"Er macht mir
jeden Tag Frühstück"

Peter Stöger ist der Star unter den Fußballtrainern in Deutschland. Seine Partnerin, Ulrike Kriegler, ist Kabarettistin und Moderatorin. Im Doppelinterview verraten die Austro-Beckhams, wie sie Beziehung, Jobs und Kölner Leben so locker schaukeln

von Die Austro-Beckhams - "Er macht mir
jeden Tag Frühstück" © Bild: Michael Mazohl News

Herr Stöger, man kennt Sie und Frau Kriegler inzwischen als unzertrennliches Paar. Wie haben Sie einander eigentlich kennengelernt? Hat es gleich gefunkt?
Kriegler: Wir haben uns sehr unspektakulär kennengelernt. Es war auf einem Fest von einem Nachbarn von Peter und ist unter dem Motto "Du kennst hier niemand, ich kenn hier niemand, reden wir halt miteinander" passiert. Dabei haben wir festgestellt, dass wir einander sympathisch sind und haben uns immer wieder eher zufällig getroffen.
Stöger: Vielleicht ist sie ja wegen mir ins Stadion gekommen -ich war damals noch aktiver Spieler -, denn wir haben uns immer bei Fußball-Veranstaltungen getroffen.

Was schätzen Sie, Uli, an Peter und vice versa Sie, Peter, an Uli?
Stöger: Was natürlich ganz wichtig für mich ist: Die Uli ist ein witziger, spontaner Mensch. Sie sieht natürlich gut aus, das muss man auch sagen (lacht). Aber das würde alles nichts helfen, wenn nicht auch alles harmonisch abliefe. Und sie ist zielstrebig, und wenn sie einmal etwas angeht, versucht sie auch, das durchzuziehen. Ich habe in unserer Beziehung gelernt, wie schwierig so ein freiberuflicher Job ist. Mal gibt es viel zu tun, und dann gilt es wieder, Durststrecken zu überbrücken. Das gelassen zu sehen, hat sie von mir gelernt.
Kriegler: Wenn ich früher einmal zwei Wochen lang kein Engagement hatte, war ich mit den Nerven fertig. Peter hat mir die Kraft gegeben, auch diese Zeit zu genießen. In Trainer-Beziehungen ist es wahrscheinlich eher selten und außerdem kaum zu glauben, aber bei uns ist er der ruhende Pol.
Stöger: Wenn es ums Ausgehen am Abend geht, da muss ich schon eine Höchstleistung erbringen, dass ich mit der Uli mithalte. Sie ist gerne unter Leuten, eigentlich mehr ein Nachtmensch, dafür bin ich fürs Frühstück zuständig.
Kriegler: Das schätze ich sehr an ihm: Er macht mir jeden Tag, wenn wir zusammen sind, Frühstück. Müsli und Tee. Das ist jetzt nicht aufregend, aber darüber hinaus ist er der beste Eierspeismaker in the world.

»Er ist der Gelassene, der ruhende Pol in unserer Beziehung«

Ulrike Kriegler

Apropos Essen und Trinken: Kommen Sie auf Ihre Rechnung, was die deutsche Speisekarte anbelangt?
Kriegler: Es stimmt gar nicht, dass man in Deutschland über alle Speisen die Soße drübergießt. Wir haben schon unsere Lokale, wo man wirklich gut essen kann.
Stöger: Das Kölsch ist nicht so übel, hat wenig Kohlensäure, ist schnell zu trinken, wird nicht schnell warm, weil es in kleinen Gebinden serviert wird.

Eine Frage an Sie, Uli: Sie entsprechen so überhaupt nicht dem Klischeebild "der Frau an seiner Seite". Sie beide könnte man treffender als die "Austro-Beckhams" bezeichnen ...
Kriegler: Das ehrt mich sehr!
Stöger: Und mich erst! Weil der David ist echt ein fescher Bursch.

