Mega-Eklat in Wien

Boliviens Präsident in Schwechat festgehalten - Botschafter: "Akt der Aggression"

von Evo Morales und Heinz Fischer © Bild: APA/Fohringer

Weiters sickerte laut internationalen Medienberichten durch, dass der Pilot beim Tower des Flughafens Wien wegen einer defekten Treibstoffanziege um Landeerlaubnis gebeten habe. Bolivien sprach jedenfalls von einem aggressiven Akt und einer Verletzung des Völkerrechts. Im österreichischen Außenministerium wollte man sich an Spekulationen zum Thema nicht beteiligen. Man könne dazu nichts sagen, weil die Überfluggenehmigungen Sache der Zivilluftfahrtbehörden - wie der Austro Control in Österreich - seien, hieß es gegenüber der APA.

Bolivien protestiert scharf

Morales konnte schließlich mit einem weiteren Zwischenstopp auf den Kanarischen Inseln nach Hause weiterfliegen. Vizekanzler Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) hatte Morales kurz vor dessen Weiterflug auf dem Wiener Flughafen besucht und danach erklärt, es habe eine "Freiwillige Nachschau" durch Vertreter Österreichs in der bolivianischen Präsidentenmaschine gegeben.

Bolivien widersprach dem später. Verteidigungsminister Ruben Saavedra sagte in La Paz, Morales habe seine Erlaubnis nicht gegeben und daher habe auch niemand die Maschine betreten. Gleichwohl protestierte Bolivien scharf gegen die Versagung der Überfluggenehmigung für die Maschine. Die Regierung warf den USA vor, den Zwangsstopp veranlasst zu haben.

Botschafter: "Von Österreich gekidnappt"

So wurde der Botschafter Boliviens in Genf, Sacha Llorenti Soliz, von der Nachrichtenagentur Reuters mit den Worten zitiert, Österreich habe Morales auf Befehl der USA "gekidnappt" und mit dieser Aktion einen "Akt der Aggression" begangen und das Völkerrecht verletzt. Anderen Quellen zufolge hatte Llorenti Soliz seine Aussagen allgemein gehalten und nicht direkt auf Österreich gemünzt. "Aus keinem Grund sollte ein Diplomatenflugzeug mit dem Präsidenten an Bord umgeleitet werden und zur Landung in einem anderen Land gezwungen werden."

US-Botschafter in Wien intervenierte

Wie die Tageszeitung "Die Presse" in ihrer Donnerstagsausgabe berichtet, hat es noch am Montagabend eine Intervention von US-Botschafter William Eacho gegeben. Laut "Presse" behauptete der Diplomat mit großer Bestimmtheit, dass Edward Snowden an Bord sei, der von den USA gesuchte Aufdecker jüngster Abhörskandale. Eacho habe auf eine diplomatische Note verwiesen, in der die USA die sofortige Auslieferung Snowdens verlangten. Im Außenamt wurde am Mittwochabend auf Anfrage der APA bestätigt, dass es einen Anruf Eachos gegeben habe. Druck sei dabei aber keiner ausgeübt worden.

Snowden befand sich seit 23. Juni auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo. Morales hatte an einer Energiekonferenz in der russischen Hauptstadt teilgenommen und dort öffentlich mit dem Gedanken gespielt, dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter Asyl zu gewähren. Sein Flugzeug war aber offenbar von einem anderen Moskauer Airport gestartet.

Gezielte Aktion Russlands?

Politische Beobachter halten es auch für möglich, dass der russische Geheimdienst die USA blamieren wollte und sie glauben ließ, dass Snowden an Bord der Maschine sei. "Die Amerikaner müssen wirklich überzeugt gewesen sein, dass Snowden an Bord ist", hieß es bei einer Diskussion in der Sendung "Journal Panorama" des ORF-Radiosenders "Ö1", an der unter anderen der Leiter der Diplomatischen Akademie Hans Winkler und der Völkerrechts- und Menschenrechtsexperte Manfred Nowak teilnahmen. Morales befand sich am Freitagabend nach einer weiteren Zwischenlandung auf den Kanarischen Inseln auf dem Heimflug nach Bolivien.

