Insiderwissen in
Causa-Silberstein? "Absurd"

"Ich hätte mir eine Entschuldigung erwartet"

ÖVP-Chef Sebastian Kurz weist den Vorwurf des Insiderwissens rund um die Causa Silberstein zurück.

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ÖVP-Obmann Sebastian Kurz drängt in der Dirty Campaigning-Affäre um gefälschte Facebookseiten im Auftrag der SPÖ auf eine Entschuldigung von Bundeskanzler Christian Kern. "Wenn schon nicht bei mir, dann zumindest bei den Menschen, die getäuscht wurden oder radikale Postings verletzt wurden", erklärte Kurz am Rande einer Pressekonferenz am Montag. Die SPÖ müsse nun die offenen Fragen klären.

Kurz drängt auf Kern-Entschuldigung in Silberstein-Affäre

"Ich hätte mir eine Entschuldigung erwartet", zumindest bei jenen, die von den falschen Facebookseiten getäuscht wurden, meinte der Außenminister. Nun müsse von der SPÖ geklärt werden, wer diese Machenschaften und den mittlerweile gefeuerten Berater Tal Silberstein beauftragt hat, Dirty Campaigning zu machen. "Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen", dass jemand lediglich für die Datenanalyse beauftragt werde und man dann Dirty Campaigning "im großen Ausmaß" bekommt, stellte Kurz fest.

Passend dazu: Causa Silberstein: Kern verspricht Aufklärung

Der zurückgetretene SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler habe erklärt, die SPÖ habe dafür nicht bezahlt, daher stelle sich die Frage: "Wer hat das bezahlt, waren das Vereine", möglicherweise eine Umgehung der Parteienfinanzierung, meinte Kurz weiter: "Das ist zu klären. Ich erwarte mir wie viele anderen diese Antworten."

Welchen Kontakt hat Sebastian Kurz zu Silberstein?

Den Vorwurf, er würde über Insiderwissen in der Causa verfügen, wies der ÖVP-Chef zurück: "Das wird immer absurder." Er selbst habe bereits vor einem halben Jahr auf die Dirty Campaigning-Methoden Silbersteins hingewiesen: "Das wurde geleugnet. Jetzt kommt endlich die Wahrheit ans Tageslicht." Niedermühlbichler habe die richtige Konsequenz gezogen, so Kurz. Dass lediglich ein Mitarbeiter in der SPÖ, der noch dazu nun in Krankenstand sei, von den Methoden gewusst habe, ist für ihn nicht nachvollziehbar. Auf die Frage, ob er sich auch einen Rücktritt von Parteichef Kern erwartet, ging Kurz nicht ein.

Kommentar: Kern in der Löwelgrube

Er selbst habe mit der Sache insofern zu tun, dass die Facebookseiten fälschlicherweise seinen Namen trugen und dort gehetzt wurde. Selbst Journalisten hätten ihm nicht geglaubt, als er sich gegen diese Seiten gewehrt habe, so der ÖVP-Obmann.

SPÖ reagiert auf Causa Silberstein mit Klagen

Die SPÖ will nun rechtliche Schritte in der Causa Silberstein unternehmen. Nach Medienrecht wird Anzeige gegen Unbekannt eingebracht - also gegen die Betreiber jener drei Facebook-Seiten, die unter Mitwissenschaft zumindest eines SPÖ-Mitarbeiters Dirty Campaigning gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz betrieben haben. Dazu kommt eine Sachverhaltsdarstellung wegen der Diffamierung von Kanzler Christian Kern auf einer der Seiten. Kurz werde eingeladen, sich dem anzuschließen, erklärte der interimistische Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter Montagnachmittag gegenüber der APA.

Schließlich wird sich die SPÖ noch juristisch an Facebook wenden mit dem Ersuchen, die Namen der Initiatoren der Facebook-Seiten herauszugeben. Nach Rechtsansicht der SPÖ würde das E-Commercegesetz dazu die Möglichkeit bieten, gehe es in dem Fall doch um Kreditschädigung.

Durch die juristischen Schritte erhoffen sich die Sozialdemokraten mehr Tempo bei der Aufklärung der Sache. Denn die SPÖ stößt als private Organisation - die nicht die Möglichkeiten von Polizei oder Staatsanwaltschaft hat - hier an ihre Grenzen.

