Schlafstörungen: Was jetzt am besten hilft

Schon vor der Corona-Krise litt jeder Dritte an Schlafstörungen. Was Sie jetzt machen können, um schlummernd durch die schweren Zeiten zu kommen.

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Gute Nacht, Österreich! - Schlafstörungen: Was jetzt am besten hilft © Bild: iStockphoto.com

Wer kennt sie nicht, jene scheinbar unendlich langen Nächte, in denen man sich stundenlang im Bett wälzt und einfach nicht mehr einschlafen kann?

"Jeder dritte Mensch in Europa leidet unter Schlafstörungen", weiß Manfred Walzl, Psychiater, Neurologe und Vorstand des Instituts für Schlafmedizin am Hansa- Privatklinikum in Graz. In unsicheren Krisenzeiten ist die Zahl wohl noch deutlich höher. "Die Sorgen der Menschen steigen verständlicherweise durch das Coronavirus und der Schlaf ist ein Spiegel der Seele", begründet Walzl. Vor allem bei Kindern nahmen schon vor Corona die Schlafstörungen zu. Rund 28 Prozent der Volksschulkinder sind davon betroffen, erklärt der Mediziner.

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Psychotherapeutin Christa Schirl bemerkt ebenfalls in den Gesprächen mit ihren Klienten, dass guter Schlaf in diesen Krisenzeiten immer seltener wird. "Mittlerweile berichten mir viele Menschen, dass sie unter Schlafstörungen leiden. Etliche werden in der Nacht gegen vier Uhr wach und können danach einfach nicht mehr einschlafen", so Schirl. Auch Panikattacken in der Nacht würden zunehmen. Davon betroffen seien vor allem jene Personen, die den Tag derzeit gut durchstehen, erklärt die Psychologin: "In der Nacht meldet sich dann aber das Unterbewusste mit all den Ängste und Sorgen."

Organisch oder psychisch

Es gibt laut Walzl 120 verschiedene Schlafstörungen. Dabei werden organische und nicht organische unterschieden. So gehören zur ersten Gruppe unter anderem nächtliche Atemstillstände. "Menschen, die darunter leiden, merken das oft selbst gar nicht", sagt Walzl. Dabei würden diese Atemaussetzer bis zu zwei Minuten dauern und das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall deutlich erhöhen. Das einzige Symptom: Betroffene kommen nie in ein tiefes Schlafstadium und fühlen sich am Morgen immer schlapp.

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Daher sollte jeder, der sich über einen längeren Zeitraum unausgeschlafen fühlt und unter Tagesmüdigkeit leidet, einen Arzt aufsuchen. Der sogenannte Epworth-Test zur Tagesschläfrigkeit gibt jedem selbst Aufschluss darüber, ob besser ein Arzttermin vereinbart werden sollte.

»Etliche meiner Klienten leiden derzeit an nächtlichen Panikattacken«

Auch vom Restless-Legs-Syndrom sind hierzulande Schätzungen zufolge bis zu einer Million Menschen betroffen. Dabei brennen oder schmerzen die Beine in Ruhe, also vor allem in der Nacht. Sobald die Beine wieder bewegt werden, bessern sich die Symptome. "Die Ursachen dafür sind noch nicht ganz geklärt. Die Krankheit ist aber mit Medikamenten behandelbar", sagt der Mediziner.

Die zweite Gruppe der Schlafstörungen hat psychische Ursachen. Dazu zählen Einschlaf-, genauso wie Durchschlafprobleme. Der häufigste Grund dafür ist Stress.

Doch was kann man machen, wenn einen gerade in Krisenzeiten die Sorgen und Ängste wachhalten? "Zunächst sollte sich jeder bewusst werden, ob meine Ängste realistisch sind oder ich an einer Corona-Phobie leide, also an einer übersteigerten Angst vor Corona", sagt Psychologin Schirl. Zu den realen Ängsten gehören etwa Existenzsorgen nach dem Verlust des Arbeitsplatzes. "So einem Menschen zu sagen, nimm ein heißes Bad und alles wird gut, ist nicht hilfreich", weiß Schirl.

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Vielmehr müsse sich der Betroffene diesen Ängsten stellen und schauen, wie er die Situation ändern kann. "Es ist wichtig zu unterscheiden, worauf ich selbst Einfluss haben und worauf nicht. Ein nächster Schritt ist, mir Hilfe zu suchen. Es kann schon ein Telefonat mit einem Freund oder einer Freundin hilfreich sein, wenn ich anschließend merke, dass ich mit meinen Sorgen nicht alleine bin", erklärt Schirl. Zudem gebe es professionelle Hotlines, etwa von Telefonseelsorge oder Psychologen-Verbänden, die jeder kontaktieren kann, wenn er Hilfe benötigt.

