"Schön langsam reißt uns die Geduld": Rüge für Ministerien wegen fehlender Akten

Banken-Ausschuss befasst sich mit Aktenübergabe Rohrmoser-Anwalt: BAWAG wollte Atomic-Konkurs

Der Banken-Untersuchungsausschuss wächst der Unmut darüber, dass Ministerien und Behörden angeforderte Akten gar nicht, spät oder erst nach mehrmaliger Anfrage dem Ausschuss zur Verfügung gestellt haben. "Schön langsam reißt uns die Geduld", äußerte der Ausschussvorsitzende Martin Graf die wachsende Unzufriedenheit der Abgeordneten mit der Exekutive.

Immer wieder tauchten sogar in den Medien Aktenteile zur Causa auf, die dem Ausschuss nicht übermittelt worden waren, kritisiert der Ausschussvorsitzende. Graf vermutet ein "nicht perfektes Amtsverständnis" einiger Amtsträger als Ursache dieser Ärgernisse. Auch für den VP-Abgeordneten Werner Amon ist es "inakzeptabel", dass die Abgeordneten bis zu vier Monate und länger warten müssen, und noch immer Akten fehlen, sagte er vor Journalisten.

Für SP-Fraktionsführer Kai Jan Krainer ist mit der neuen rot-schwarzen Bundesregierung hingegen eine Änderung bei der Praxis der Aktenübermittlung eingetreten. Die neue Justizministerin Maria Berger habe zehntausende Akten angeliefert und sei ein gutes Beispiel für die neue Kooperationsbereitschaft, so Krainer.

Es gebe Hinweise auf "Filterung" der übermittelten Akten durch Finanzministerium und Finanzmarktaufsicht (FMA), sagte der Grüne Abgeordnete Werner Kogler. Für ihn steht auch der Verdacht auf Zeugenabsprache im Finanzministerium im Raum, und zwar bei einem Treffen von mit der BAWAG befassten Beamten mit dem Generalsekretär des Finanzministeriums, Peter Quantschnigg, im November 2006. "Grasser hat mit seinen moralischen Standards viel Zerrüttung angerichtet", sagte Kogler. "Es wird nichts helfen, wenn er sich in die Badehose flüchtet". Verantwortlich für die nicht oder spät übermittelten Akten seien letztlich die Minister, auch Ladungen der Minister bzw. ihrer Vorgänger seien daher zu erwägen. Bei der Aktenübermittlung gehe es schließlich um das "hygienische Verhältnis zwischen Parlament und Exekutive".

Viele Akten nicht mehr verfügbar
Viele der vom Banken-Untersuchungsausschuss angeforderten Unterlagen seien nicht mehr verfügbar, seien nicht mehr da, sagte Gerhard Wallner, der im Finanzministerium mit der Aktenübermittlung an den Banken-Untersuchungsausschuss beauftragt wurde. Angesprochen, ob aus dem Ministerbüro selbst Unterlagen an den Ausschuss übermittelt worden seien, verneinte Wallner dies. Im Jänner, nach der Übergabe des Ministeriums, seien die privaten Daten wie die persönlichen E-Mails vom damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser, gelöscht worden.

Schon vor der offiziellen Anfrage zur Aktenübermittlung sei am 8. oder 9. November 2006 mit dem Finanzministerium, der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Nationalbank (OeNB) eine "kurze Sitzung" gemacht worden. Dabei sei besprochen worden, wer was liefert.

Von Seiten der OeNB habe Direktor Josef Christl, von der FMA Matthias Klinger an der Besprechung teilgenommen. Das Finanzministerium sei unter anderem durch den für die Finanzmarktaufsicht zuständigen Alfred Lejsek und dem Kabinettsmitarbeiter von Grasser, Hans-Georg Kramer, vertreten gewesen. Von der Finanzprokuratur habe niemand daran teilgenommen. Tage später habe er die Finanzprokuratur aber um ein Gutachten bezüglich der Aktenübermittlung und daraus folgenden Amtshaftungsfragen ersucht.

Wenige Tage später habe es auch eine Besprechung beim Generalsekretär im Finanzministerium, Peter Quantschnigg, gegeben, bestätigte Wallner auf Anfrage. Davon habe er nur im Nachhinein gehört. Damals habe er sich über diese "Doppelgleisigkeiten" geärgert. "Ich werde normalerweise nicht ausgesperrt", meinte Wallner. Auf Grund der Zusammensetzung der Gesprächsteilnehmer - wie berichtet haben daran auch der langjährig für die BAWAG-Aufsicht zuständige Ministerialrat Alexander Gancz, Lejsek, der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, und der für die BAWAG zuständige Staatskommissär Franz Sutter teilgenommen - habe er sich was denken können dabei. Von Seiten der Grünen etwa gibt es im Zusammenhang mit diesem Gespräch den Verdacht der Zeugenabsprache.