»Sie ist eine witzige, spontane Frau und sieht natürlich gut aus«

Peter Stöger

Seine Beraterin sind Sie aber auch nicht?
Kriegler: Nein, aber wir sprechen uns in vielen Dingen ab. Wir reden auch zu Hause sehr viel über Fußball. Ich bin bei vielen Ereignissen dabei, weil ich es liebe, ins Stadion zu gehen. Je bedeutender das Match, desto lieber. Vor allem die Heimspiele sind ein tolles Ereignis, ich schaue, dass ich in Köln bin, wenn ein Heimspiel angesetzt ist.
Stöger: Natürlich ist das in den meisten Fällen mit mir gekoppelt, aber wenn ich für das deutsche Pokalfinale Karten hätte und könnte dann, aus welchem Grund auch immer, nicht mitkommen, würde die Uli trotzdem hingehen. Weil sie eben Fußball interessiert.

Als Spieler haben Sie nie den Sprung ins Ausland gewagt. Wie kam es, dass Sie als Trainer gleich in das Haifischbecken deutsche Bundesliga gewechselt sind?
Stöger: Der FC Köln hatte damals ein paar Trainer am Zettel, darunter auch Roger Schmidt, der aber abgesagt hatte. In der Folge wurde ich zu einem Hearing nach Köln eingeladen. Da war neben dem Sportdirektor Jörg Jakobs auch Vize-Präsident Toni Schumacher dabei, der sicher auch ein Faktor war, dass ich FC-Trainer geworden bin.

Wie lange haben Sie sich mit Ihrer Partnerin über einen möglichen Wechsel an den Rhein beraten?
Stöger: Das musst du erzählen.
Kriegler: Natürlich haben wir viel über den Wechsel geredet. Es war aber kompliziert, da ich auf Urlaub in Ibiza und der Peter in Wien war. Er hatte immer Zweifel wegen der Ablösesumme, die Köln an seinen Verein, die Wiener Austria, im Fall des Wechsels überweisen muss. Ich habe ihm diese Bedenken ausgeredet und schlussendlich hat sich herauskristallisiert: So eine Chance kommt nicht oft im Leben.

Sie haben sich in Köln sofort akklimatisiert. Was sind abseits einer Ringstraße und der Dome, wie Sie einmal festgestellt haben, nachvollziehbare Parallelen zu Wien?
Kriegler: Wenn ich 50 Kilometer aus Wien rausfahre, bin ich in einer komplett anderen Welt. Wenn ich mich ins Flugzeug setze, nach Köln fliege, dort ankomme, ist es ähnlich wie in Wien. Es ist einfach das Stadtleben. Wir sind in Köln herzlich empfangen worden, die Leute sind freundlich ...

... in Wien aber eher selten?
Stöger: In Wien gibt es halt zwei verschiedene Typen von Menschen: Die Grantler und die, die gerne leben. In Köln ist der Prozentsatz jener, die gerne leben und feiern, höher.

Könnten Sie, Uli, sich vorstellen, ganz nach Köln zu übersiedeln? Sie hatten ja bereits einen Kurzauftritt in der "Lindenstraße", haben schon mit der Gruppe Die Cöllner zusammengespielt.
Kriegler: Das ist natürlich ein Thema, aber wir haben halt unsere Wurzeln in Wien, Mutter und Eltern, Freunde und Haustiere. Die sind mir heilig, deswegen pendle ich auch zwischen Wien und Köln. Und ich habe mir auch jobmäßig über die Jahre etwas aufgebaut, das ich nicht aufgeben möchte.

© Michael Mazohl News Ulrike Kriegler und Peter Stöger sind seit mehr als 20 Jahren unzertrennlich: "Bei uns regiert die Harmonie"

Was ist in Köln diametral anders als in Wien?
Stöger: Ich bin als Trainer zu einer Zweitliga-Mannschaft gekommen, der Zuschauerschnitt lag aber bei mehr als 45.000. Das Stadion fasst 50.000 Zuschauer, die fehlenden Plätze für ein ausverkauftes Stadion kamen nur dadurch zustande, dass die Fans der Gästemannschaften nicht ihr volles Kontingent abgerufen haben. Ich muss sagen, das gibt's in Österreich leider nicht. Kriegler: Und es kommen nicht nur Männer ins Stadion, wie bei uns in Österreich. Es geht die ganze Familie zum Match.

