Die Causa Volkstheater: Vroni, es ist vorbei!

Hat die Direktion den Spielbetrieb eingestellt? Im April ist das Haupthaus an 14 Tagen geschlossen, der Rest gilt vielfach Gastspielen. Letzte Premiere bis Saisonschluss war am 17. Februar

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Jetzt werden Sie, meine geliebten Leser, mir gleich eins über die Schreibefinger schnalzen: Was will der Kerl denn schon wieder mit dem Volkstheater? Dort ist doch gar nichts! Sehen Sie: Genau darüber will ich heute mit Ihnen reden. Ich habe mir nämlich die Spielpläne des Hauses für den Monat April vorgenommen und konnte bei dieser Gelegenheit ab Stichtag 17. auch die Vorverkaufszahlen einsehen. Ich habe mich dabei nicht etwa jener apokryphen ÖVP-Website bedient, über deren Umtriebe sich Direktor Kay Voges im Februar mehrspaltig erregt hat, bis sie ungeachtet seiner Anstrengungen wieder im Miasma der Ungekanntheit versank. Sondern der offiziellen Angaben per Adresse www.volkstheater.at.

Ehe ich Sie nun mit dem Resultat entsetze, würde ich Sie gern daran erinnern, dass das Volkstheater die dritte, mit 15,8 Millionen jährlich subventionierte, dem Vollbetrieb von September bis Juni zweckgewidmete Wiener Großbühne ist. Das Haus, dies ist hinzuzufügen, fasst nach jahrzehntelangem Rückbau aktuell etwa 700 Besucher (eröffnet wurde es 1889 mit 1.900 Plätzen und war damit größer als das Burgtheater). Neben dem zentralen Haupthaus betreibt die Volkstheater GmbH noch eine Bezirkstournee durch kleinere Säle, dazu etliche Nebenräume, die hinsichtlich der Zuschauerzahl zu vernachlässigen sind.

»'Fellner Lesung' ohne Bindestrich statt Theater ist Standard«

Während nun die Staatsoper vor Besuchern birst, die "Josefstadt" fast wieder vorpandemischen Zulauf meldet und selbst das Burgtheater zögernde Erholungstendenz zeigt, bleibt volkstheaterseitig das große Haus im April

  • an 14 von 30 Tagen geschlossen.

Die 16 verbleibenden Abende im großen Haus verteilen sich auf

  • zwei Pop-Konzerte,
  • ein Gastspiel des Kabarettisten Josef Hader,
  • drei Auftritte der Choreografin Florentina Holzinger, deren Programm "Ophelia's Got Talent" als Auftragsstück der Berliner Volksbühne ebendort schon im September 2022 zur Premiere gelangte,
  • die Verleihung der Amadeus Awards als geschlossene Veranstaltung
  • sowie ganze neun Abende in Befolgung des Gesetzesauftrags, selbst hergestelltes Theater an das Publikum zu bringen. Einer der Termine gilt dabei einem Konzert des geschätzten Ensemblemitglieds Anna Rieser.
  • Bleiben acht von 30 Abenden, an denen das Volkstheater seine Subvention abdient. Fast immer ist dabei der oberste Rang geschlossen, womit ein Drittel der Plätze gar nicht in den Verkauf gelangt. Das verbleibende Angebot wird schütter bis verheerend genutzt. Mit anderen Worten erfreut sich Wiens dritte Großbühne damit des Zulaufs eines geräumigeren Kellertheaters.
  • Die letzte Premiere bis Saisonende fand am 17. Februar statt, der reguläre Spielbetrieb ist somit de facto eingestellt.

Dafür lässt man es an den Kleinstschauplätzen krachen! Im Pausenraum (Rote Bar genannt) lief über Monate die "Fellner Lesung". So wie auch die "Schmid Protokolle" unter Verantwortung eines "Instituts für Medien, Politik und Theater", das unter stolzer Hintanstellung seiner akademischen Exzellenz beim Gebrauch gekoppelter Hauptwörter dem sogenannten Deppen-Leerzeichen vertraut (heißt: den Bindestrich im Titel auf den Wegen des zivilgesellschaftlichen Widerstands gleich zweimal verloren hat). Nächstens tritt dort auch der kaum dem Gefängnis entronnene Privatdetektiv Hessenthaler auf: prinzipiell ein verdienter Mann, hat er doch als Orchestrator des Ibiza-Videos das schwarz-blaue Grauen beendet. Aber doch auch ein Pülcher, denn gesessen ist er wegen Drogenhandels.

Sogar den Restnutzen als Miet-Immobilie für die Festwochen hat das Volkstheater heuer bis auf zwei Ausnahmen im (sonst praktisch spielfreien) Juni eingebüßt. Womit man der Kulturstadträtin, die den seit Herbst 2020 waltenden Status quo erfunden hat, ein unmaßgeblich adaptiertes, gleichwohl unvergängliches Wort zuraunen will: Vroni, es ist vorbei! Um die tollen Schauspieler ist mir von Herzen leid.

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sichrovsky.heinz@news.at