Südkorea: Zwischen
Traditionen und Hightech

Kultur, Natur, gutes Essen, hilfsbereite Menschen und die spektakuläre Kirschblüte: ein Roadtrip durch Südkorea.

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Traditionen und Hightech © Bild: Getty Images
© iStockphoto.com Der Gyeongbokgung-Palast (Palast der "Strahlenden Glückseligkeit") in Seoul

Eine Reise durch Südkorea beginnt so gut wie immer am internationalen Flughafen Incheon. Denn die einzige Möglichkeit, über den Landweg dorthin zu gelangen, wäre über Nordkorea. Die 248 Kilometer lange Grenze vom Gelben Meer im Westen bis ans Japanische Meer im Osten ist allerdings gesperrt und zählt zu den am besten bewachten der Welt, da sich Nord-und Südkorea offiziell nach wie vor im Kriegszustand befinden.

© Getty Images/JongYoung Kim In Südkoreas Hauptstadt Seoul leben knapp zehn Millionen Menschen

Von der ständigen Bedrohung aus dem Norden bemerken Besucher der Hauptstadt Seoul, die nur rund 50 Kilometer von der Grenze und damit in unmittelbarer Reichweite der nordkoreanischen Raketen liegt, nur wenig. Einzig die ständige Präsenz des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un in den südkoreanischen Medien und die Hinweise an den Bushaltestellen, dass es durch Demonstrationen zu Verspätungen kommen kann, weisen auf die politisch angespannte Lage hin. Demonstriert wird tatsächlich oft, etwa für die Freilassung von in Nordkorea inhaftierten Südkoreanern. Aber auch gegen die eigene Regierung und für mehr Arbeiterrechte gehen regelmäßig Zehntausende auf die Straße.

© iStockphoto.com Jeden Frühling blühen in Südkorea Zehntausende Kirschbäume

In der Zehn-Millionen-Einwohner-Metropole Seoul trifft Tradition auf Moderne. Bauten wie der 1395 errichtete Gyeongbokgung-Palast stehen neben Wolkenkratzern. Am Namdaemun-Markt drängen sich Menschenmassen in den engen Gassen und rund um die offenen Garküchen, um frittierten Oktopus oder Gimbap (gefüllte Reisröllchen) zu verspeisen. Und während vor dem Deoksugung-Palast die Wachablöse in traditionellen Gewändern stattfindet, stehen nur wenige Meter weiter die Angestellten der nationalen und internationalen Konzerne im schicken Business-Outfit Schlange, um ihren Coffee to go entgegenzunehmen.

Kaffee und Klos

Kaffee ist allgegenwärtig in Korea. Es gibt ihn nicht nur in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen, sondern auch ausgefallene Kreationen wie mit einem Selfie bedruckter Milchschaum sind erhältlich. Gewöhnungsbedürftiger ist es, das Getränk aus einer Tasse in Form einer Toilettenschüssel zu konsumieren. Doch irgendwie scheint es in Korea nicht nur einen Kaffee-, sondern auch einen Klo-Kult zu geben. So haben die Hightech-Toiletten auch eine Vielzahl von Knöpfen, etwa um den Sitz auf die gewünschte Temperatur zu bringen.

© iStockphoto.com Nicht für Tee-Liebhaber einen Besuch wert: die riesigen Grünteeplantagen in Boseong

Im Seouler Stadtteil Insa-dong, der vor allem für seine Fußgängerzone mit koreanischen Teehäusern und kleinen Geschäften, die Keramik und edles, handgeschöpftes Hanji-Papier verkaufen, bekannt ist, verspricht das "Poopoo-Land" eine Reise durch den menschlichen Verdauungstrakt. Und in Suwon, etwa eine Fahrstunde südlich von Seoul, lockt gleich ein ganzer Toilettenpark Besucher an. Selbst das Museums-Gebäude hat hier aus der Vogelperspektive die Form eines Klos.

