Die SUV-Garantie

Ob Rettungsschirme, Klimawandel oder Corona: Die Anliegen junger Menschen und künftiger Generationen werden in den großen aktuellen Debatten viel zu wenig berücksichtigt.

von Anna Gasteiger © Bild: News/Ricardo Herrgott

Hier erinnert gerade alles sehr an Frühling 2020. Homeoffice, aus dem Nebenzimmer dröhnt Hörspiellärm, und alle paar Minuten steht das Kind da und fragt nach, weil es irgendein (bundes-)deutsches Wort nicht verstanden hat. Mama, was ist ein Bommel oder Hommel, Tier mit Schere? Es stellt sich dann heraus, sie meinte Hummer. Also. Schulbeginn diesmal nur auf dem Papier, wegen eines positiven Coronatests, denn die Pandemie ist für alle abgeschafft, nur für Kindergarten-und Volksschulkinder nicht. Die müssen, weil es ihnen nicht zuzumuten sei, den ganzen Tag Maske zu tragen, zu Hause bleiben.

Nein, entschuldige, müssen sie nicht, wie der Bildungsminister jüngst im News-Interview zu dozieren wusste: Sie können auf den Spielplatz gehen, so sie zwei Meter Abstand zu anderen Kindern halten, sie können theoretisch Shoppen gehen, mit Maske, oder Eis essen an den letzten schönen Sommertagen, aber in die Schule dürfen sie nicht. Deswegen liegt das Kind jetzt gesund, oder zumindest symptomfrei, früher nannte man das gesund, im Bett herum und hört sich durch das Spotify-Hörspielangebot, anstatt sich in den ersten Schultagen einen Platz neben der besten Freundin zu suchen, von den Ferienerlebnissen zu berichten und Heftumschläge zu basteln.

Die Regel, dass Kinder auch symptomfrei mindestens fünf Tage Schule und Kindergarten fernbleiben müssen, soll dem Schutz dienen. Aber wessen Schutz eigentlich? Nicht dem der Kinder jedenfalls, oder nur sehr eingeschränkt. Kinder wurden und werden seit Beginn der Pandemie systematisch benachteiligt. Sie müssen herhalten, damit der Rest der Gesellschaft machen kann, was er will. In der U-Bahn Maske tragen oder auch nicht, positiv getestet bei der Arbeit eine Maske tragen oder auch nicht, überprüft eh keiner. Aber in den vergangenen fünf Schulsemestern wurde keine einzige Maßnahme getroffen, die es Kindern jetzt ermöglichen würde, trotz einer symptomlosen Corona-Infektion ihrem Alltag nachzugehen.

»Kinder wurden und werden seit Beginn der Pandemie systematisch benachteiligt«

Es gibt ja so viel Wichtigeres zu tun. Riesen-Rettungsschirme über alles und jeden spannen zum Beispiel. Der warme Geldregen, den die Regierung so bereitwillig ausgießt -anlässlich der Gaskrise, aber eigentlich seit Pandemie-Beginn -trifft auch viele, die es auch ohne Unterstützung ganz gut geschafft hätten. Die Botschaft ist klar: Ihr sollt euer Leben nicht ändern müssen. Alles bleibt, wie es ist. Der Pool, die Sauna, der Riesen-SUV, alles drin. Man weiß nicht, was den künftigen Generationen mehr wehtun wird. Die Schuldenberge, die sie erben? Oder das Versprechen der Politik, dass sich nie und für niemanden etwas ändern muss, weil der Rabiat-Lifestyle, den die westlichen Gesellschaften seit 50 Jahren pflegen, ein Anrecht ist, das jede Rücksichtnahme auf die Anliegen künftiger Generationen unnötig macht?

Der Umgang mit Kindern in der Pandemie zeigt diese Haltung im Kleinen auf. Ein Kind, das heuer in die 4. Klasse Volksschule kommt, hat noch kein einziges Schuljahr ohne Corona-Restriktionen erlebt (und erlebt sie, siehe oben, noch). Wird interessant zu sehen, was diese Kids sagen, wenn sie sich in 20 Jahren mit klimawandelbedingter Dürre, Ernteausfällen etc. herumschlagen dürfen.