Ein Jahr nach Stiwoll: 726-
Seelen-Ort wünscht sich Ruhe

Noch immer keine Spur zu Friedrich F.

Heute ist es genau ein Jahr her, dass Friedrich F. in Stiwoll westlich von Graz seine beiden Nachbarn mit einem Gewehr getötet und eine Nachbarin schwer verletzt hat. Für Stiwolls Bürgermeister Alfred Brettenthaler (ÖVP) hat sich das Leben ein Jahr nach der Bluttat in der 726-Einwohner-Gemeinde wieder normalisiert, obwohl "das für mich damals ein komplettes Schockerlebnis gewesen ist".

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Nach der Tat ging es für die Menschen auch um das Zurückfinden in die normalen Abläufe: "Ich bin überzeugt, das ist uns gut gelungen. Ich bin ein positiv denkender Mensch." Auf die Frage, ob die Menschen im Ort nach der Bluttat stärker zusammengerückt sind, sagte Brettenthaler im APA-Gespräch: "Das war nicht nötig, wir sind schon vorher zusammengestanden. Wir haben ein starkes und intensives Vereinsleben, das hat sich bewährt." Eigentlich sei man schon Anfang Dezember mit der Christbaum- und Adventskranzsegnung wieder im gesellschaftlichen Leben drin gewesen, ist Brettenthaler überzeugt. "Und es wird wieder gelacht, am Dorfplatz, nach dem Gottesdienst", sagte der Ortschef.

"Manchen im Ort war die Polizeipräsenz schon zu viel"

Der erste Stock des Gemeindeamtes wurde nach den Schüssen von Friedrich F. auf drei Menschen - ein Mann und eine Frau starben, eine weitere Frau wurde schwer verletzt, er selbst flüchtete und wurde seither nicht mehr gesehen - zur Einsatzzentrale der Polizei: "Ich denke, sie haben sich gut aufgenommen gefühlt. Wir waren ja auch froh, dass sie da waren, obwohl manchen im Ort die Polizeipräsenz schon zu viel war."

Frau F. lebt sehr zurückgezogen

Die Frau von Friedrich F., die nach den Todesschüssen kurzfristig den Ort verlassen hatte, ist mittlerweile wieder zurückgekehrt. Sie lebe aber sehr zurückgezogen und nehme zum Beispiel am Vereinsleben nicht teil. Die Angehörigen der Opfer besuche er hin und wieder, wie andere Einwohner auch. "Nicht unter der Prämisse, dass ich zum Reden über die Tat komme. Wenn ich am Weg bin, schaue ich vorbei", sagte Brettenthaler.

Aufgeregt habe ihn und die Bewohner von Stiwoll die Berichterstattung über Polizeipräsenz rund um das Dorffest am 15. August, das schon jahrelang um diese Zeit abgehalten werde. "Ganze zwei Polizisten von der Inspektion im nahen Hitzendorf waren da, und natürlich einige Security-Leute, aber die gibt es ja bei jedem größeren Fest mit Hunderten Gästen", sagte Brettenthaler. Wobei er natürlich nicht ausschließen wollte, dass die Polizei auf Eventualitäten vorbereitet gewesen wäre.

Alles bald wieder normalisiert

Hin und wieder habe es noch Kontakt mit der Polizei gegeben. Aber nach dem Abzug der Exekutive im Februar sei alles schnell wieder in normale Gänge gekommen. "Es hat ja ein Schussverbot im Gemeindegebiet gegeben, was vor allem die Jäger betroffen hat. Das haben aber alle respektiert, auch in den Nachbargemeinden. Wir wussten ja, die Polizei hat alles durchsucht, also sind die Jäger im Winter auch wieder das Wild füttern gegangen", sagte der Ortschef.

"Es gibt alle Möglichkeiten"

Unklar ist, ob Friedrich F. am Leben ist. "Ich habe gelernt, mit der Frage umzugehen. Es gibt alle Möglichkeiten. Das Thema ist so intensiv behandelt worden, ich denke, jede weitere Minute, die man sich darüber unterhält, ist schade. Die Zeit des Lebens, des Sommerfests, des Erntedanks, ist zu schön, um darüber zu reden. Das ist mein persönliches Empfinden", sagte Brettenthaler.

Keine Gedenkveranstaltung

Eine eigene Gedenkveranstaltung werde es nicht geben, sagte der Bürgermeister. "Der 29. Oktober wird ein ruhiger Tag in Stiwoll." Er wünscht sich, "dass wir keine medialen Besucher bekommen. Ich glaube, da spreche ich für alle."

Polizei hat keinen konkreten Hinweis

Auch nach einem Jahr hat die Polizei keinen einzigen konkreten Hinweis auf den Verbleib des Schützen Friedrich F. erhalten, sagte der Leiter der mittlerweile aufgelösten Soko "Friedrich", Rene Kornberger, im APA-Gespräch. Bei der internationalen Fahndung ist nach wie vor eine Belohnung von mehr als 5.000 Euro für Hinweise ausgelobt, die zur Festnahme des Steirers führen. Genutzt hat dieser finanzielle Anreiz bisher allerdings nichts, denn seit dem 29. Oktober 2017 fehlt abgesehen von dem in einem Wald gefundenen Fluchtfahrzeug jede Spur von dem damals 66-Jährigen. "Wir haben seit unserer letzten Pressekonferenz Ende Jänner noch knapp 40 Hinweise bekommen. Dabei handelte es sich um angebliche Sichtungen in Österreich und im benachbarten Ausland. Außerdem wurden Schlaflager gefunden. Die haben wir auch überprüft, aber sie waren nicht von dem Verdächtigen", sagte Kornberger.

»Je länger es keinen gesicherten Aufenthalt gibt, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass der mutmaßliche Täter verstorben ist«

Die Sonderkommission wurde Ende Jänner zwar aufgelöst, aber die Ermittlungen laufen weiter und zwar bis der Verdächtige gefunden ist. Hinweisen wird weiterhin nachgegangen und man hält mit Informanten sowie auch mit der Familie des Verdächtigen Kontakt. "Je länger es keinen gesicherten Aufenthalt gibt, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass der mutmaßliche Täter verstorben ist", sagte der Ermittlungsleiter. Eine Rest-Wahrscheinlichkeit, dass er sich weiterhin versteckt, bleibe natürlich aufrecht.

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