Kamarg: Ein Klassiker kehrt zurück

Ein österreichischer Rucksack feiert sein Comeback

Vor vier Jahren fand Franz Drack auf dem Dachboden seiner Eltern einen alten Rucksack aus den 50er Jahren. Jetzt haucht er der, in einen Dornröschenschlaf verfallenen, Grazer Marke „Kamarg“ wieder neues Leben ein und verschafft ihr ein Comeback.

von Rucksack Comeback - Kamarg: Ein Klassiker kehrt zurück © Bild: Kamarg/beigestellt

Es dauerte genau 5 Stunden und 49 Minuten und das Finanzierungsziel von 20.000 Euro auf Kickstarter war erreicht. Franz Drack war sich gerade Sushi zum Mittagessen holen als die Marke geknackt wurde. Seit sieben Uhr in der Früh saß er vor dem Computer und beobachtete die hochschnellenden Unterstützerzahlen. Rund 24 Stunden später war der Betrag bereits doppelt so hoch.

© Kamarg/beigestellt Die Rucksäcke wird es in drei verschiedenen Farben geben

Die Idee, die so viel Anklang fand, kam Drack auf dem Dachboden seiner Eltern. Hier entdeckte er in einer Holzkiste einen alten Rucksack der Firma „Kamarg“. Eine österreichische Kultmarke aus den 50er Jahren, die er jetzt vier Jahre später wieder zum Leben erweckt. „Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass wir unser Finanzierungsziel so schnell erreichen“ so der frischgebackene Unternehmer, der eigentlich aus dem Marketing kommt. Seine berufliche Herkunft lässt sich kaum leugnen, bei den gezielt gesetzten Social-Media-Maßnahmen, die den neuen „Kamarg“ schon bekannt machten, bevor dieser überhaupt auf dem Markt ist. Im September werden die ersten Stücke verschickt, die man sich jetzt schon über Kickstarter sichert.

Ein Grazer Klassiker im Dornröschenschlaf

„Kamarg“ wurde 1949 in Graz von Herbert Margutsch und seinem Vater gegründet. Die Werkstatt befand sich in der Griesgasse, von welcher man den bekannten Grazer Uhrenturm sehen kann, der das Logo der Marke ausmacht. Die Rucksäcke erfreuten sich schnell großer Beliebtheit und wurden zu einem Bestseller in den 50er und 60er Jahren. Wandern erfreute sich immer größerer Beliebtheit und so wurden 1960 etwa 2.000 Sportgeschäfte von „Kamarg“ in der Alpenregion beliefert. Mit der aufkommenden Konkurrenz aus dem Ausland verliert der Grazer Rucksack ab den 70er Jahren an Bedeutung und fällt in einen Dornröschenschlaf.

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»Ich denke, dass der Erfolg viel mit der Nostalgie zusammenhängt«

Wie auch Drack finden viele Menschen die alten Rucksäcke in ihren Kästen oder schwelgen in Erinnerungen. Diese posten sie auf der Facebookseite von „Kamarg“. „Ich denke, dass der Erfolg viel mit der Nostalgie zusammenhängt, die der Rucksack bei vielen hervorruft“ erläutert Drack. Es war vor allem das einfache und zeitlose Design, das zuerst seine Arbeitskollegen und Freunde begeisterten, als er begann den Rucksack seines Vaters im Alltag zu tragen, und schlussendlich auch ihn davon überzeugte, eine Neuauflage zu starten. Wichtig war für ihn von Anfang an, dass das neue Modell qualitativ besser ist als das Original, denn „nicht dass die Leute nachher sagen: schön dass der Rucksack zurück ist, aber der alte war besser“. Und so zog Drack los um die passenden Stoffe und das beste Leder aufzutreiben. „Ich bin immer noch dankbar für die Geduld, die meine Partner in der Produktion mit mir hatten“ denn die anfänglich manchmal unbeholfenen Fragen des Marketingprofis führten auf der ein oder anderen Stoffmesse auch zu Augenverdrehen.

Recherche nach den Markenrechten und Nachfahren

Dracks Ziel war es die Traditionsmarke zurückzuholen und dafür kämpfte er sich nicht nur durch das für ihn unbekannte Metier der Textilbranche, sondern musste sich auch mit den Markenrechten auseinandersetzen. Weder einen Eintrag beim Patentamt noch Firmeneinträge konnte er ausfindig machen. In Archiven fand er Briefe mit dem alten Logo in den 1970er Jahren und einen Hinweis auf die Löschung der Firma aus dem Gewerbebuch im Jahr 1992. Die Marke war nie angemeldet worden und somit lies er diese sichern. Er rechnet fest damit, dass sich mit wachsender Bekanntheit sicher Nachfahren der „Kamarg“-Gründer melden werden.

Haltbar und Nachhaltig

Die Produktentwicklung dauerte etwa ein Jahr und auch auf den privaten Reisen des Firmengründers wurden die Prototypen getestet. Wichtig war ihm und seinem Team vor allem, dass Dinge produziert werden die Jahre lang halten, Erinnerungen schaffen und nachhaltig sind: „Das ist der Ansporn, der uns dazu getrieben hat diesen Rucksack wieder herzustellen, der – mit ein paar kleinen Reparaturen – ein Leben lang halten kann und mit uns durch die Jahrzehnte reist. Wir sind quasi das genaue Gegenteil vom derzeitigen Trend der „Fast Fashion“ wo es jede Woche eine neue Kollektion gibt.“ „Kamargs“ sind so entwickelt, dass sie leicht mit austauschbaren Riemen, Schnüren und Reißverschlüssen, die man auf der Webseite bestellen kann, wieder auf Vordermann gebracht werden können.

Produziert wird der Rucksack aus Segelstoff und Leder in Südeuropa. Firmensitz des jungen Unternehmens ist Schweden, da der gebürtige Österreicher sich zum Zeitpunkt der Gründung in Stockholm aufhielt und auf diese Adresse auch die Markenrechte laufen. Bei den ersten Bestellungen haben zwar Österreicher die Nase vorne, aber Ziel ist es auch im restlichen Europa und auch Übersee zu verkaufen. Der klassische österreichische Rucksack ist somit zum klassischen europäischen Rucksack geworden, mit Wurzeln in Graz.

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