Grasser-Prozess:
Berufung gilt als sicher

Am 71. Tag im Grasser-Prozess herrschte heute, Donnerstag, volles Haus im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts.

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Tag 71 - Grasser-Prozess:
Berufung gilt als sicher

Das lag allerdings nicht an der Brisanz des Themas, vielmehr führte Richterin Marion Hohenecker Protokollberichtigungen durch - sprich die bisherigen Gerichtsprotokolle wurden von Richtersenat, Ankläger und Angeklagten auf Richtigkeit überprüft.

Berichtigt wurden dabei oft nur Tipp- oder Beistrichfehler. Manchmal wurde zur Klarstellung die Tonaufnahme der damaligen Verhandlung abgehört. Dazu waren wieder die Angeklagten der Hauptverhandlung in der Causa Buwog anwesend - also auch jene, die im laufenden Telekom-Valora-Verfahren nicht angeklagt sind.

Hier wird es etwas kompliziert: Das Telekom-Verfahren ist im Grasser-Buwog-Prozess eingebettet, solange die Causa Telekom abgehandelt wird, ist die Causa Buwog unterbrochen, d.h. Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und zahlreiche weitere Angeklagte der Causa Buwog müssen nicht vor Gericht erscheinen. Um Fristen einzuhalten, wurde allerdings heute dieser Protokollberichtigungstag zur Causa Buwog eingeschoben, bei dem nun wieder (fast) alle Angeklagten vor Gericht erscheinen mussten.

Nicht anwesend waren heute der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Vermögensberater Norbert Wicki. Plech ist erkrankt und musste daher seit Monaten nicht mehr auf der Anklagebank Platz nehmen. Der erkrankte Schöffe, wegen dem der gestrige Verhandlungstag ausgefallen ist, war heute wieder hier: Sechs Schöffen - zwei Hauptschöffen und vier Ersatzschöffen - sitzen seit dem ersten Prozesstag jede Minute der Verhandlung im Gerichtssaal.

Richterin: "Wir sehen einander nächstes Jahr"

Nach dem heutigen Prozesstag, der nicht einmal zwei Stunden dauerte, geht das Verfahren in die Weihnachtspause. Als nächster Verhandlungstermin ist der 29. Jänner 2019 angesetzt. Dieser Termin ist ebenfalls noch der Protokollberichtigung gewidmet. Dann soll es wieder mit der Causa Telekom-Valora weitergehen, in der die Zahlungen der teilstaatlichen Telekom Austria an Politiker und deren Umfeld über den Lobbyisten Peter Hochegger abgehandelt werden. Die Befragung von Hochegger muss noch abgeschlossen werden.

Anschließend will die Richterin das eingeschobene Faktum zur Villa von Walter Meischberger behandeln.

Ist diese Causa abgeschlossen, sollen dann die Zeugen geladen werden. Wahrscheinlich gebe es am 19. Februar den Beschluss auf Eröffnung des Beweisverfahrens, kündigte die Richterin heute zum Schluss der Verhandlung an. "Wir sehen einander nächstes Jahr."

Prozessbeobachter erwarten ein Urteil nicht vor Jahresende 2019. Der Prozess dauert nun schon über ein Jahr.

Berufungsverfahren

Für die Angeklagten geht es nicht nur um eine drohende Haftstrafe, sondern auch um erhebliche Schadenersatzforderungen durch die Telekom Austria sowie den Immobilienkonzern CA Immo und die Republik. Die CA Immo unterlag im Bieterverfahren um die Buwog, das laut Anklagebehörde rechtswidrig verlief. Sollten die Angeklagten verurteilt werden, will sich die CA Immo bis zu 200 Mio. Euro zurückholen, so deren Rechtsvertreter in der Vergangenheit. Wäre das Geld von Grasser und Mitangeklagten nicht einzubringen, könnte sich die CA Immo am Staat schadlos halten, da Grasser als Finanzminister ein Beschäftiger der Republik war.

Dass es mit einem Urteil des Richtersenats getan ist, glauben Prozessbeobachter ohnehin nicht. Ein Berufungsverfahren in diesem Riesenprozess gilt als sicher.

