Ein Haus für die
Musik der Sprache

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Nach der virtuos gearbeiteten, aber sonderbar spracharmen und seelenlosen Burgtheaterpremiere von Horváths "Glaube, Liebe, Hoffnung" suchte ich einen Adressaten meiner Wehklagen. Ereilt hat es, obligat per Mail, die schon leidgeprüfte Elfriede Jelinek. Sie hatte Michael Thalheimers Inszenierung zwar nicht gesehen. Aber meine Klage um die unbeweint verklingende österreichischen Tonalität - nicht zu verwechseln mit Idiom oder Dialekt - in ihrer sanften Niedertracht konnte sie teilen. Und so kam nach zwei Hin- und Widererörterungen von Nobelpreisträgerinnenhand das Schlüssigste, was bisher zur Causa "Volkstheater" gedacht wurde. Das sich leerende Haus sucht ums Überleben eine Identität. Hier wäre sie: ein österreichisches Nationaltheater, das sich dem unglaublich reichen Repertoire zwischen Raimund und Handke, Schnitzler und Jonke, Nestroy und Turrini, Grillparzer und Ferdinand Schmalz, Anzengruber und Wolfgang Bauer, Horváth und Jelinek verpflichtet. Die Besten, etwa Paulus Manker (ihn oder Rita Thiele sähe Elfriede Jelinek auch als Direktor) oder Nikolaus Habjan, müssten ans Werk, und im Zentrum ihrer Bemühungen stünde, was österreichische Literatur mehr als alles andere ausmacht: die Sprache, anzuvertrauen den nicht ausreichend beschäftigten Wunderschauspielern, die mit Antritt der neuen Burgtheaterdirektion wieder um ein paar Solitäre mehr werden.

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