Demilitarisierte Zone

Von Seoul aus ist es nur rund eine Stunde bis zur demilitarisierten Zone (DMZ), jenem zwei Kilometer breiten Streifen, der beiderseits der Grenze eingerichtet wurde. Etliche Veranstalter, die teilweise mit dem optimistischen Slogan "Besuchen Sie die DMZ, bevor es zu spät ist" werben, bieten Touren in diese nicht ungefährliche Gegend an. Rote Dreiecke am Straßenrand warnen davor, das Gelände abseits der Wege zu betreten. Denn noch sind nicht alle Landminen in diesem Streifen entdeckt und entschärft. Besichtigt wird zunächst ein Angriffstunnel, der von den Nordkoreanern gegraben wurde. Im Falle eines Einmarsches hätten durch diesen 10.000 Soldaten in einer Stunde in den Süden gelangen sollen. Es folgen ein Aussichtsturm, der einen Blick in den abgeschotteten Norden ermöglicht, und ein moderner Bahnhof, in dem irgendwann einmal die Züge aus Nordkorea eintreffen sollen. Diese Touren von Seoul aus sind sehr gut gebucht.

© iStockphoto.com Der Bahnhof Dorasan ist fertig. Irgendwann sollen von hier Züge nach Nordkorea fahren

Ruhiger geht es in der DMZ nahe Goseong im Osten des Landes zu. Der Touristenansturm ist deutlich geringer. Es gibt hier ein Museum, das die Besucher zurück in die Zeit des Koreakrieges (1950-1953) versetzt, und vom "Unification Observatory" sehen die Besucher bis in die nordkoreanischen Diamantberge.

Wandern und Golfen

Unweit von Goseong befindet sich auch einer der schönsten und bestbesuchten Nationalparks des Landes: der Seoraksan- Nationalpark. Vor allem an den Wochenenden kommen viele Menschen aus der Hauptstadt zum Wandern hierher. Denn Gesundheit und Fitness stehen in Korea hoch im Kurs. Der "Große Buddha der Wiedervereinigung" begrüßt die Gäste am Eingang des Tals. Viele Besucher verbeugen sich vor ihm, obwohl mehr als die Hälfte der Südkoreaner konfessionslos sind. Größte Religionsgruppe im Land sind mit 28 Prozent die Christen, gefolgt von 16 Prozent Buddhisten. Sieben Prozent der Einwohner gehören der koreanischen Schamanenreligion an.

© iStockphoto.com Nirgends kommt man der Grenze zu Nordkorea so nah wie in der DMZ

Die beliebtesten Wanderwege im Nationalpark wie jener zum Ulsanbawi sind wunderschön und gut beschildert, aber aufgrund der Steigungen und vielen Stufen ist durchaus Kondition notwendig. Neben Wandern ist Golf in Korea überaus populär. Rund 250 Golfplätze gibt es im Land.

© Shutterstock.com Der Ulsanbawi im Seoraksan-Nationalpark ist ein beliebtes Wanderziel

Passiv wird vor allem Baseball gerne konsumiert -und natürlich Fußball. Schließlich spielt Heung-min Son, der als bester Spieler Asiens ausgezeichnet wurde, beim englischen Verein Tottenham, der es heuer ins Champions-League-Finale schaffte. Dem 26-jährigen Fußballer ist mit der "Super-Son Time" sogar eine eigene Vorabendshow im koreanischen TV gewidmet. Täglich werden die besten Szenen aus Sons Spielen gezeigt.

Zug, Bus oder Auto

Korea hat ein gut ausgebautes Busnetz, und die KTX-Hochgeschwindigkeitszüge verbinden die wichtigsten Metropolen. Aber auch das Mieten eines Autos ist in Korea für Ausländer möglich. Voraussetzung: ein internationaler Führerschein, ein englischsprachiges Navi und gute Nerven. Das Verkehrsaufkommen ist in und um die Großstädte sehr hoch, die Parkplatzsituation eher angespannt. Viele Autolenker haben daher kleine, hellblaue Abstandhalter an ihren Pkw montiert, um Parkschäden zu vermeiden.

