Steueraffäre Liechtenstein: FORMAT kennt die neuen Namen aus der geheimen CD-ROM

54 Personen mit keiner bzw. zu später Selbstanzeige Auf der Liste: Beppo Mauhart, Carl-Ludwig Richard

In der Landesgerichtsstraße 11 herrscht große Unruhe. Im Zimmer 4069, im vierten Stock des Wiener Straflandesgerichts, tobt Gerhard Jarosch. Auf journalistische Anfragen reagiert der Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Wien normalerweise besonnen. Doch zu Wochenbeginn war alles anders. „Es reicht“, schimpfte Jarosch. „Ich leite jetzt ein Verfahren wegen Geheimnisverrats ein. Dass Sie in Besitz streng vertraulicher Informationen sind, geht einfach zu weit.“ Was den Juristen so empörte: In mühevoller Kleinarbeit hat FORMAT in den vergangenen sechs Monaten eine Liste aller in die Steueraffäre Liechtenstein verwickelten Österreicher zusammengestellt.

Steueraffäre Liechtenstein: FORMAT kennt die neuen Namen aus der geheimen CD-ROM © Bild: FORMAT/Karl-Josef Hildenbrand

Kurze Rückblende: Seit über einem halben Jahr prüft die Finanz rund 160 Personen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Die Hinweise darauf stammen aus der spektakulären Liechtenstein-CD-ROM in Deutschland. Mitte April wurden diese brisanten Daten dem Finanzministerium übermittelt. Nun wird die Causa immer mehr zum Kriminalfall, der landesweit mehrere Anklagebehörden beschäftigt. Dutzende Hausdurchsuchungen fanden laut FORMAT-Informationen bereits statt, weitere werden vorbereitet.

Brisante Liste
Die Grundlage für die Erstellung der Liste bildeten unzählige Gespräche mit Ermittlern aus Österreich, Deutschland und der Schweiz sowie mit Steuerberatern und Finanzstrafrechtsexperten – freilich nur unter Zusicherung der Anonymität. Derzeit liegen der Finanz im Rahmen der „Operation Vaduz“ 86 Selbstanzeigen vor, wie FORMAT im August exklusiv berichtete. Weitere 20 Fälle wurden ad acta gelegt, weil die betroffenen Personen entweder verstorben oder über 90 Jahre alt sind. Die Namen der verbliebenen 54 Personen liegen FORMAT ebenfalls exklusiv vor und sind der Ausgangspunkt für weitere Behördenermittlungen.

75.000-Euro überschritten
Grundsätzlich werden Steuerdelikte vom Finanzamt administriert. Sobald der hinterzogene Betrag die 75.000-Euro-Marke überschreitet, ist eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft fällig. In den folgenden Fälle – für alle gilt die Unschuldsvermutung – ist das geschehen.
Josef „Beppo“ Mauhart: Gegen den Ex-ÖFB-Präsidenten läuft ein Finanzstrafverfahren unter der Aktenzahl 610 St 25/08i. Konkret wurde der 75-Jährige am 21. Juli 2008 bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt, weil er über eine Liechtensteiner Nasobem Stiftung verfügt. Eine Hausdurchsuchung wurde durchgeführt. Mauharts Steuerberater gegenüber FORMAT: „Wir haben nachweisen können, dass alles rechtmäßig war. Wir gehen davon aus, dass das Verfahren bald eingestellt wird. Herr Mauhart hat sich einfach nicht daran erinnert, dass es diese Gesellschaft gab, daher hat er auch keine Selbstanzeige gemacht.“

Carl-Ludwig Richard: Gegen den Chef des Busunternehmens Dr. Richard wird unter der Aktenzahl 601 St 34/08x ermittelt. Der deutsche Bundesnachrichtendienst, der die Liechtenstein-Daten 2006 erwarb, ordnet ihm die Eyleen Stiftung zu. Richard-Verteidiger Herbert Eichenseder konnte eine drohende Hausdurchsuchung gerade noch verhindern: „Den Fahndern wurden im Rahmen einer freiwilligen Nachschau alle Unterlagen zur Verfügung gestellt. Mehr gibt’s nicht zu sagen.“

Faible fürs Steuerparadies
Den Strafanzeigen liegen von der Steuerfahndung erkannte Verstöße gegen das Finanzstrafgesetz zugrunde. Konkret gegen den Paragrafen 33 („Abgabenhinterziehung“), der eine „Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages“ normiert. Daneben drohen bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Bei gewerbsmäßigem Steuerbetrug sind sogar bis zu sieben Jahre Gefängnis drinnen. Prinzipiell bedeutet die Nennung nicht, dass Steuern hinterzogen worden sind. Ein Faible fürs Steuerparadies Liechtenstein darf jedenfalls abgeleitet werden. Mehr als die Hälfte der schweigsamen Stifter sind in Wien ansässig, weshalb auf Staatsanwalt Jarosch und seine Kollegen viel Arbeit wartet. Angesichts dessen ist es nicht überraschend, dass er über die Enthüllungen wenig amüsiert ist: „Die Veröffentlichung der Liste empört mich.“ Dass er die vorweihnachtliche Ruhe nun vergessen kann, macht es nicht besser.

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