Stadt Salzburg empört über
"Frontalangriff" auf Sozialsystem

Aus für Notstandshilfe würde allein Mehrkosten bis zehn Mio. Euro verursachen

Die Pläne der türkis-blauen Bundesregierung zur Notstandshilfe stoßen in Salzburg auf starken Protest. Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer spricht dabei von Mehrkosten bis zu 10 Millionen Euro. Die Stadt Salzburg ortet auch darüber hinaus einen "Frontalangriff" auf das Sozialsystem.

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Sozialstaat - Stadt Salzburg empört über
"Frontalangriff" auf Sozialsystem

Die Stadt Salzburg protestiert gegen die von der türkis-blauen Bundesregierung geplante Überführung der Notstandshilfe in die Mindestsicherung. Alleine im Bereich der Stadt würde dies - vorsichtig geschätzt - zumindest Mehrkosten von acht bis zehn Millionen Euro pro Jahr bedeuten, die Stadt und Land je zur Hälfte tragen müssen, sagte am Donnerstag Sozialreferentin Vbgm. Anja Hagenauer (SPÖ).

Zurzeit würden in der Landeshauptstadt etwa 2.500 Menschen Notstandshilfe beziehen, wobei 500 davon zusätzlich Mindestsicherung (meist 100 bis 300 Euro monatlich) erhalten, erläuterte der Leiter der Sozialabteilung, Winfried Wagner, bei einem Mediengespräch. Gehe man davon aus, dass zumindest 1.000 Bezieher der Notstandshilfe sofort in die Mindestsicherung wechseln und die 500 dann die volle Mindestsicherung beanspruchen würden, wären dies Mehrkosten von acht bis zehn Mio. Euro im Jahr. Vor allem aber warnte Wagner vor einem: Diese Berechnung sei jetzt in einer Zeit der Hochkonjunktur angestellt worden. "Wenn die Arbeitslosigkeit wieder steigt, und das wird sie so sicher wie das Amen im Gebet, bekommt das eine so große Bedeutung, dass das soziale Netz einbrechen kann."

»Man nimmt wissentlich in Kauf, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht«

Hagenauer zeigte sich heute "entrüstet über den Frontalangriff auf weite Teile des Sozialsystems, das zwar laufend weiterentwickelt werden muss, aber im Grunde gut funktioniert. Man nimmt wissentlich in Kauf, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht". Und es sei entwürdigend, wie mit dem Schicksal von Menschen umgegangen werde. Viele Menschen seien zurzeit massiv verunsichert, etwa Ältere, die vor Kurzem schuldlos ihre Arbeit verloren hätten.

Auch die Mehrkosten durch die Abschaffung des Pflegeregresses hat die Stadt Salzburg durchgerechnet: Durch Einnahmenverluste der Seniorenheime, Mehrkosten bei der Sozialhilfe, den eigentlichen Entfall des Regresses und den Wegfall von grundbücherlichen Sicherstellungen wären dies pro Jahr etwa zehn Millionen Euro (je zur Hälfte für Stadt und Land), sagte Wagner. Die übliche Hochrechnung mit dem Faktor drei auf das gesamte Bundesland würde also Mehrkosten von 30 Millionen Euro bedeuten, das Land selbst habe die Kosten mit 21 Mio. Euro beziffert. Die vom Bund für ganz Österreich in Aussicht gestellten 100 Mio. Euro seien da "ein kleiner, netter Blumenstrauß, wir brauchen aber einen ganzen Garten", so Hagenauer.

"Die Bundesregierung kann leicht sagen: wir sparen, und bläst Ideen in die Luft, indem sie uns neue Aufgaben aufbürdet, ohne mit uns überhaupt zu sprechen", sagte die Sozialreferentin.

Großquartiere kontraproduktiv

Schwer verärgert zeigte sich die Vizebürgermeisterin, die Jahrzehnte lang in der Integration gearbeitet hat, auch über die Ankündigung, Asylwerber künftig vor allem in Großquartieren unterzubringen. "Wir wissen, je kleinräumiger die Unterbringung ist, desto weniger Spannungen gibt es, und zwar unter den Flüchtlingen selbst als auch mit der Bevölkerung. Der ehemalige Integrationsminister Sebastian Kurz scheint alles vergessen zu haben, was er an Erfahrung gesammelt hat."

Hagenauer hofft nun auf eine breite Allianz von Ländern und Gemeinden gegen die Vorhaben der Bundesregierung: "Wir brauchen eine gemeinsame Front. Die Fragen gehören mit dem Bund diskutiert und gemeinsam gelöst."

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