Alois Schwarz: Bischof im Visier
von Justiz und Finanz

Die Staatsanwaltschaft untersucht ein umfassendes Dossier über Skandalbischof Alois Schwarz. Ein wesentlicher Teil davon betrifft Jagdeinladungen, die News aufgedeckt hat. Und der Fiskus zerlegt die wirtschaftliche Gebarung des Bistums

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Der Wunsch nach österlichem Frieden hat sich für Alois Schwarz nur bedingt erfüllt: Zwar agiert der umstrittene ehemalige Kärntner Bischof an seiner neuen Wirkungsstätte in St. Pölten trotz vernichtendem Wirtschaftsprüfbericht, aufsehenerregender päpstlicher Visitation und enormem medialem Wirbel weiter so, als ob nichts passiert wäre. Hinter den Kulissen ist der Druck auf ihn zuletzt aber spürbar gestiegen. Vor allem seit die Staatsanwaltschaft Graz zusätzliche Unterlagen im Umfang von mehr als 200 Seiten für weitere Ermittlungen im Strafverfahren von der Diözese Gurk angefordert und zugleich die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien (WKStA) involviert hat. Sie hat den Kollegen die Causa sogar "zur Übernahme angeboten"."Wir haben dies im Einvernehmen mit der Oberstaatsanwaltschaft Graz aufgrund der Komplexität des Verfahrens, wegen des Verdachts auf Korruption und dem Rang der möglicherweise betroffenen Personen aus Wirtschaft und Politik getan", sagt Hansjörg Bacher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, zu News. Man hoffe auch, dass so die Ermittlungen rascher und effizienter durchgeführt würden.

Bis Redaktionsschluss war das weitere Vorgehen der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Causa noch nicht klar, da auf nachgeforderte Akten aus Graz und deren Prüfung gewartet wurde, erklärt WKStA-Sprecher René Ruprecht - aber: "Handelt es sich um Korruption und einen 3.000 Euro übersteigenden Vorteil, sind wir jedenfalls dafür eigenzuständig."

Ein wesentlicher Teil der Ermittlungen betrifft Vorkommnisse, die News in der exklusiven Coverstory "Die Abschussliste des Bischofs" am 1. März 2019 geschildert hat. Darin wurde das einflussreiche Jagdnetzwerk von Alois Schwarz dargestellt -anhand von Einladungslisten, die News zugespielt wurden und die sich jetzt auch in den Händen der Ermittler befinden. "Nach Erscheinen des Artikels sind wir von uns aus aktiv geworden; dieser Sachverhalt ist dann zum bisherigen Akt dazugekommen", erklärt dazu Bacher. Die Grazer Staatsanwaltschaft ist schon seit Oktober des Vorjahres mit der Causa befasst, als an sie im Zuge eines Arbeitsgerichtsprozesses, den die enge Vertraute von Schwarz, Andrea E., angestrengt hatte, die Unterlagen weitergeleitet worden waren. Denn der Bischof soll sich beim Arbeitsvertrag für E. nicht an interne Vorschriften gehalten haben, wodurch ein Untreueverdacht im Raum steht.

Bei den aufgedeckten Jagdeinladungen geht es um beträchtliche Summen: Laut den Listen wurden von Juli 2007 bis November 2017 insgesamt 244 Abschüsse in den Revieren des Bistums Gurk registriert. Aber nur einer davon -ein im September 2010 erlegter 112 Kilo schwerer Hirsch -wurde auch bezahlt. Alle anderen getöteten Tiere - mehr als 50 Hirsche, rund 125 Reh-und Rotwildexemplare, 37 Gämsen, zehn Auerhähne, 13 Birkhähne, zwei Wildschweine und ein Murmeltier -nicht. Nach informierten Kreisen soll im Bistum der Abschuss eines Hirsches je nach Alter und Gewicht im Schnitt zwischen 1.500 und 8.000 Euro, ein Gamsabschuss zwischen 1.500 bis 2.500 Euro, ein Auerhahn 4.000 und ein Birkhahn 2.000 Euro kosten. Rechnet man diese Beträge hoch, so ergibt sich ein Schätzbetrag jenseits einer halben Million Euro, den die Abschüsse gekostet haben dürfen -und zwar ohne Bewirtungs-bzw. Unterbringungsaufwendungen.