»Die Sorgen der Menschen steigen derzeit. Und der Schlaf ist ein Spiegel der Seele«

Übermäßiger Druck in der Arbeit ist ebenfalls häufig ein Grund für unruhige Nächte. Vor allem in der Nacht von Sonntag auf Montag schlafen viele schlecht. Sie wachen meist zwischen zwei und drei Uhr auf und das Gedankenkarussell geht los. Dieses Phänomen nimmt stark zu.

Wirkungsvolle Hausmittel

Allerdings sind ein, zwei schlechte Nächte noch kein Grund, gleich von einer Schlafstörung zu sprechen. Vielmehr gibt es für diese eine genaue Definition: "Von einer Schlafstörung spricht man, wenn Sie über einen Zeitraum von einem Monat dreimal pro Woche eine halbe Stunde nicht einschlafen können bzw. nach nächtlichem Erwachen noch über eine halbe Stunde wach liegen. Dann sollten Sie Ihren Arzt aufsuchen", erklärt Walzl.

Für den Mediziner sind Schlafmittel "eher das letzte Mittel der Wahl". Zunächst, empfiehlt er, müsse der Ursache auf den Grund gegangen werden. Bei leichteren Schlafstörungen würden zudem oft schon einfache Hausmittel helfen. So ist etwa eine ruhige, dunkle Umgebung entscheidend für guten Schlaf. Aber auch die richtige Matratze ist wichtig. Schließlich sollten wir rund acht Stunden täglich darauf verbringen, um ausgeschlafen und fit zu sein.

Tipps

  • Smartphone weglegen: Das Blaulicht, das von unseren Smartphones abgegeben wird, steht in Verdacht, die Konzentration des Hormons Melatonin zu stören und so unsere innere Uhr durcheinanderzubringen. Daher sollte man rund eine Stunde vor dem Zubettgehen das Handy weglegen.
  • Warmes Bad: Ein warmes Bad hilft zu entspannen. Lindenblüten-, Melissen-oder Hopfenextrakte im Badewasser verstärken diesen Effekt noch zusätzlich.
  • Schlafzimmertemperatur: Die Zimmertemperatur sollte auf alle Fälle unter 18 Grad liegen, empfehlen Schlafmediziner. Alles darüber sei nicht zuträglich. Denn beim Schlafen senkt der Körper seine Temperatur. Und das ist umso schwieriger, je heißer es im Zimmer ist.
  • Schlafenszeiten einhalten: Ein sich täglich wiederholendes Schlafritual und immer um die gleiche Zeit schlafen zu gehen, helfen dem Körper, sich auf einen Tag-Wach-Rhythmus einzustellen. Außerdem erst zu Bett gehen, wenn man wirklich müde ist. Sonst ist es logisch, dass man Schwierigkeiten beim Einschlafen hat.
  • Sport: Damit Kreislauf und Stoffwechsel nicht auf Hochtouren laufen, sollte am späten Abend auf intensives Training verzichtet werden. Ein Spaziergang kann hingegen eine durchaus positive Wirkung haben.
  • Johanniskraut: Johanniskraut ist eine Heilpflanze mit sehr vielfältigem Einsatzgebiet. Sie wird bei leichten Depressionen genauso angewandt, wie bei innerer Unruhe, Stimmungsschwankungen, Gicht, Rheuma und eben auch Schlaflosigkeit.
  • Hochwertige Matratze: Rund ein Drittel des Tages verbringen wir im Bett. Umso wichtiger ist daher eine qualitativ hochwertige Matratze. Diese sollte aus drei bis vier verschiedenen Zonen bestehen. Wichtig ist, dass die Matratze eine Stütze der Biegung der Wirbelsäule ist. Im Schulterbereich sollte sie hingegen härter sein.
  • Warme Milch mit Honig: Es zählt zu den uralten Hausmitteln und Wissenschaftler untersuchen immer wieder die Wirksamkeit. So viel scheint klar zu sein: In der Milch ist Tryptophan, eine Vorstufe des Schlafhormons Melatonin, enthalten. Der Zucker im Honig hilft, es zu binden und schnell in die Blutbahn zu bringen.
  • Kräutertee: Einer Vielzahl an Kräutern wird eine entspannende und schlaffördernde Wirkung zugeschrieben. Dazu zählen etwa Melisse, Hopfen, Baldrian, Lavendel und Kamille.
  • Gesunder Lebensstil: Ein gesunder Lebensstil trägt zu gutem Schlaf bei. Dazu gehören regelmäßige Bewegung, wenig Alkohol und gesunde Ernährung. Vor allem zu fettes Essen vor dem Schlafengehen kann Probleme bereiten.
  • Lüften: Wichtig für erholsamen Schlaf ist die Umgebung. Es sollte weder zu hell noch zu laut sein. Positiv wirkt sich auch zehnminütiges Lüften kurz vor dem Zubettgehen aus.

Christa Schirl Die Psychotherapeutin bemerkt durch die Corona-Krise eine Zunahme an Schlafstörungen

Manfred Walzl Vorstand des Instituts für Schlafmedizin am Hansa-Privatklinikum in Graz