Der Prozessverlauf im Überblick

1. Verhandlungstag: Rundumschlag der Verteidiger
2. Verhandlungstag: Republik will 9,8 Millionen Euro zurück
3. Verhandlungstag: Plädoyer von Grasser-Anwalt Wess
4. Verhandlungstag: Hochegger belastet Grasser massiv
5. Verhandlungstag: Grasser äußert sich zu Hocheggers Teilgeständnis
6. Verhandlungstag: Hochegger: "War Teil dieses Systems"
7. Verhandlungstag: Hochegger-"Scheinrechnungen" & "Briefkastenfirmen"
8. Verhandlungstag: "Ohne Karl-Heinz hätten wir das nicht geschafft"
9. Verhandlungstag: "Peter, wir gewinnen das"
10. Verhandlungstag: Die Freimaurer-Spur
11. Verhandlungstag: Petrikovics entlastet Grasser
12. Verhandlungstag: "Geheimagent" Hochegger
14. Verhandlungstag: Petrikovics verteidigt Geheimhaltung der Provision
15. Verhandlungstag: "Die Kärntner Wohnungen wollte keiner"
16. Verhandlungstag: Starzer: "Das ist alles erlogen"
17. Verhandlungstag: "Das darf man nicht mal im Kino"
18. Verhandlungstag: Thornton: "Ich war schlicht ein Bote"
19. Verhandlungstag: "Enttäuscht und belogen"
20. Verhandlungstag: Thornton scheidet aus Verfahren aus
21. Verhandlungstag: Zahlung an Meischberger auf Weisung
22. Verhandlungstag: Meischbergers Leistung im Fokus
23. Verhandlungstag: Kurzer Verhandlungstag zu Bestechungsverdacht
24. Verhandlungstag: 200.000 € waren "kein Schmiergeld"
25. Verhandlungstag: Die Schöffen werden immer weniger
26. Verhandlungstag: Vom "Lustsog" zur Übersiedlung ins Linzer Hochhaus
27. Verhandlungstag: Befragung um Rechnung dreht sich im Kreis
28. Verhandlungstag: Erkrankter Makler Plech rückt in den Fokus
29. Verhandlungstag: Zweitangeklagter Meischberger teilt aus
30. Verhandlungstag: Meischberger: Haider auf Grasser "eifersüchtig"
31. Verhandlungstag: Meischberger auf den Spuren der Logik
32. Verhandlungstag: Meischberger: Geld reiste rund um den Globus
34. Verhandlungstag: Meischberger rätselt über Liechtenstein-Konten
35. Verhandlungstag: Meischberger: Grasser drehte durch
36. Verhandlungstag: Meischberger beschreibt Zerwürfnis mit Grasser
37. Verhandlungstag: Lauschangriff der Justiz verärgert Meischberger
38. Verhandlungstag: "Fest den Schüssel schützen"
39. Verhandlungstag: Meischberger am 10. Tag in Folge am Wort
40. Verhandlungstag: Meischberger ungewohnt schweigsam
41. Verhandlungstag: Liebeserklärung im Gerichtsprozess
42. Verhandlungstag: Grassers erste Einvernahme
43. Verhandlungstag: Grasser steht weiter Rede und Antwort
44. Verhandlungstag: Drei (Schwieger-) Mütter und viele Konten
45. Verhandlungstag: Ex-Minister zeigt Grüne und Journalistin an
46. Verhandlungstag: Grasser: "Für mich war es eine Katastrophe"
47. Verhandlungstag: Grasser: "Beruf ist Beruf, privat ist privat"
48. Verhandlungstag: Das "Comeback" des Karl-Heinz Grasser
49. Verhandlungstag: "Science Fiction"
50. Verhandlungstag: Grasser hüllt sich in Schweigen
51. Verhandlungstag: Grasser-Befragung geht in die Endrunde
52. Verhandlungstag: Grasser: "Bin aus allen Wolken gefallen"
53. Verhandlungstag: Dicke Kuverts und leere Kreditkarte
54. Verhandlungstag: Toifl: "Da rollt einiges auf uns zu"
55. Verhandlungstag: Meischbergers Anwalt kümmerte sich um Konten
56. Verhandlungstag: Meischbergers Ex-Anwalt um Erklärungen bemüht
57. Verhandlungstag: "Verträge sind zu finden und abzustimmen"

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