Wie sehen die Unterschiede im täglichen Leben aus?
Stöger: In dieser Stadt bist du, wenn du ausgehst, nie privat. Du bist gleich mittendrin im Geschehen, wirst in Gespräche mit einbezogen, bist Teil einer dir unbekannten Clique. Mein Bruder ist von dieser Vereinnahmung schon so begeistert, dass er seine Aufenthalte in Köln von zwei auf vier Tage verlängert hat, wenn er mich besucht. Wenn du aber ein romantisches Dinner planst, bleibe lieber zu Hause.

Sie werden aber immer auf Fußball angesprochen?
Stöger: Oft. Ich liebe Österreich, aber der Grundzugang ist in Deutschland im Fußballgeschäft freundlicher. Egal, ob Spieler oder Trainer, die Leute sagen: "Der wird schon was können, der hat schon was drauf." Bei uns ist es umgekehrt, da regiert Skepsis: "Was hat der schon drauf?"

Sie haben Köln aus der zweiten Liga geholt und letzte Saison auf einen Europacup-Platz geführt - was ist das Geheimnis Ihres Erfolges?
Stöger: Es gibt kein Patentrezept, und es gibt auch kein Geheimnis. Ich glaube, dass du Spieler analysieren und ihre Stärken richtig einschätzen können musst, das ist ohnedies klar. Aber du musst dich auf den Menschen einlassen. Ich glaube, dass das ein ganz wesentlicher Faktor ist. Es geht um Wertschätzung, um Vertrauen, um Teamarbeit mit meinen Trainern. Du musst den Leuten in deinem Umfeld, also Co-Trainer, Reha-Leute, Physio-Abteilung, Verantwortung geben, damit sie sich weiterentwickeln können. Du musst in Deutschland, das ist ein ganz wesentlicher Faktor, gut mit der Medienabteilung auskommen. Du musst ganz einfach Vertrauen weitergeben.
Kriegler: Der Peter ist kein Choleriker. Und er schafft es, jedem im Verein das Gefühl zu geben, seinen Platz zu haben und seine Wichtigkeit.

Schwierig ist's halt mit denen, die beim Match nicht auflaufen dürfen ...
Stöger: Du musst davon ausgehen, dass 50 Prozent deiner Spieler enttäuscht sind, wenn sie nicht spielen, und denen musst du im Idealfall eine Erklärung geben können. Du darfst ihnen auch nichts versprechen, wovon du nicht sicher bist, dass du es einhalten kannst. Wir versuchen, relativ offen zu kommunizieren, wer spielt und dabei den Wert der Mannschaft und nicht des Einzelnen zu betonen.

Sie haben unlängst wörtlich gesagt: Wenn ein Team wie Köln so eine tolle Saison spielt und bessere Mannschaften auslassen, dann kannst du in den Europacup kommen. Sonst nicht?
Stöger: Ich versuche, die Möglichkeiten der Vereine zu vergleichen, da geht es natürlich um Budgetzahlen, es geht halt um die Kohle und wer wie viel davon zur Verfügung hat. Wenn ich das dann umlege und davon ausgehe, dass alle mit ihren Möglichkeiten ihre Sache richtig machen, aber dann dürften wir es normalerweise nicht schaffen. Aber Gott sei Dank ist Fußball nicht so kalkulierbar, darum gibt es ab und zu Möglichkeiten. Und wenn sich die eröffnen, musst du halt am Drücker sein. Und das haben wir geschafft.

»Meistertitel für den 1. FC Köln? Den halte ich leider für unmöglich«

Geht sich aber für den FC Köln seit 77/78 wieder einmal ein Meistertitel aus?
Stöger: Meistertitel für den FC Köln halte ich leider für unmöglich. Weil andere Vereine einen unfassbaren Vorsprung haben, an allem. Das Argument, Geld schießt keine Tore, kann ich nur bedingt gelten lassen, weil sonst würden der Messi und der Ronaldo nicht jedes Jahr 60 Tore machen.

