Der Ofczarek-Tatort
spaltet die Gemüter

Pro und Contra: Vom genialen Unsympathler bis zur unfähigen Kommissarin

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Tatort © Bild: ORF/ARD/Bettina Müller

PRO: Der genial unsympathische Psychokiller in Unterhemd und Unterhose

Im gestrigen Tatort gab Nicolas Ofczarek wieder mal den psychisch kranken Unsympathler. Mit Bravour mimte er Alexander Nolte, einen Psychopathen, der nach dem Mord an seiner Freundin frühzeitig aus der Haft entlassen wurde. Wegen guter Führung oder, besser gesagt, guter Beziehung. Und zwar zu seiner Psychotherapeutin. Alexander Nolte hat nämlich eine Beziehung mit seiner Therapeutin Helene Kaufmann, gespielt von Ursina Lardi.

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© ORF/ARD/Bettina Müller Nolte lässt seinen Frust an einem Unschuldigen aus

Dann wäre da noch die Hauptkommissarin Anna Janneke (Margarita Broich), die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird, während sie den Mord an einem Obdachlosen aufzuklären versucht. Was die immer gestresste Kommissarin erst im Laufe der Zeit begreift: Ihr Peiniger Alexander Nolte ist gleichzeitig auch der Mörder, nach dem sie sucht. Brisantes Detail am Rande: Auch Janneke hatte einmal eine intime Beziehung zu Nolte. Das war allerdings noch vor ihrer Zeit als Kommissarin. Damals arbeitete sie als Polizeipsychologin und erprobte in einer Art "Selbstversuch", welchen Effekt es wohl haben würde, wenn sie mit ihrem Klienten Geschlechtsverkehr hätte. Das Ergebnis: Der Bösewicht wanderte in den Knast. Zwanzig Jahre musste Nolte absitzen. Und als er rauskam, hatte natürlich nichts anderes im Sinn, als sich an jener Frau zu rächen, die für die verlorenen Jahre verantwortlich war.

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© ORF/ARD/Bettina Müller Die Antipathie in Person

Die Rolle des koksenden Bösewichts in Unterhose, Unterhemd und mit Tschick im Mundwinkel setzt Nicolas Ofczarek um wie kein anderer. Selbst die Geschichte des armen Buben, der bloß das Opfer seiner sozialen Herkunft ist (Stichwort gewalttätiger Vater und eine Mutter, die es bereut, nicht abgetrieben zu haben), will man ihm glauben. Wenn auch nur für kurze Zeit. Denn sofort verwandelt sich Ofczarek wieder in den rachsüchtigen Psychopathen. Auf der anderen Seite die Kommissarin, die den Weg des Lonely Ryders beschreitet. Nicht nur von der Vergangenheit, sondern auch vom tristen Berufsalltag eingeholt, ermittelt die nach außen hin abgestumpfte und von der Menschheit im Allgemeinen enttäuschte Kommissarin lieber auf eigene Faust.

Nicht ganz glaubwürdig allein das Ende: Welche Frau, die halbwegs bei Verstand ist (und das sollte eine Psychotherapeutin doch sein), begibt sich mit voller Absicht in die Höhle des Löwen? So kann man als Zuseher nicht nachvollziehen, warum die Therapeutin Helene Kaufmann nicht schlicht und einfach die Flucht ergreift, als sie bemerkt, dass ihr potenzieller Mörder in ihr Haus eingedrungen ist. Denn die Flucht wäre durchaus möglich gewesen. Stattdessen stellt sie sich aber dem Kriminellen. Aus Mut? Wohl kaum. Aus Dummheit? Schon eher. Inhaltlich unpassend? Auf jeden Fall. Ein kleiner Wermutstropfen in dem ansonsten rundum gelungenen Tatort. (Klara Vakaj)

CONTRA: Wenn die Kommissarin den Zuschauer zur Weißglut treibt

Ein Tatort mit Nicholas Ofczarek als Bösewicht Alexander Nolte und mit ordentlich Psychodrama – da waren die Erwartungen groß. Das Positive vorne weg: Der Österreicher hat seinen Part 1a erledigt. Zum Fürchten! Herrlich unheimlich! Was für eine Erleichterung, als er endlich tot und regungslos am Boden liegt, und alle wieder ruhig schlafen können! Lob auch für Wolfram Koch, der Paul Brix (den neben Ofczarek zur Nebenrolle verkommenen Kommissar) mit lässiger Bodenhaftung gegeben hat. Alles einwandfrei.

