NEWS.AT: Ihr neues Buch heißt „Grimms Erben“. War es Absicht oder Zufall, dass das Buch genau jetzt, im Grimm-Jahr, erschienen ist?
Florian Weber: Ich erfuhr von meinem Verleger Peter Graf, dass in diesem Jahr das 200. Jubiläum der Veröffentlichung von Grimms Kinder- und Hausmärchen ist. Ein vortrefflicher Zufall. Andererseits konzentrieren sich durch dieses Ereignis viele Interviews sehr stark auf das Märchenhafte, was okay ist, aber natürlich längst nicht alles von Grimms Erben abdeckt.
NEWS.AT: Was war als Kind Ihr Lieblingsmärchen?
Florian Weber: Als Kind wohl Schneewittchen, weil ich Teil dieser kleinen Wichtel sein wollte. Das Häuschen versprühte fast schon alpine Gemütlichkeit, die Kameraden wirkten sehr drollig und Schneewittchen war ein hübsches Kind. Dort hätte es mir gefallen. Mittlerweile halte ich es mit Tischlein deck dich. Ein Tisch, der stets mit Leckerheiten gefüllt ist, ein Goldesel und ein Sack samt Holzknüppel – das wünsche ich mir. Vor allem der Knüppel aus dem Sack wäre ein hilfreiches Utensil einigen Dampfplauderern mal die Leviten zu lesen. In der Gesellschaft, aber auch in der Politik!
NEWS.AT: Welches Märchen erzählen Sie heute Ihren eigenen Kindern besonders gern?
Florian Weber: Die Bremer Stadtmusikanten. Hier kann ich das Schöne meines eigentlichen Berufes mit der Vermittlung von individueller Stärke in der Gemeinschaft gut erklären. Und die bösen Räuber, welche für meine Kinder laufend eine gewisse potentielle Bedrohung darstellen, bekommen ihr Fett weg.
NEWS.AT: Wären Sie eine Märchenfigur, welche wären Sie? (und welche Ihre Bandkollegen von den Sportfreunden Stiller?)
Florian Weber: Flo: Aschenputtel, die Schmuddelprinzessin. Peter: Dornröschen, die Gut-Ding-braucht-Weile-Prinzessin. Rüde: Rapunzel, die Zopfprinzessin.
NEWS.AT: Wie ist Ihnen diese skurrile Story zu „Grimms Erben“ eingefallen?
Florian Weber: Ich musste unbedingt dem Drang folgen, einen Deserteur ins Warschauer Ghetto springen zu lassen (1. Teil: Die vermaledeite Flucht ins sich selbständig verkleinernde Labyrinth der Sternenträger). Und dann erschien mir immer ein gesellschaftliches Randgruppenindividuum, das durch einen amokartigen Rundumschlag für Gerechtigkeit sorgen will (2. Teil: Die Theorien des August Locher). Beide sollten der Kraft der erfundenen Geschichten verfallen sein. So entstand ein Konstrukt, das ich mit einer dritten Geschichte (Olympus Mons) zu erden versuchte. Da diese Geschichten vorerst keinen ganz klaren Zusammenhang erhielten, außer die Märchenaffinität aller Protagonisten, war der alles auflösende vierte Teil (Von Faden und Garn) eine logische Folge. Somit dreht sich alles um den geheimnisvollen „Buchmanneid“. Also alles Ideen, die mir in meinem normalen Leben ins Gehirn fetzten.
NEWS.AT: Was macht mehr Spaß, Musik oder Schreiben?
Florian Weber: Es ergänzt sich blendend. Das eine ist der hervorragende Ausgleich zum anderen. Ich bin sehr froh, beide Ausdrucksformen kennen zu dürfen.
NEWS.AT: Hören Sie Musik beim Schreiben? Wenn ja, welche?
Florian Weber: Auf keinen Fall! Ich kann zwar so ziemlich an jedem Ort schreiben, dazu brauche ich aber meine kreative Mütze, die ich mir überstülpe und unter der ich dann in meinen Geschichten verschwinde. Musik wäre da hinderlich und würde ablenken.
NEWS.AT: Eine kurze Empfehlung: Warum sollte man „Grimms Erben“ lesen?
Florian Weber: Es ist ein Feuerwerk an skurrilen Ereignissen, welche eine spezielle Romantik nicht missen lassen. Eine Reise durch 70 Jahre Fabulierkunst, in der Trauer, Wut, Zorn und Niedergang ebenso wichtig sind wie Mut, Hoffnung, Liebe und Freude. Eingewickelt in schwarzhumorigen bissigen Ton.
NEWS.AT: Worauf dürfen sich ihre Fans bei Ihrer Lesung in Wien freuen?
Florian Weber: Ich werde aus den ersten drei Teilen jeweils zwei Sequenzen lesen. Vor allem die Zusammenkunft von Nordlicht Joseph Schmidt mit der Alpenländischen Bedienung Theres im Hochzeitskammerl ist höchst prickelnd. Aber in Zeiten von „Shades of Grey“ darf man an Erotik nicht vorbeiproduzieren. Im Anschluss lege ich noch ein wenig aus meinem Repertoire der 90er Jahre CDs auf. Zwischendrin kann es eine öffentliche Podiumsdiskussion über den besten Würstelstand in der Wiener Innenstadt geben. Ich freue mich.
NEWS.AT: Wie geht es bei Ihnen weiter? Was kommt als Nächstes? Buch, CD,…?
Florian Weber: Die Sportfreunde befinden sich gerade in der Studiophase und wir werden hoffentlich noch vor dem Sommer unsere neue CD veröffentlichen. Damit geht’s dann durch die Lande. Es kracht und rummst wieder. Im Tourbus finde ich dann vielleicht wieder Zeit zum schreiben...
Info:
Florian Weber: Grimms Erben. Roman
mit Illustrationen von Kai Büschl
416 Seiten
ISBN 978-3-8493-0000-5
EUR 25.70 EU
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LESUNG + DJ-Set
Donnerstag, 15. November 2012, 20.00 Uhr
phil, Gumpendorfer Straße 10 - 12 1060 Wien
Gespräch mit dem Autor: Peter Graf (Programmleiter)
Ab 21.30 Uhr: DJ-Set mit Florian Weber