© Getty Images/Samer Lahoud Der Haeundae-Strand in Busan zählt zu Koeras schönsten Stränden

Die Autobahnen sind jedenfalls bestens ausgebaut. Das offizielle Tempolimit liegt bei 100 Stundenkilometern. Gefahren wird allerdings, was das Auto bzw. der Lkw hergibt, um dann kurz vor den stets im Vorfeld angekündigten Radarboxen abrupt abzubremsen. Auch eine Fahrt durch die zahlreichen Tunnels -Südkoreas Landesinnere ist von Bergen durchzogen -ist gewöhnungsbedürftig: Sirenen ertönen, Blinklichter leuchten wie wild, und über einen Lautsprecher erschallen Durchsagen. Ein Notfall? Nein. Maßnahmen, um zu verhindern, dass die Fahrer einschlafen.

Moderne Raststationen

Ein Halt an einer der Autobahn-Raststationen lohnt sich übrigens durchaus. Von außen eher unscheinbar, befindet sich im Inneren eine riesige Halle mit Hunderten Tischen und Sesseln und an einer Seite offene Küchen und die Essensausgabe. Bestellt wird über einen Touch-Screen, bezahlt mit der Karte. Und dann beginnt mit der ausschließlich koreanisch bedruckten Bestellbestätigung die Suche nach dem richtigen Essen. Bei welcher der zahlreichen Essensausgaben wird es kommen? Und was genau hat man eigentlich ausgewählt? Wären die Koreaner nicht so überaus freundlich und hilfsbereit, würde man die Raststation wohl hungrig wieder verlassen. Es reicht allerdings ein kurzer, verzweifelter Blick auf den Beleg, und schon wird Hilfe angeboten.

© iStockphoto.com Fische, Muscheln, Oktopus: Am Fischmarkt in Busan ist alles fangfrisch erhältlich

Diese unaufdringliche Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ist -egal, ob in der Großstadt oder am Land - überall spürbar. So klopft der Vermieter in Seoraksan plötzlich an die Tür, um einfach so ein Tablett voll mit koreanischem Essen vorbeizubringen. Der Kellner des Restaurants auf dem Turm der Sprungschanze im Olympia-Ort Pyeongchang serviert den Kuchen, wenngleich die Kredit-und Bankomatkarten nicht funktionieren, weil die europäischen Magnetstreifen-Karten an manchen Orten bereits zu alt sind für die koreanischen Systeme. Und sogar die Soldaten am Checkpoint der DMZ bleiben freundlich, obwohl auf die für das passieren notwendige Registrierung vergessen wurde. Mehr noch: Geduldig erklären sie den Weg zurück zum Schalter, sperren die Straße zum Umdrehen, und bei der Rückkehr mit gestempelten Zettel winken sie begeistert.

Viele Attraktionen für Kinder

Koreaner sind außerdem überaus kinderlieb. Nie ein schiefer Blick, wenn man mit Kindern ein Lokal oder Geschäft betritt, und im ganzen Land gibt es eine Vielzahl Attraktionen für Kinder, etwa das Sea Life Aquarium in Busan, Koreas zweitgrößter Stadt mit rund 3,4 Millionen Einwohnern. Busan liegt direkt an einem 1,5 Kilometer langen Sandstrand, einem der bekanntesten Koreas. Im Sommer, wenn die Temperaturen auf über 30 Grad steigen, ist hier kein Fleckchen mehr frei, im Frühling und Herbst ist hingegen ein entspannter Strandspaziergang möglich.

© Shutterstock.com Im Toilettenpark in Suwon hat sogar das Gebäude die Form eines Klos

Korea ist ein spannendes Reiseland. Vor 40 Jahren zählte es noch zu den ärmsten Nationen der Welt, mittlerweile ist es ein Hochtechnologie-Land, das als erstes weltweit über ein flächendeckendes 5G-Handynetz verfügt. Es bietet Hightech-Städte genauso wie traditionelle Dörfer, Naturschönheiten und Sportmöglichkeiten. Kein Wunder, dass die Zeit viel zu schnell vergangen ist, wenn die Reise schließlich wieder am Flughafen in Incheon endet.

Der Beitrag erschien ursprünglich im News 23/2019.