'Stürmer'-Vergleich für Schüssel 'jenseits': Strache-Sager beschäftigen auch Nationalrat

FPÖ-Chef präzisiert seinen Aussagen im Parlament Van der Bellen: 'Versuch sich als Opfer zu stilisieren'

Grünen-Chef Van der Bellen hatte freilich wieder einmal wenig Lust, all zu viel zum eigentlichen Punkt der Tagesordnung zu sprechen und konzentrierte den Großteil seiner Rede auf Strache. Besonders sauer stieß dem Bundessprecher auf, dass der FPÖ-Chef die Medienberichte über ihn mit Methoden des "antisemitischen Hetzblatts" "Stürmer" verglichen hatte. Er betrachte das als die geschmackloseste und schäbigste Version eines Versuchs, sich selbst als Opfer zu stilisieren.

"Stürmer"-Vergleich für Schüssel "jenseits"
Nicht viel anders sah das der Altkanzler. Es gehe nicht an, in einer Distanzierung vom Dritten Reich sofort zum Gegenangriff anzutreten und Medien auch nur in die Nähe von "Stürmer oder was weiß ich" zu rücken. Auch nur annähernd den Gedanken zu haben, die aktuelle Berichterstattung habe irgendetwas mit einem totalitären Regime zu tun, sei "jenseits", echauffierte sich VP-Klubchef Schüssel.

Ebenfalls auf seine Empörung stieß Straches Präsentation eines Fotos, das Ex-Staatssekretär Finz beim Biertrinken an einem Tisch mit dem Rechtsextremisten Gottfried Küssel zeigt. Schüssel erinnerte daran, dass die Familie seines Parteifreunds in vielen Bereichen Opfer des Nationalsozialismus geworden sei: "Überlegen Sie sich, was sie anrichten mit solchen Vergleichen", tadelte der VP-Obmann den Freiheitlichen-Chef.

Die Verteidigungsrede Straches an sich nannte Schüssel "sinnvoll und notwendig". Es könne nicht sein, dass eine Nähe zu Gewaltbereitschaft, rechtsradikalem Gedankengut und einer Neigung, sich soldatisch zu gewanden und an Kampfspielen teilzunehmen, über bleibe. Der wirkliche Test sei aber, wie man heute mit diesen Dingen umgehe, was man jetzt den jungen Menschen vorlebe: "Und da war's mir zu wenig."

Gusenbauer gegen "Stürmer"-Vergleich
Auch Gusenbauer meldete sich von der Regierungsbank erstmals nach der Erklärung Straches zu Wort und kritisierte den "Stürmer"-Vergleich. Er kenne in Österreich keine einzige Zeitung, der man so etwas unterstellen könne. Gusenbauer forderte Strache auf, im Sinne der Demokratie und Meinungsfreiheit solche Vergleiche künftig zu unterlassen. An sich würdigte der SPÖ-Chef, dass er sich in der eigenen Partei darum gekümmert habe, auch gegen Widerstände die "braunen Flecken" aufzuarbeiten. Es solle in Österreich heute niemanden geben, "der auch nur irgendein Verständnis hat für die Gräuel des Nationalsozialismus." Im "Kurier" sagte der SPÖ-Vorsitzende, er stehe dazu, jemandem nicht vorzuhalten, wenn er in seiner Jugend etwas angestellt hat. Aber, so Gusenbauer: "Strache hat gestern die Gelegenheit versäumt, sich davon zu distanzieren."

SPÖ-Klubchef Josef Cap hatte sich mit der Strache-Erklärung noch zufrieden gegeben. Gusenbauer über seine Linie gegenüber Strache: "Wir messen ihn an seinen Worten und Taten heute."

Die Bewertung der wehrsportähnlichen Übungen als "Jugendtorheiten" hatte Gusenbauer heftige parteiinterne Kritik eingebracht. An die Adresse seiner Kritiker, die dem Kanzler vorwarfen, sich ungeschickt ausgedrückt zu haben, sagte Gusenbauer im "Kurier": "Dann mögen sie ihre eigenen Worte wählen."

BZÖ: "Verteidgungslinie unsinnig"
BZÖ-Obmann Peter Westenthaler nannte die Verteidigungslinie Straches "selbstverständlich Unsinn" und "zu verurteilen". Dabei bezog er sich einerseits auf die "Stürmer"-Geschichte, andererseits auf die Angriffe gegen Finz. Der Ex-Staatssekretär sei ein "untadeliger, integerer Mann" und dürfe nicht als "Schutzschild" verwendet werden für die eigene Verteidigungsstrategie. Von der SPÖ forderte der BZÖ-Chef eine klarere Stellungnahme ein, ist für ihn doch vorerst der Eindruck entstanden, dass der Standort den Standpunkt entscheide. Auch in der SPÖ gebe es sichtlich Funktionäre, die sich einen höheren Anspruch der Distanzierung zu Nationalsozialismus und Gewalt wünschten.

Die FPÖ wollte sich an sich auf die von Van der Bellen initiierte Debatte nicht einlassen, wie Mandatar Ewald Stadler betonte. Letztlich sah sich Strache in einer Kurzreplik auf Schüssel aber doch gezwungen, eine "tatsächliche Berichtigung" vorzunehmen. So widersprach er des Alt-Kanzlers Annahme, Stadler genieße sein Vertrauen nicht, und präzisierte, dass er den "Stürmer"-Vergleich nur mit einem Medium angestellt habe, das er freilich wieder nicht namentlich erwähnte. Die Diffamierung dieser Zeitung gegen ihn sei "unglaublich" gewesen, so dass er diese Worte gewählt habe. Auch habe er Finz nicht in ein rechtes Eck gestellt sondern dargestellt, wie leicht man in so einen Verdacht gebracht werden könne, wenn man gemein sein und diffamieren wolle, so Strache offenbar in Anspielung auf seine Fotos mit einem vermeintlichen Neonazi-Gruß bzw. bei militärisch anmutenden Waldspielen. (apa)