über empfangene und übergebene Summen nicht übereinstimmen.

Optionsprogramm mit Fehlern
Einen besonders fatalen Fehler hat der damalige Finanzvorstand Stefano Colombo begangen. Er setzte jenes Aktien-Optionsprogramm auf, an dem über 100 Manager partizipierten und wegen dem eine Kursmanipulation stattgefunden hat. Die Telekom-Manager verdienten nur bei hohem Aktienkurs (über 11,70 Euro). Das Programm war jedoch über Optionen bei Merrill Lynch so abgesichert, dass Merrill Lynch Millionen verdiente, wenn der Kurs möglichst tief unter 11,70 Euro blieb. So hatten beide Seiten nachweislich versucht, den Kurs zu manipulieren.

Mangelnde Kooperation
Auch der aktuelle Finanzvorstand Hans Tschuden wird von den Prüfern kritisiert. Er soll sich als wenig kooperativ erwiesen haben. Ganz anders kommt hingegen Generaldirektor Hannes Ametsreiter weg: Seine Rolle wurde besonders genau geprüft – und es gab offenbar keine substanziellen Vorwürfe. Damit dürfte zumindest der aktuelle Generaldirektor fest im Sattel sitzen.

Kommentare

christian95 melden

So wie überall beim Staat oder staatsnahen Betrieben wurden auch bei der Telekom Parteigünstlinge im Proporz mit hochbezahlte Jobs versorgt.

Hauptsache das Parteibuch stimmt, damit war man mehr als ausreichend qualifiziert.

RobOtter
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Re: So wie überall beim Staat oder staatsnahen Betrieben Danke für Deine hochqualifizierte Analyse....

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Telekom Bombe Der Fisch beginnt immer am Kopf zu stinken.

AdLa melden

Re: Telekom Bombe Den Kunden werden die Tarife erhöht, und die Manager bedienen sich mit dem Geld wieaus einem Sautrog. Aber wer frisst aus einem Sautrog ? nur Schweine!

Oliver-Berg
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Re: Telekom Bombe Nicht umsonst hieß der Manager, der das ganze aufgezogen und Gernot Schieszler gefördert hat, schlicht und einfach "Fischer" mit Nachnamen. Schelm ist wer jetzt böses denkt.

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