Neos-Chef agiert wie
künftiger Koalitionär

Die Rolle von Neos-Chef Matthias Strolz wirkt undurchsichtig. Schon in den TV-Diskussionen vor der Wahl war er zwischen Annäherung und Distanz zu FPÖ und ÖVP gependelt. Diesen Kurs setzt er jetzt fort, so als gelte es, sich um die Funktion eines dritten, die Regierung von außen unterstützenden Koalitionärs zu bewerben.

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Kontrapunkt - Neos-Chef agiert wie
künftiger Koalitionär

In einem Interview mit dem „Standard“, aus dem die bisher linksliberale Tageszeitung einen rechtsgedrehten Blattaufmacher formulierte – „Strolz: Strache ist als Innenminister nicht zu verhindern“ – gab der Neos-Chef dem Bundespräsidenten Anweisungen, wie sich dieser zu bei der Regierunsbildung zu verhalten habe.

In der sonntägigen ORF-Sendung „Hohes Haus“ gab er wiederum Bedingungen bekannt, unter denen die Neos der neuen schwarz-blauen Regierung eine Verfassungsmehrheit verschaffen würden. Strolz wirkte so, als wollte er direkt mitregieren. Geschickt, aber ziemlich überheblich.

Zwei Deutungen sind möglich: Entweder will er jetzt schon sagen „Ich werde aufpassen, dass die neue Regierung den Staat nicht wie Orban umbauen will“. Oder er möchte sich mit der Zustimmung zu Verfassungsänderungen (via Zweidrittelmehrheit) Reformen erkaufen – etwa in der Bildungspolitik.

In diesem Machtspiel wird Irmgard Griss, zweite Spitzenkandidatin der Neos, als künftiges Mitglied des Verfassungsausschusses im Nationalrat eine zentrale Rolle zukommen. Nur sie kann den offenbar recht machtgeilen Strolz stoppen – mit juristischen Argumenten.

Tut sie das in möglicherweise entscheidenden Fragen nicht, würde sie nicht nur ihrer eigenen Reputation schaden, sondern auch der österreichischen Demokratie.

Gerfried Sperl
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