Suche nach unbekanntem Financier

Als sehr unwahrscheinlich bezeichnet Matznetter, dass die Kampagne mit jenem Honorar finanziert worden sein könnte, das Tal Silberstein seitens der Sozialdemokraten erhalten hat. Der Bundesgeschäftsführer vermutet, dass die Gage von anderer Seite gekommen sein muss. Wer der unbekannte Financier ist, wisse man zumindest derzeit noch nicht.

Was die Prüfung des Vertrags mit dem umstrittenen Werber angeht, setzt die SPÖ auf jenen Wirtschaftsprüfer, der vom Rechnungshof unter seinem damaligen Präsidenten (und heutigen ÖVP-Kandidaten) Josef Moser als Abschlussprüfer ausgesucht geworden sei. Er wurde von den Sozialdemokraten für eine entsprechende Prüfung engagiert. Ob sich die Untersuchung bis zum Wahltag ausgeht, wie sich die SPÖ das erhofft, ist allerdings unsicher.

Ex-Mitarbeiter Gusenbauers in Silberstein-Spezialeinheit

Tal Silbersteins Spezialeinheit für Dirty Campaigning gegen ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz soll laut "Falter" auch ein ehemaliger Mitarbeiter aus dem Kabinett von Ex-SPÖ-Chef und Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer angehört haben. Der Mann ist heute für die Signa-Gruppe von René Benko tätig und gilt als Urheber eines "Psychogramms" über SPÖ-Chef Christian Kern, das zuletzt für Aufregung sorgte.

Kern wurde in dem von der Tageszeitung "Österreich" publizierten Dossier als politisch unerfahren, sprunghaft und eitel beschrieben. Der Kanzler verhängte wegen der Veröffentlichung schließlich einen Interview- und Inseratenboykott über das Blatt. Der ehemalige Gusenbauer-Mitarbeiter, der seine Mitgliedschaft in der Silberstein-Spezialeinheit gegenüber dem "Falter" nicht kommentieren wollte, plädierte in dem internen Papier übrigens auch für massives Dirty Campaigning gegen die politischen Gegner der SPÖ.

Benko, Haselsteiner und Schlaff dementieren Finanzierung

Nach dem Holzindustriellen Gerald Schweighofer dementierten unterdessen auch Benkos Signa-Gruppe, Hans Peter Haselsteiner sowie Martin Schlaff eine finanzielle Unterstützung Silbersteins bzw. der manipulierten Facebookseiten gegen Kurz. "Signa verhält sich politisch neutral und hat im Wahlkampf weder Parteien noch Kampagnen finanziell unterstützt und gefördert. Unser Unternehmen hat mit den Sachverhalten nichts zu tun", sagte eine Signa-Sprecherin dem "Falter". Haselsteiner und Schlaff wiesen Fragen nach einer möglichen Finanzierung gegenüber dem "Standard" zurück. "Das stimmt nicht. Jeder, der so etwas behauptet, lügt", meinte Haselsteiner. "Das schließe ich aus", erklärte auch ein Schlaff-Sprecher.

Der neue interimistische Bundesgeschäftsführer und Leiter der SPÖ-internen Task Force zur Klärung der Affäre, Christoph Matznetter, hatte am Montag ja in den Raum gestellt, dass die Gage für die Dirty Campaigning-Truppe Silbersteins von anderer Seite und nicht aus dem SPÖ-Honorar an Silberstein gekommen sein muss. Das Honorar für ihren Wahlkampfberater Silberstein - kolportiert werden rund 400.000 Euro, von denen drei Viertel ausbezahlt worden sein sollen - wollte die SPÖ-Bundesgeschäftsstelle ursprünglich übrigens über den SPÖ-Parlamentsklub abrechnen. Klubobmann Andreas Schieder lehnte dies jedoch ab, weil solche Beratungsleistungen nicht mit der parlamentarischen Arbeit zusammenpassen, wie Schieder dem "Falter" und Mitte September schon "profil" sagte.

Kommentare

Dana Agu

400.000 Euro für Silberstein? Das ist der wahre Skandal. Uns werden in der Arbeit keine Mappen mehr ausgegeben und Überstunden machen wir gratis.

alle Parteien reden nur von dieser Causa, von den Programmen hört man gar nichts mehr. Der Wahlkampf, die Politier und diese Unkultur widern mich an!

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