Wirtschaftliche Ungereimtheiten

Dies ist insofern brisant, weil das Bistum, in dem der Bischof das alleinige Sagen hatte, Millionenverluste schrieb. Allein in den letzten vier Jahren waren es 3,9 Millionen Euro, wie ein von der kirchlichen Interimsführung in Kärnten nach dem Abgang von Schwarz in Auftrag gegebener Wirtschaftsprüfbericht ergeben hat. Eine Summe, die vor allem wegen umstrittener wirtschaftlicher Entscheidungen bzw. Investitionen im zum Bistum gehörenden Stift St. Georgen zustande kam. Und dort konnte Andrea E. - kirchenintern "Frau Bischöfin" genannt -nach Belieben schalten und walten. "Diese Verluste sind Ergebnis einer völlig verfehlten, Wirtschaftlichkeitsüberlegungen außer Acht lassenden Investitionspolitik und höchst fragwürdiger Personalentscheidungen", heißt es in dem Bericht, der ebenfalls Teil des Ermittlungsakts ist. Für Aufregung sorgten u. a. der laufende Ausbau des Hotels, ein neues Seebad, ein esoterischer Weg der Orientierung, eine kostspielige Backstube und der geplante Bau eines 2,5 Millionen Euro teuren Saunahauses. Auch ein Ethikinstitut, das wegen mangelnden Erfolgs wieder verkauft wurde, verschlang fast 600.000 Euro.

Der finanzielle Abgang hätte indes weniger hoch ausfallen können, hätte sich der Bischof bei seinen Aktivitäten mehr an ökonomischen denn an gesellschaftsträchtigen bzw. leidenschaftlichen Maßstäben orientiert. Denn Schwarz, dem ein Hang zur besseren Gesellschaft nachgesagt wird, hat jahrelang zahlreiche Promis aus Politik, Wirtschaft, Kultur und auch aus der Kirche zur Jagd auf die Flattnitz im kärntnerisch-steirischen Grenzgebiet eingeladen. Gratis, wie aus den Einladungslisten hervorgeht. Dadurch seien dem Bistum wesentliche Einnahmen entgangen, heißt es in kirchlichen Kreisen. Bischof Schwarz habe mit den Einladungen "ihm treuhändisch anvertrautes Vermögen" sozusagen "freihändig verteilt".

Gratisabschüsse für Promis

Zu den Gästen des Bischofs, der mit seiner Vertrauten Andrea E. die Jagdleidenschaft teilte, gehörten bekannte Politiker, Unternehmer und Vertreter von Interessenvertretungen: z. B. Andrä Rupprechter, der zum Zeitpunkt der Einladung 2017 ÖVP-Landwirtschaftsminister und damit Amtsträger war. Der niederösterreichische Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf war im Mai 2014 eingetragen; zu dem Zeitpunkt war er Landesrat. Ex-Landwirtschafts-und Finanzminister sowie ÖVP-Chef und nunmehr Raiffeisen-Topmanager Josef Pröll wiederum war im Oktober 2011 Gast von Schwarz - ebenso wie Christoph Leitl, bis 2018 Präsident der Wirtschaftskammer und jetzt Eurochambres-Chef, im September 2011. Weitere prominente Namen auf den Abschusslisten sind u. a. Karl-Heinz Strauss, Vorstandschef und Miteigentümer des Baukonzerns Porr, Veit Sorger, Aufsichtsratsvorsitzender der Mondi AG und Ex-Präsident der Industriellenvereinigung, der Südtiroler Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder oder Helmut Petschar, Chef der Kärntnermilch und Präsident der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter. Und neben Unterhaltungspromis wie Radiound TV-Moderator Arnulf Prasch waren auch kirchliche Würdenträger wie Abt Martin Felhofer vom Stift Schlägl oder der Wiener Dompfarrer Toni Faber zu Gast. Sie alle geben an, entweder aus privaten oder aus beruflichen Gründen eingeladen gewesen zu sein und keinerlei monetären Vorteil daraus gezogen bzw. nicht gegen Compliance-Vorschriften verstoßen zu haben. Ob und wie weit diese Aussagen stimmig sind, wird nun die Staatsanwaltschaft anhand der angeforderten Abschusslisten prüfen. Und zwar in zwei Richtungen: in die des Einladenden und die der Eingeladenen. "Mögliche Korruption betrifft nie eine Seite", so Bacher. Aber auch vom Fiskus könnte Schwarz Ungemach drohen: Nicht nur weil es für das Hunderte Millionen Euro schwere Bistum Gurk, dessen finanzielle Gebarung von der Kärntner Diözese völlig unabhängig ist, keine Gesamtbilanz gibt. Es ist rechtlich eine Stiftung und sei laut Kritikern vom Bischof sozusagen als "Selbstbedienungsladen" benützt worden, um seinen Leidenschaften frönen zu können.

