Der Stern als Nobelpritsche

Die X-Klasse, der erste Pick-up von Mercedes, ist naturgemäß nobler als die Konkurrenz. Was der Koloss auch im Gelände kann, zeigt unser Test.

von Motor - Der Stern als Nobelpritsche © Bild: Matthias Hofer

Das Wasser reicht zwar nur bis an die Unterkante der Tür, aber der Boden der Furt ist matschig und als besondere Herausforderung mit spitzen Steinen und abgebrochenen Felsstücken übersät. Natürliche Feinde der dicken Pneus also, aber der Pick-up zieht bedächtig und sicher seine Spur und treibt eine kleine Bugwelle vor sich her. Sozusagen als Zeichen des zielstrebigen Vorankommens. Der erste News-Härtetest für die neue X-Klasse von Mercedes findet keineswegs im brasilianischen Amazonasgebiet statt, auch wenn das Foto oben dieses ein wenig vorgaukeln mag, sondern im burgenländischen Stotzing. Dort führt der ÖAMTC ein weitläufiges Offroad-Testgelände, das es problemlos mit so manch forderndem, Tausende Kilometer entferntem Terrain aufnehmen kann. Und wir dürfen auf die immense Erfahrung und Obsorge des Offroad-Chefinstruktors des Autofahrerclubs, Christian Karlberger, zählen, der den Mercedes und uns sicher durch das anspruchsvolle Gelände dirigiert.

© Matthias Hofer

Mercedes' Chefstrategen haben sich ja partout eingebildet, in einer der letzten Nischen zu wildern, wo noch kein Premiumhersteller seine Reifenspur hinterlassen hat -eben bei den Pick-ups. Denn der Stern will Europa und da eine Klientel erobern, der SUVs schon etwas fad geworden sind.

Weil das aber nicht schnell genug ging und entwicklungstechnisch ins Geld, ließen sich die Schwaben auf eine Liaison mit Nissan ein. Die Japaner haben mit dem Navara einen grundsoliden Pick-up im Programm, der aber vielleicht nicht ganz dem Gout der Mercedes-Klientel entspricht. Flugs wurde der Nissan auf Mercedes getrimmt, indem die Vierzylinder-Motoren wie auch der Unterbau, also der Leiterrahmen, belassen wurden, aber die Achsen verfeinert, die Spur verbreitert und das Interieur der Doppelkabine so aufgeräumt wurde, dass es zumindest als Dreiviertel-Mercedes durchgeht.

© Matthias Hofer

Kaum war unser Test-Pritschenwagen, ein X 220d mit 163 PS, manuellem Getriebe und zuschaltbarem Allrad plus Differenzialsperre hinten, dem Bade entstiegen, ging es eine Steigung mit losem Untergrund bergan, die direkt in den Himmel zu führen schien. Kein Problem für unsere X-Klasse, die sich beharrlich emporackerte. Noch eindrucksvoller der Abstieg, denn da trat die Bergabfahrhilfe in Aktion, die den X automatisch auf Schritttempo einbremst, egal, wie steil das Gelände ist. Bremsen überflüssig, lenken genügt.

Im zivilen Einsatz muss man Abstriche bei Schaltung (etwas hakelig) und Antrieb (nicht übermotorisiert) machen. Dämmung und Dämpfung sind aber auf Komfort ausgelegt, so dass auch eine zivile Überlandpartie Spaß macht. Nur in der Stadt ist man mit dem 5,34-Meter-Koloss doch leicht deplatziert.

Daten

Mercedes X 220d 4matic

Preis: € 40.692,-
Motor: 4 Zyl., TD, 2.298 ccm
Leistung: 163 PS (120 kW)
Spitze: 170 km/h
0-100: 12,9 Sek.
Verbrauch: 8,2 l/100 km
Emission: 217 g CO2/km
Fazit: Früher hat man zu Autos wie der X-Klasse Pritschenwagen gesagt. Aber für diesen Mercedes geziemt sich das denn doch nicht. Daher: Pick-up!