Abgesehen davon ging es schauspielerisch (und drehbuchtechnisch) rapide bergab. Tiefpunkt: Anna Janneke. Sie war die wohl unglaubwürdigste Tatort-Kommissarin seit langem. Ob das Darstellerin Margarita Broich selbst so empfunden hat und sie ihre Rolle deshalb so unfassbar unauthentisch runtergespielt hat?

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© ORF/ARD/Bettina Müller Hauptkommissarin Janneke und ihr Kollege Paul Brix

Als Zuschauer wollte man zwischendurch am liebsten ins Geschehen eingreifen und die Gute wachrütteln. Hallo? Du wirst von einem Mörder, den du hinter Gitter gebracht hast, gestalkt. Anstatt Vorgesetzte und Kollegen einzuweihen, gibst du dich allen gegenüber, die dir helfen könnten, ruppig und unnahbar. Ermittelst auf eigene Faust. Rechtfertigst dich mit solch einer schwachen Rhetorik, dass sogar der Zuseher, der weiß, was abgeht, dich für unfähig hält. Bist nicht besonders überrascht, als der Bösewicht dir zu Hause auflauert. Nein, es kommt noch besser. Du nimmst ihn auch noch in der Nacht mit rauf in deine Wohnung, lässt ihn alleine in deinem Bad, drehst ihm den Rücken zu, während ihr redet. Dass er sich irgendwann ein riesiges Küchenmesser holt – mein Gott, das kann passieren. Dass du dann endlich mal die Waffe zückst und dann doch nicht abdrücken kannst, selbst als dein eigenes Leben in Gefahr ist - ist doch eh nicht so richtig unglaubwürdig, oder? Man fühlte sich laufend an diesen "Tu’s nicht!"-Klassiker in einem schlechten Horrorfilm erinnert, wenn ein Mädchen allein in das leere Haus oder den dunklen Wald spaziert und ganz klar ist, dass sie die kommenden drei Minuten nicht überleben wird.

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© ORF/ARD/Bettina Müller Alexander Nolte am beinahe mörderischen Werk

Weiterer Kopfschüttel-Moment: Als Nolte die Katze der Kommissarin tötet und vor der Wohnung drapiert, wird mal eine Runde geweint. Aber die Kollegen einweihen oder anrufen? Muss ja nicht sein. Lieber erzählt man nebenbei eingestreut, dass man bei dem ersten Mordprozess vor zwei Jahrzehnten mit dem Psychokiller Sex hatte (aus Recherchegründen, natürlich, eh klar, um ihn zum Reden zu bringen). Dass Kollege Brix das nicht ganz nachvollziehbar findet, bringt ihm einen lautstark vorgetragenen Tadel von Janneke ein. Wie kann man sich über so etwas auch nur wundern? So unkollegial.

Janneke und Nolte als Gegenspieler. Es hätte ein wunderbares Duell werden können. Wenn die Drehbuchschreiber Broich nicht solch eine Schwachsinnsrolle vorgesetzt hätten. Schade drum. Mit einer starken, nachvollziehbar agierenden Kommissarin hätte man als Zuschauer mitgefiebert. Und nicht laufend überlegt, ob man abschalten und Sonntag Abend einfach mal früher ins Bett gehen sollte. (Susanne Jelinek)

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© ORF/ARD/Bettina Müller Alexander Nolte als der vermeintlich zu Unrecht Beschuldigte

Kommentare

xillomirko melden

Wie die meisten derzeitigen Fernsehproduktionen einfach nur SCHEISSE !!!

strizzi1949
strizzi1949 melden

Und Sie schauen sich diese Scheiße an? Sind Sie scheißesüchtig?

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