Ein Armband gegen
die Massenpanik

2.300 Tote bei Massenpanik im Jahr 2015: Was nun Millionen Mekka-Pilger schützen soll.

von
Saudi-Arabien - Ein Armband gegen
die Massenpanik

Wie kam es zu dem Unglück?

Die Panik brach in der Nähe des Ortes Mina aus, wo die Gläubigen am dritten Tag der Wallfahrt symbolisch den Teufel steinigen. Hierbei werfen die Pilger von einer Brücke aus kleine Steine auf die "Dschamarat al-Aqaba", welche den Teufel symbolisiert. Die Dschamara war früher eine Säule, ist heute aber eine hohe Mauer mit konkaven Wänden. Einzelheiten zu den Ursachen der Massenpanik nannte die Zivilverteidigung zunächst nicht. Die Opfer stammten aus verschiedenen Ländern.

In Mina hatte es nach einem schweren Unglück im Jahr 2006 eigentlich mehrere Baumaßnahmen gegeben, die für einen reibungslosen Strom der Pilger sorgen und einen Massenandrang verhindern sollen. Damals waren bei einer Massenpanik 350 Gläubige gestorben. Deswegen werden die Pilger heute so geleitet, dass sich ihre Wege nicht mehr kreuzen. Außerdem ließen die saudischen Behörden ein fünfstöckiges Gebäude bauen, von dem aus die Pilger symbolisch den Teufel steinigen.

Was ist die Hadsch?

Die große muslimische Pilgerfahrt Hajj (Haj/Hadj/Hadsch) findet einmal im Jahr statt und führt Gläubige aus allen Teilen der islamischen Welt im saudi-arabischen Mekka zusammen. In diesem Jahr begann sie am 21. September (Montag). Das Datum richtet sich nach dem islamischen Mondkalender. Die kleine Pilgerfahrt, Umrah, kann zu jeder beliebigen Zeit erfolgen.

In diesem Jahr haben sich mehr als zwei Millionen Menschen auf die Pilgerfahrt nach Mekka gemacht, darunter fast 1,4 Millionen aus anderen Ländern.

Die schwersten Unglücke der Hadsch-Geschichte

  • Dezember 1975: In einer der Zeltsiedlungen für Pilger verursacht eine explodierende Gasflasche einen Großbrand. Dabei sterben 200 Menschen.
  • 20. November 1979: Einige hundert saudi-arabische Oppositionelle verbarrikadieren sich in der Großen Moschee von Mekka und nehmen Dutzende von Pilgern als Geiseln. Bei der gewaltsamen Befreiung zwei Wochen später werden 153 Menschen getötet.
  • 31. Juli 1987: Saudische Ordnungskräfte gehen gegen eine unerlaubte Demonstration iranischer Pilger vor. Bei den Zusammenstößen sterben 402 Menschen.
  • 2. Juli 1990: In einem Fußgängertunnel, der ins Mina-Tal führt, ersticken 1.426 Pilger. Offenbar löste ein Ausfall der Belüftungsanlage eine Panik aus.
  • 24. Mai 1994: 270 Pilger werden bei einer Massenpanik während der symbolischen Teufelssteinigung in Mina zu Tode gedrückt.
  • 15. April 1997: Bei einem Feuer in der Zeltstadt der Pilger im Mina-Tal sterben 343 Gläubige. Der Brand wurde durch einen Gaskocher ausgelöst.
  • 9. April 1998: Im dichten Gedränge bei der symbolischen Steinigung des Satans in Mina sterben 118 Pilger. Mehr als 180 Menschen werden verletzt.
  • 1. Februar 2004: 251 Menschen sterben in einem Gedränge in Mina am ersten Tag der symbolischen Teufelssteinigung.
  • 12. Jänner 2006: Mindestens 364 Gläubige werden bei einer Massenpanik während der symbolischen Steinigung des Teufels in Mina getötet.
  • 11. September 2015: Beim Sturz eines Baukrans auf die Große Moschee von Mekka werden mehr als hundert Menschen getötet. Mehr als 200 weitere werden verletzt.

Was passiert bei der Hadsch?

