Erster Ministerrat
nach der Angelobung

Erstmals tritt an der Seite von Kurz und Strache der neue Regierungssprecher auf

Die erste Ministerratssitzung der ÖVP-FPÖ-Regierung findet heute in neuem Setting statt. Erstmals tritt dabei an der Seite von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) der neue Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal auf. Er wird künftig rund um die Regierungssitzungen die Vorhaben und Beschlüsse der Regierung kommunizieren und präsentieren.

von
© Video: APA

Bei der ersten Sitzung der Regierung, in der auch einige inhaltliche Punkte beschlossen werden sollen, tritt die Koalitionsspitze mit Kurz und Strache flankiert von Launsky-Tieffenthal auf. Bei der weiteren Ministerräten sollen dann - je nach Themenlage - auch Fachminister oder der Regierungssprecher alleine auftreten. Aus Regierungskreisen wird betont, dass sich Kanzler und Vizekanzler den Medien aber nicht entziehen werden.

Ministerrat
© Renate Kromp

Stiller Start in den Ministerrat

Noch etwas inhaltsleer und orientierungslos ist die neue Regierung in ihren ersten Ministerrat gestartet. Die FPÖ-Regierungsriege zog geschlossen schweigend an den Journalisten vorbei, für die man im Bundeskanzleramt eigentlich extra ein neues Setting mit "Doorsteps" zum Fragenstellen aufgebaut hatte. Die ÖVP bot drei vorbereitete Statements auf, auf Fragen ging man nicht ein. Nach dem Ministerrat wird ein Statement abgegeben.

Die neue Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) sah die Bitte um ein Statement - etwa zur kritischen Haltung Israels gegenüber der FPÖ - überhaupt eher als Angebot, das sie mit den Worten "nein Dankeschön" ablehnte. Auch der Rest der blauen Regierungsmannschaft um Vizekanzler Heinz-Christian Strache blieb nicht stehen, um Fragen zu beantworten, und fremdelte noch etwas im Bundeskanzleramt.

Seitens der ÖVP wurde Justizminister Josef Moser vorgeschickt, um einmal mehr kundzutun, dass er nun in Sachen Staatsreform umgehend in die Tat umsetzen wolle, was er als Rechnungshof-Präsident aufgezeigt habe. Erstes Projekt werde eine Rechtsbereinigung. Danach kam Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), um die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen bis 1.948 Euro zu verkünden, die im Ministerrat beschlossen werden soll. Damit erreiche man 620.000 Österreicher, die durchschnittliche Entlastung betrage 300 Euro. Auf Fragen der Journalisten ging er nicht wirklich ein.

Noch irritierender war der Auftritt der neuen ÖVP-Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, der an eine Schulaufführung erinnerte: Sie referierte einen offenbar auswendig gelernten Text zum Beschluss einer Gedenkstätte in Maly Trostinec bei Minsk, wo von 1941 bis 1942 über 10.000 jüdische Österreicher ermordet wurden. Die Gedenkstätte sei ein "Signal" bereits im Vorfeld des Gedenkjahres. Eine folgende Journalistenfrage, ob sie nun die "Aufpasserin" des blauen Innenministers Herbert Kickl sei, ignorierte sie - und verließ stattdessen schnurstracks das Mikrofon Richtung Sitzungszimmer.

Änderungen im Setting

Die in der Vergangenheit immer wieder von teils chaotischem Gedränge der Kameraleute, Tontechniker und Journalisten begleiteten Minister-Statements vor Beginn der Regierungssitzung sollen künftig organisierter und ruhiger ablaufen. Im Steinsaal des Bundeskanzleramts wurden dafür entsprechende "Doorsteps", Podeste für die Kameras und entsprechende tontechnische Einrichtungen installiert.

Auch das Pressebriefung nach dem Ministerrat im Kongresssaal sieht künftig etwas anders aus. Die auftretenden Regierungsmitglieder und der Regierungssprecher wechseln von der Stirnseite auf die Fensterseite und präsentieren ihre Ergebnisse dort - zumindest in der ersten Ministerratssitzung - vor einen großen weißen Wand und einer Vielzahl von Fahnen. Mehrere Österreich- und EU-Flaggen und auf jeder Seite die Flaggen der neun Bundesländer. Bei der Amtsübergabe von Christian Kern zu Sebastian Kurz diente dieser Rahmen bereits als Hintergrund.

Tag 1 der neuen Regierung von Kritik überschattet

Die Angelobung der neuen Regierung war von heftigen Demonstrationen überschattet. Zudem mussten sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) Kritik aus dem Ausland stellen: Israel hat angekündigt, die Regierungsmitglieder der FPÖ vorerst zu boykottieren.

Betont gelassen reagierten der Bundeskanzler und sein Vize auf Kritik an der neuen Regierung durch den UN-Hochkommissar für Menschenrechte sowie mögliche Konsequenzen Israels auf die blaue Regierungsbeteiligung. Kurz hofft, die Bedenken ausräumen zu können. Er werde am heutigen Dienstag die israelische Botschafterin Talya Lador-Fresher treffen.

"Unsere Aufgabe wird es nicht nur sein, im Inland gute Arbeit zu leisten, sondern auch im Ausland zu überzeugen" - und Bedenken "zu zerstreuen und auszuräumen". Aber dafür habe die Regierung fünf Jahre Zeit, sagte Kurz, angesprochen auf die Aussage von Hochkommissar Said Raad al-Hussein, der Antritt von Schwarz-Blau sei eine "gefährliche Entwicklung im politischen Leben Europas".

»Unsere Aufgabe wird es nicht nur sein, im Inland gute Arbeit zu leisten, sondern auch im Ausland zu überzeugen«

Zur Ankündigung Isreals, dass es aber vorerst keinen direkten Kontakt zu den FPÖ-Minister geben und der künftige Umgang geprüft wird, hat Kurz bereits mit der Botschafterin telefoniert. Er habe "vollen Respekt" für diese Entscheidung, zeigte sich aber "optimistisch, dass wir diese Bedenken ausräumen können".

Strache verwies darauf, dass die Reaktionen im Jahr 2000 wesentlich schärfer gewesen sein - damals sei der israelische Botschafter abgezogen und der Kontakt zur Regierung generell eingestellt worden. Das sei jetzt nicht der Fall, es werde weiterhin Kontakt zu den FPÖ-geführten Ministerien auf Verwaltungsebene geben. Und der FPÖ-Chef versicherte, dass man einen "ehrlichen nachhaltigen freundschaftlichen Kontakt" wolle - und seine Partei im Kampf gegen den Antisemitismus "einer der wesentlichen Vertreter" in Österreich und in Europa sei.