Wie schwierig wird also für Sie das Abschneiden in der Europa League?
Stöger: Das kann ich nicht sagen, weil ich die Auslosung noch nicht kenne. Aber wir wünschen uns jedenfalls die Austria als Gegner. Das hätte zweierlei zur Folge: Die Austria qualifiziert sich, das würde uns freuen, und dann würden wir sie gerne zerlegen (lacht). Nein, Scherz. Wir würden uns wirklich freuen. Es sind schon einige Dinge in Köln geglückt, über die man gesprochen und von denen man gesagt hat, dass sie schwierig werden. Vielleicht sagen wir auch jetzt, dass es schwer wird und schaffen dann doch den Aufstieg in die K.-o.-Runde.

Sie haben in Köln einen Vertrag bis 2020. Wie weit schauen, planen Sie voraus?
Stöger: Woche für Woche. Ein Vertrag, der über einen längeren Zeitraum hinausgeht, ist eine gewünschte Absichtserklärung. Wenn alles relativ gut läuft, möchte man gerne länger planen. Aber sonst geht's Woche für Woche.

Der Job als österreichischer Teamchef ist momentan keine Option, sagen Sie. Aber zumindest in Köln sind Sie viel erfolgreicher als es unser momentaner Teamchef damals als Köln-Trainer war
Stöger: Dazu fällt mir ein, wie damals bei der Vienna jemand zu mir gesagt hat, du bist nicht mehr gut genug, wir glauben nicht, dass du den Verein wieder in Schwung bringst. Also das ist alles relativ zu sehen. Ich finde, er hat das gut gemacht mit der EM-Qualifikation. Ich bleibe auch dabei, was ich über den Teamchef-Job gesagt habe: Es ist die höchste Ehre, im eigenen Land die Nationalmannschaft trainieren zu dürfen. Aber für mich zur Zeit definitiv kein Thema.

Wohin soll Sie die Fußball-Reise noch führen?
Stöger: Ich brauche ein Land, in dem ich meine Sprache anwenden kann. Es scheiden demzufolge Spanien, Italien oder China aus. England wäre schon schwierig, da kann ich die Basics, müsste mich aber möglicherweise in die Sprache einarbeiten. Damit ich mit meinem Spaß ankomme, brauche ich die deutsche Sprache. Deswegen ist der deutsche Markt interessant und vielleicht auch einmal wieder Österreich. Außerdem hab ich mit über 50 nicht das Gefühl, meine Entwicklung muss noch irgendwohin führen. Köln ist ein super Standort, hier fühlen wir uns wohl, es passt alles, tolle Mannschaft, tolle Stadt.

Ulrike Kriegler

wurde in Wien geboren und wuchs in Favoriten auf. Ihr Alter verrät sie nie ("Warum steht hinter dem Namen nicht die Schuhgröße?"), auch nicht, seit wann sie mit Peter Stöger zusammenlebt. Kriegler ist beruflich vielseitig: Sie ist Schauspielerin, Moderatorin und Kabarettistin. Mit dem Programm "Himmel, Arsch und Titten" tourt sie mit Nora Summer durch Österreich.

Peter Stöger

wurde am 11. April 1966 geboren und wuchs in Wien-Favoriten auf. Die wichtigsten Stationen seiner Fußballkarriere waren die Wiener Austria, mit der er bis 1994 drei Meistertitel holte. Beim Erzrivalen Rapid wurde er ebenfalls Meister und zog ins Europacupfinale der Cupsieger ein. 2004 beendete Stöger seine aktive Karriere und wurde Trainer u. a. bei der Vienna und beim GAK. Mit der Austria holte er 2012/13 den Titel. Danach nahm er unerwartet ein Angebot des FC Köln an und führte den krisengeschüttelten Verein zurück in die 1. Liga und nach 25 Jahren wieder auf einen Europacup-Startplatz.

FC Köln

Unter Stöger wieder erstklassig

Der 1. FC Köln wurde am 13. Februar 1948 konstituiert und ist eines der Gründungsmitglieder der deutschen Bundesliga. Er wurde dreimal deutscher Meister, viermal DFB-Pokalsieger und erreichte 1986 das Finale des Uefa-Pokals. 1977/78 war die erfolgreichste Saison in der Geschichte des Klubs mit dem Gewinn des Doubles. Der Effzeh hielt sich bis 1998 35 Jahre lang ununterbrochen in der höchsten deutschen Spielklasse und spielt seit der Saison 2014/15 nach dem fünften Aufstieg unter Peter Stöger wieder in der Bundesliga.