Stefan Petzner zeigt bei
"Dancing Stars" sein wahres Ich

Erst tanzte er nach Haiders Pfeife, nun bei „Dancing Stars“: Stefan Petzner will die TV-Show zur Imagekorrektur nutzen

von Portrait - Stefan Petzner zeigt bei
"Dancing Stars" sein wahres Ich © Bild: Ricardo Herrgott

Die Breaking News vorab: Stefan Petzner ist nicht mehr braun – nur noch alle drei, vier Wochen legt er sich ins Solarium. Und auch zwei andere Stereotype, die ihm hartnäckig anhaften, will er ab 15. März als Kandidat im ORF-Ballroom abschütteln. „Das eine ist jenes der Polit-Brutalos, das andere jenes des weinenden ,Lebensmenschen‘“, sagt er. „Aber ich möchte den Menschen dahinter zeigen, der so viel, viel mehr ist.“

Wir erinnern uns: Jörg Haider, dem der nunmehrige PR-Berater Petzner bis zuletzt als Pressesprecher diente, war verunglückt, der Getreue schluchzte vor laufenden Kameras. „Ich wurde mit meinen ehrlichen Tränen instrumentalisiert, das hat wahnsinnig wehgetan und verletzt.“

Denn die Gerüchteküche brodelte und ist bis heute nicht ganz erkaltet. „Ich halte es für einen Sündenfall des Journalismus, dass einem Menschen im Jahr 2008 aus politischen Motiven eine angebliche Homosexualität unterstellt und zum Vorwurf gemacht wurde, der nichts mehr sagen konnte, weil er bereits unter der Erde ruhte – gerade von denen, die sonst den moralischen Zeigefinger erheben, von linksliberalen Medien, die sonst die Regenbogenfahne schwingen“, empört sich Petzner.

Die Rolltreppe nach oben

Aber warum diese öffentlichen Tränen, warum stand er Haider persönlich so nahe? Der Reihe nach: Wer Petzner, heute 37 Jahre alt, verstehen möchte, muss die Gegend kennen, aus der er ursprünglich kommt – und auch deren Gegenentwurf, von dem er schon als Kind träumte.

Als Zwölfjähriger, erinnert er sich, habe er in einem Einkaufszentrum in Tamsweg zum ersten Mal im Leben eine Rolltreppe gesehen und sei total begeistert gewesen. „Ich komme aus einem kleinen Dorf am Ende der Welt“, erzählt Petzner. „Und Haider war der Kontrapunkt.“

Steirisch Laßnitz. Ein Gasthaus, die freiwillige Feuerwehr und die Kirche. Bergbauernkind Petzner war zwar brav Ministrant, aber nie ein Vereinsmensch. Das Elternhaus, erzählt er, sei immer voller Liebe gewesen, aber die Welt drumherum eng und das Klima rau. Nicht eingesperrt, aber abgeschottet habe er sich gefühlt. Heute sei er dankbar für diese Herkunft, weil sie ihm eine starke Verwurzelung gegeben habe, eine Art Urvertrauen.

Aber damals? „Die ländliche Welt der Lodenmäntel, Trachtenhüte und Lederhosen war nie meine.“ Noch als er ein kleines Kind war, habe seine Mutter gesagt: „Der Stefan ist eben anders als alle anderen.“

Bis zur zweiten Klasse Hauptschule habe er die Namen der meisten Mitschüler nicht gekannt, weil er sich ohnedies nicht mit ihnen zu reden getraute. Aufgehoben und verstanden fühlte sich der „schüchterne Außenseiter“ in der Musik von Udo Jürgens, „Zärtlicher Chaot“ war sein Lieblings­album, während die anderen „New Kids On The Block hörten. „Nehm’ mit sanfter Faust mir manche Freiheit raus, und in Lust und Not bleibt mein Herz im Lot“, sang Udo. Und Petzner erinnert sich: „Ich träumte von der großen Welt – der aus dem Fernseher.“

Und genau die verkörperte Haider: „Cool, lässig gekleidet, frech und, ja, auch reich.“ Für andere sei Michael Jackson ein Idol gewesen, für ihn, Petzner, eben Haider. „In der Psychologie würde man sagen, eine Spiegelung: Ich wollte so eine Rolle leben.“ Von heute auf morgen war er, mit Anfang zwanzig, Pressesprecher des Kärntner Landeshauptmanns, welche Macht das bedeutete, sei ihm erst viel später bewusst geworden. „Haider hat seine Mitarbeiter schon strategisch ausgewählt, gab vielen Jungen eine Chance, weil sie belastbarer und formbarer waren, doch viele konnten die Belastung nach ein, zwei Jahren nicht mehr aushalten.“

Petzner konnte. Gerade zwei Tage sei er in zehn Jahren außer Dienst gewesen, und das nur, weil er mit fast 40 Grad Fieber im Bett lag. „Haiders Motto war: Schwimme oder sauf ab. Und auch wenn er eine schützende Vaterfigur war, hieß für ihn zu arbeiten, sein Leben zu 100 Prozent für ihn und seine politische Sache zu opfern.“

Petzner ist geschwommen – um in seiner Traumwelt zu überleben. Bald beginnt das Tanztraining. Doch am Parkett will er nicht erneut ins Schwimmen geraten.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Printausgabe 49/2018

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