Justizministerium zögerte bei Atomic
Die Übermittlung der Akten aus dem Justizministerium an den Banken-Untersuchungsausschuss des Parlaments hat sich vor allem bei den Unterlagen zum Atomic-Konkurs und damit zusammenhängenden Akten gespießt. Wie Peter Hadler, Leiter der Präsidialabteilung 1 im Justizministerium, vor den Abgeordneten im Ausschuss erläuterte, habe es dazu - gestützt auf ein Gutachten von Professor Wolf-Dieter Arnold zum Untersuchungsausschuss - im Justizministerium zunächst Bedenken gegeben.

"Unsere Rechtsansicht war, dass wir alles hergeben dürfen, wo nicht Amtsverschwiegenheit oder Interessen berechtigter Dritter Personen berührt sind", betonte Hadler. Das Justizministerium habe dabei keinen Ermessensspielraum für sich gesehen, sondern habe versucht herauszufinden, was man weiterleiten dürfe. "Bitte um Verständnis, aber wenn wir die Amtsverschwiegenheit verletzen, droht uns ein Verfahren wegen Amtsmissbrauch", versuchte Hadler die Lage zu schildern.

Bei der Übermittlung von Akten an den Ausschuss zu Themen wie BAWAG und des insolventen Wertpapierdienstleisters AMIS im November 2006 waren daher zunächst die gewünschten Akten zum Atomic-Konkurs nicht dabei. Das Ministerium habe den Ausschuss in einem Schreiben auch auf diese Problematik hingewiesen. Erst nach einem - vom Justizministerium als eine Art "Beharrungsbeschluss" interpretierten - erneutem Ansuchen des Ausschusses vom Jahresanfang 2007 seien dann auch die angeforderten Atomic-Akten übermittelt worden.

Besonders beim Graf und beim Abgeordneten Ewald Stadler stieß diese Haltung des Justizministeriums auf Unverständnis. "Es war auch in der Volksanwaltschaft schon ein unglaublich zähes Bemühen, an Atomic-Unterlagen heranzukommen", erinnerte sich Stadler. Auch der VP-Abgeordnete Werner Amon reihte sich in den Reigen der Kritiker ein: "Ein wenig fühlen wir uns schon gepflanzt vom Justizministerium". Amon fragte, warum derartige Unterlagen offenbar dem Ausschuss "wissentlich" vorenthalten worden seien. "Ein parlamentarischer Ausschuss kann sich das nicht gefallen lassen".

Rohrmoser-Anwalt: BAWAG wollte Atomic-Konkurs
Florian Masser, seit 1997 als Rechtsanwalt der Familie des 2005 verstorbenen Atomic-Gründers Alois Rohrmoser mit der Insolvenz des Sportartikelherstellers befasst, sieht die damalige Atomic-Hausbank BAWAG als einzige Verantwortliche für den Atomic-Konkurs 1994. "Die BAWAG wollte jedenfalls den Konkurs, sie wollte klare Verhältnisse", sagte Masser am Mittwoch bei seiner Befragung vor dem Banken-Untersuchungsausschuss des Parlaments.

Die Skifirma habe rund 2 Mrd. Schilling (145 Mio. Euro) Verbindlichkeiten gehabt, davon rund 1,7 Mrd. Schilling bei der Hausbank BAWAG, sei aber nicht überschuldet gewesen, so Masser. Das gehe aus den Konkursquoten von 73 Prozent bei der Firma "Atomic for Sport" und von 20 Prozent im Privatkonkurs Rohrmoser hervor, argumentierte er. Die BAWAG hat diese Vorwürfe immer zurückgewiesen.

BAWAG-Anwalt: Atomic war zahlungsunfähig
Der Anwalt der BAWAG im Atomic-Konkurs, Florian Gehmacher, sieht die Vorgangsweise der BAWAG gegenüber dem Salzburger Sportartikelerzeuger als "völlig korrekt, professionell und gesetzeskonform". Zum Konkurszeitpunkt im September 1994 sei die Firma zahlungsunfähig gewesen. Heute sei Atomic ein blühendes Unternehmen, die Arbeitsplätze konnten erhalten werden und die BAWAG habe einen hohen Anteil ihrer Forderungen erhalten, schilderte Gehmachter bei seiner Befragung vor dem Banken-Untersuchungsausschuss im Parlament.

Die finanzielle Lage von Atomic sei zum Konkurszeitpunkt im September 1994 durch laufende Verluste seit 1988 negativ geprägt gewesen. Von zwei Mio. Schilling Verlust im Jahr 1988 sei der Verlust auf zuletzt 307 Mio. Schilling im letzten Geschäftsjahr vor der Konkurseröffnung gestiegen. Dennoch seien in diesem Zeitraum von Rohrmoser aus dem Unternehmen "erhebliche Entnahmen" in Millionenhöhe erfolgt, da das Unternehmen bis zum Jahr 1993 eine Einzelfirma war und die Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbH-Gesetzes nicht gegolten hätten.

(apa/red)