Sterben die Notare aus?

Was genau macht eigentlich ein Notar – und bedroht der technologische Fortschritt den Berufsstand? Ein Blick hinter die Kulissen eines verantwortungsvollen Juristen-Jobs, der mit so manchen Vorurteilen behaftet ist.

Sterben die Notare aus? © Bild: Alexander Schwarzl / Oberösterreich-Magazin

„Ein Blockchain-Grundbuch würde Notare theoretisch überflüssig machen.“ Die Blockchain „ersetzt die Notwendigkeit einer vertrauenswürdigen dritten Instanz zur Integritätsbestätigung von Transaktionen.“ Sätze wie diese, formuliert in Expertisen zur angeblichen Technologie der Zukunft, beunruhigen Hermann Barth nicht. Der Mühlviertler Jurist leitet seit 2004 eine Notariatskanzlei an der Unteren Donaulände in Linz.

Dass sein Beruf in absehbarer Zeit vom Aussterben bedroht sein könnte, glaubt Barth nicht. „Die Abwicklung von Unterschriftsbeglaubigungen ist ja nur ein minimaler Teil meiner notariellen Aufgaben.“ Und da drängt sich die Frage auf: Was macht ein Notar eigentlich? Ein gängiges Vorurteil lautet: Ich gehe mit einem Vertrag zum Notar, bekomme einen Stempel und zahle dafür einen Haufen Geld.

„Vergleichsweise viel Eigengeschäft“

Hermann Barth hat da freilich einen anderen Zugang. Seine Kanzlei ist in allen drei klassischen Bereichen des Notariats tätig: Abwicklung von Verlassenschaften, Errichtung jeglicher Verträge im Zusammenhang mit Immobilien und Abwicklung dieser Urkunden im Grundbuch sowie Errichtung von Gesellschaftsverträgen, Beurkunden von General- und Hauptversammlungen samt Abwicklung im Firmenbuch.

Charakteristisch für seine Kanzlei sei, dass er vergleichsweise viel Eigengeschäft habe, sagt Barth. Das heißt: Die Klienten kommen nicht mit den fertigen, von ihnen selbst oder einem Rechtsanwalt erstellten Dokumenten, sondern lassen diese vom Notar ausarbeiten.

Juristische Expertise ist also unerlässlich, die Verantwortung groß – weshalb der festgeschriebene Notariatstarif auch gerechtfertigt sei. Dieser im Sinne des Konsumentenschutzes gesetzlich geregelte Honoraranspruch berücksichtigt einerseits die wertmäßige Basis des Vertrags (und damit das Haftungsrisiko) und andererseits den üblicherweise damit verbundenen Vorbereitungs- und Arbeitsaufwand. Eine faire Honorargestaltung setzt aber jedenfalls eine verantwortungsbewusste Anwendung der gesetzlichen Tarifregelung voraus, stellt Barth klar. „Wir müssen viele Aufgaben übernehmen, die der Staat nicht machen will.“

Er glaubt auch, dass Job des Notars für den Juristennachwuchs interessant ist: „Wir beackern in juristischer Hinsicht ein Gebiet, das für einen einzelnen Juristen noch beherrsch- und händelbar ist. Dies im Vergleich zum gesamten österreichischen Recht, mit seinen zahllosen und für den Einzelnen unüberblickbaren Rechtsnormen.“ Freilich: Ein Jus-Studium ist für den Beruf erforderlich, dann kommt ein Gerichtsjahr, ehe man die Notariatspraxis absolvieren kann. Mit 35 Jahren ist man alt genug, um zum Notar ernannt werden zu können.

Was eine gute Kanzlei ausmacht? „Wenn sich ein Sachbearbeiter um einen Klienten kümmert und zügig und genau arbeitet.“ Der Berufsstand ist ein kleiner – rund 85 Notare gibt es in Oberösterreich. In Gefahr ist der Beruf laut Barth aber – Stichwort Blockchain – nicht: „In allen Bereichen, in denen Beratung notwendig ist, ist der menschliche Faktor wichtig.“ Zudem habe man es im Notariat viel mit Technik zu tun. „Vieles läuft heute über den elektronischen Weg.“ Amtssignaturstellen gebe es auch heute schon, diese würden aber kaum in Anspruch genommen, weiß Barth: „Der Otto Normalverbraucher hat noch immer lieber eine Papierurkunde.“

© Dr. Hermann Barth

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