Und wo bleibt in der
Kulturnation die Kunst?

Wann folgt Kunstminister Werner Kogler dem Beispiel des gleichnamigen Sportministers und meldet sich zu Wort? Sein Kollege Heinz Faßmann hat das mit leidlichem Erfolg getan

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Der Sportminister hat sich schon lang zu Wort gemeldet: In einer seiner beliebten Pressekonferenzen hat Werner Kogler die darbende Ballesterer-und Aufschlägerschaft seiner tätigen Unterstützung versichert. Vom Kunstminister gleichen Namens wurde nichts dergleichen bekannt, und das wäre insofern auch in Ordnung, als er sich ja eine Fachkraft beigeordnet hat. Aber Ulrike Lunacek, deren Existenznachweiserbringung ich nach wie vor entgegenfiebere, meldet sich bloß aus dem Halbdunkel einer Videosprechstunde, die keiner wahrnimmt.

Dabei geht es für die Kulturschaffenden ans Überleben, und zwar im Sinne einer albtraumhaften Demokratisierung für Kleine und Große, Jodler und Literaten, Opernsänger und Pop-Veranstalter. Wer nicht als Angestellter vorläufige Immunität genießt, steht über Monate vor dem Ausfall sämtlicher Einkünfte. Wobei nicht verschwiegen werden soll, dass schon etwas geschehen ist. Aus dem Künstlersozialversicherungs-und dem Härtefallfonds fließen einige Millionen. Aber die sind erstens bei Weitem nicht genug und gelangen zweitens nach gemeingefährlichen Kriterien zur Verteilung. Zum Beispiel darf der Begünstigte nicht zu viel, aber (ein Zynismus der Sonderklasse) auch nicht zu wenig verdient haben und auch nicht mehreren Beschäftigungen nachgegangen sein, womit Freiberuflern praktisch die Existenzgrundlage infrage gestellt wird. Die Interessenvertretungen erflehen Abhilfe, bei deren Inaussichtstellung vor mehreren Wochen es geblieben ist.

Und da ist von den staatstragenden Riesenunternehmen noch nicht die Rede: Die Salzburger Festspiele zum Beispiel sind der größte Wirtschaftsfaktor der Region. Sie in Schieflage zu versetzen, wäre eine Katastrophe, derer sich selbst Analphabeten gewärtig sein müssten.

Soeben hat der Bildungsminister seine Pressekonferenz beendet, und ja: Es hätte schlimmer kommen können, sogar wesentlich. Ich bin da leidenschaftlich Partei, denn meine Tochter ist Teil des schon historischen Corona-Jahrgangs, und sie will ihre Matura ablegen (nicht einmal mein Verweis auf den großen Notmaturanten Hugo Portisch, der im Bombenhagel des Frühjahrs 1945 ohne Prüfungsaktivitäten absolvieren konnte, vermag sie zu überzeugen). Man wird den jungen Leuten entgegenkommen, ohne ihnen die Matura nachzuwerfen. Dass noch ausstehende Schularbeiten in den knappen drei Wochen nach dem 4. Mai bewältigt werden sollen, sieht meine Tochter gelassener als ich. Ich hätte einen schriftlichen Test nur für Gefährdete vorgezogen, aber ich habe meine mathematische Karriere schon vor einem Jahrtausend mit einem nie erträumten Befriedigend stillgelegt. Also: Friede und gutes Gelingen allen Beteiligten! Obwohl, meines Erachtens, die Chance versäumt wurde, den zumindest tendenziellen Rückbau der schwachsinnigen Zentralmatura zu erproben, ohne sich zu etwas zu verpflichten.

Übrigens habe ich kürzlich den Jahresbericht des Wasagymnasiums aus dem Jahr meiner angeblichen Reifung wiedergefunden und meiner Tochter die dort publizierten Maturaaufgaben präsentiert. Sie konnte nicht fassen, was sie da sah. Mit diesen Anforderungen, ließ sie mich wissen, fände heute nicht einmal eine Mathematikschularbeit der siebenten Klasse das Auslangen. Dies den HTL-zertifizierten Freilandmathematikern, die jetzt wieder in Rudeln an die Geräte trotten, um uns über Internetforen darüber zu informieren, welch beschämenden Tiefstand das heutige Bildungswesen doch erreicht habe. Meine einschlägig liebste Wortmeldung lautete wie folgt: "Wenn ich mir anschaue wieviel ungebildete Maturanten sich bei uns vorstellen kommen dann denke ich das es durch diese Corona Maturanten auch nicht schlimmer wird." Sechs Rechtschreib-, Grammatik-und Beistrichfehler in zwei Zeilen: Damit wäre wiederum ich bei der gymnasialen Aufnahmeprüfung durchgefallen.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: sichrovsky.heinz@news.at

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