Kuba nannte den erzwungenen Zwischenstopp "inakzeptabel, unbegründet und willkürlich". Es sei ein Affront gegenüber allen Ländern Lateinamerikas und der Karibik. Auch der US-Druck auf Ecuador, Snowden kein Asyl zu gewähren, sei nicht hinnehmbar. Die Union südamerikanischer Nationen (UNASUR) kündigte einen Gipfel zu dem Vorfall für Donnerstag an. Dem Bündnis gehören Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Ecuador, Guyana, Kolumbien, Paraguay, Peru, Suriname, Uruguay und Venezuela an.

Asylunterstützer werden mehr

Snowden hat in mehreren Ländern um Asyl gebeten. Die meisten reagierten ablehnend oder zumindest reserviert. Es mehren sich aber auch die Befürworter. In Österreich sprachen sich bereits FPÖ und Grüne dafür aus. Der norwegische PEN-Club richtete ein Schreiben an Justizministerin Grete Faremo mit dem Ersuchen gerichtet, den Asylantrag Snowdens neu zu bewerten. Die internationale Autorenvereinigung berief sich in dem Brief auf die Erklärung der Menschenrechte der UNO und bat die Ministerin, die Einwanderungsbehörde in Oslo anzuweisen, den Asylantrag des US-Aufdeckers erneut zu prüfen.

Der PEN-Club führt dabei ins Treffen, dass bei der Gewährung von Asyl für afghanische Dolmetscher, die für die norwegischen NATO-Truppen in Afghanistan arbeiteten, ebenso vorgegangen worden sei. Falls die Justizministerin eine derartige Weisung erteilt, halten norwegische Experten eine Annahme des Asylantrags für möglich, obwohl eines der Formalkriterien für einen Asylantrag - die Einbringung auf norwegischem Boden - im Fall Snowdens nicht gegeben ist.

Snowden soll als Zeuge aussagen

In Deutschland sprach sich der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler dafür aus, den von den USA gesuchten Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden mit Hilfe des Strafrechts einreisen zu lassen. "Edward Snowden müsste als Zeuge vernommen werden", sagte Gauweiler am Mittwoch dem Portal "Süddeutsche.de". "Der Mann ist ein zentrales Beweismittel." Offenkundig berichte Snowden von schweren Straftaten, die auf deutschem Boden begangen worden seien. Der "Whistleblower" hatte Datenspionage der USA und Großbritanniens im großen Stil öffentlich gemacht.

Gauweiler zufolge könnte die deutsche Justiz den in Moskau festsitzenden Snowden vorladen und ihm als Zeugen sicheres Geleit zusichern - zumindest für einen bestimmten Zeitraum. Der deutschen Bundesregierung, die Snowden kein Asyl gewähren würde, wären dann die Hände gebunden. "Dann läge die Causa nicht mehr im Bereich der Politik, sondern in der kühlen Objektivität eines Strafverfahrens, das von der in Deutschland unabhängigen Justiz geführt wird", sagte Gauweiler.

Freihandelsgespräche sollen starten

Ungeachtet der Ausspähungen können die Freihandelsgespräche der EU mit den USA wohl doch kommende Woche beginnen. Frankreich änderte seine bisherige Position und erklärte, die Gespräche könnten starten, wenn zeitgleich Gespräche über die Aktivitäten des US-Geheimdienstes geführt würden. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hatte jüngst gefordert, die USA müssten vor den Freihandels-Gesprächen die Ausspähungen beenden oder zumindest ein Ende ankündigen. Die EU müsse "klare Kante" zeigen.

Kommentare

Ignaz-Kutschnberger

@mawi67...na was denkst, was da erst für ein Aufschrei gewesen wäre, wenn Opa Heinz da nicht einige Stunden an seiner Seite dankenswerter Weise ausgeharrt hätte...

Nur weil der Heinzi ihm die Schulter getätschelt hat, soll alles gut sein?

Ignaz-Kutschnberger
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Na na...ich sag nur: Gut das der Heinz und unser Außenminister vor Ort anwesend waren...

Ignaz-Kutschnberger
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das war die einzig RICHTIGE Entscheidung in dieser brenzlichen Situation, wo der südamerikanischen Präsident zu einem unfreiwilligen Zwischenstopp genötigt gewesen war. Schnelle Reaktion vom Michi und vom Heinz! Kann man nur sagen mit Bravour gemeistert! DANKE!!

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