Großprüfung der Finanz läuft

Seit März läuft im Bistum eine Großbetriebsprüfung der Finanz, wie seitens der kirchlichen Führung in Kärnten bestätigt wird. Die Diözese Gurk-Klagenfurt und das Domkapitel seien bereits geprüft worden, die Berichte dazu aber noch nicht fertiggestellt. Nun sind die Finanzprüfer damit beschäftigt, die Zahlen des Bistums komplett zu durchleuchten. Und so etwaigem kreativem Umgang mit Steuern auf die Schliche zu kommen.

Erst vor Kurzem hat das Bistum Gurk 40.000 Euro Steuern nachgezahlt, weil ein Ex-Geschäftsführer zu seiner Abfertigung noch einen Traktor erhielt. Dieser sei ein geldwerter Vorteil gewesen, aber nicht angegeben worden. Noch heikler könnte eine heuer eingebrachte Selbstanzeige bei der Finanz zu einem fragwürdigen Immobiliendeal sein. Dabei geht es um den möglicherweise steuerschonenden Verkauf von drei Seewohnungen in Pörtschach an einen Unternehmer um wohlfeile 1,5 Millionen Euro. Zuvor hatte das Bistum die Wohnungen von zwei alten Damen um günstige 1,38 Millionen erhalten, um der Kirche etwas Gutes zu tun. Die Immobilien wurden aber nicht kirchlich genutzt, sondern unter Führung von Schwarz weiterverkauft. Auffällig, dass zeitnah eine Stiftung des Unternehmers auf ein Spendenkonto beim Bundesdenkmalamt 600.000 Euro für das Diözesanmuseum Gurk überwies.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen könnte es für den Skandalbischof somit tatsächlich eng werden. Der päpstliche Visitator, Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, und der Wiener Kardinal Christoph Schönborn sprachen zuletzt zwar von möglichen Konsequenzen; bislang war aus Rom davon aber nichts zu vernehmen. Auch Anfragen von News dazu wurden vom Vatikan nicht beantwortet. Je nach Ergebnis der Ermittlungen könnte sich das ändern -und das Osterei sich für Bischof Schwarz als ein faules erweisen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der News Ausgabe Nr. 16/19

Kommentare

Mailyn P.

Pernkopf ist heute in NÖ Landeshauptfraustellvertreter, Josef Pröll bei Raiffeisen gut untergekommen und Landesjägermeister, und Schwarz wurde von der Landeshauptfrau wieder in der alten Heimat freundlich willkommen geheißen. Und man wird alles dafür tun, auch von Kirchenseite, dass der gute Hirte in NÖ ein gemütliches Lauschen hat. Und seine Ruhe vor Finanz, Justiz und Rom auch noch.

Bei der scheinheiligen Kirchengesellschaft ist ohnedies alles grau! Dafür zahle ich brav Kirchensteuer, aber nicht mehr lange!

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