Im Folgenden einige Informationen zu dem Ritual, das zu den "fünf Säulen des Islam" (Glaubensbekenntnis, Gebet, Fasten im Monat Ramadan, Unterstützung der Armen, Pilgerfahrt nach Mekka) zählt:

  • Einmal im Leben dabeisein ist Pflicht: Jeder Muslim ist verpflichtet, zumindest einmal in seinem Leben an der Hajj teilzunehmen, sofern er es sich finanziell leisten kann und gesundheitlich in der Lage ist. Das Ritual folgt einer Regel, die auf die Lehre des islamischen Religionsstifters Mohammed zurückgeht.
  • Zwei Millionen Gläubige: In jedem Jahr nehmen rund zwei Millionen Gläubige an der Wallfahrt teil. Das Fest bietet damit eine beispiellose Gelegenheit für die Anhänger des Islam aus den verschiedensten Ländern und Kulturen zusammenzukommen.
  • Datum nach Mond: Die Hajj findet im zwölften Monat des islamischen Jahres (Dhul Hijjah) statt, dessen Einteilung sich nach den Mondperioden richtet. Damit fällt die Wallfahrt immer wieder in eine andere Jahreszeit.
  • Spezielles Gewand: Die Pilger tragen ein spezielles, schlicht gehaltenes weißes Gewand, das die Unterschiede von Arm und Reich nicht mehr erkennen lässt und die Überzeugung symbolisiert, dass vor Gott alle Menschen gleich sind.
  • Die Glaubens-"Route": Die Wallfahrt führt die Pilger zunächst aus der Stadt Mekka hinaus, in die etwa 15 Kilometer östlich gelegene Ebene Arafat, wo sie den Nachmittag des zweiten Tages verbringen. Dann kehren sie in Etappen nach Mekka zurück.
  • "Steinigung des Teufels": Auf dem Rückweg nach Mekka vollziehen die Pilger das Ritual der Steinigung des Teufels. Sie werfen von einer Brücke aus Steine auf drei Stelen, die an der Stelle stehen, an denen der Teufel Abraham erschienen sein soll.
  • Der schwarze Kubus: Alle Pilger besuchen die Große Moschee, in deren Mitte sich die Kaaba befindet, ein riesiger, mit einem schwarzen Vorhang (Kiswa) umhüllter Kubus, in dessen Seite der "schwarze Stein", ein Meteorit, eingemauert ist. Laut dem Koran wurde die Kaaba vom Propheten Abraham und seinem Sohn Ishmail (Ismael) errichtet.
  • 14 Umrundungen: Die Pilger umrunden die Kaaba sieben Mal zu Beginn der Wallfahrt und zu ihrem Abschluss; diese Umrundung heißt Tawaf. Zudem legen sie den Weg zwischen den beiden heiligen Hügeln Safa und Marwa innerhalb der riesigen Moschee ebenfalls sieben Mal zurück.
  • Opferfest: Die Hajj wird mit dem Opferfest beendet, dem Eid al-Adha. Es ist neben dem Eid al-Fitr zum Ende des Fastenmonats Ramadan das höchste Fest des Islams, wird in der gesamten islamischen Welt begangen und dauert drei Tage. Hunderttausende von Kühen, Schafen und Kamelen werden geschlachtet. Ein Großteil des Fleisches wird an Bedürftige weitergegeben.
  • Bibelgeschichte: Das Opferfest erinnert an die biblische Geschichte, in der Gott Abraham befiehlt, seinen Sohn zu opfern. Nach islamischer Tradition handelte es sich bei diesem Sohn um Ismail, nicht um Isaak wie in der biblischen Geschichte. Im letzten Moment änderte Gott seine Forderung und Abraham sollte ein Schaf schlachten. Die Geschichte gilt als Ausdruck des Gottesvertrauens Abrahams.
  • "Rein wie Ungeborene": Dem islamischen Glauben zufolge kehren die Pilger von der Hajj "rein wie Ungeborene" zurück. Im Koran werden die Teilnehmer als "Gäste Gottes" bezeichnet.

Mekka - Die heilige Stadt des Islams

Jedes Jahr reisen Millionen Pilger nach Mekka, um in der Heiligen Moschee zu beten. Am ehrwürdigsten ist die Wallfahrt im Monat Hadsch rund ums Opferfest. Mekka liegt etwa 70 Kilometer vom Roten Meer entfernt und trägt den Ehrentitel "al-Mukarrama" ("die Ehrwürdige"). Die günstige Lage am Schnittpunkt mehrerer Karawanenstraßen auf der arabischen Halbinsel machte sie schon früh zu einem bedeutenden Handelsplatz. Traditionell sind die Pilgerströme für die Millionenmetropole eine bedeutende Einnahmequelle. Nicht-Muslime dürfen die Stadt nicht betreten.