"Den Plan B gibt es nicht"

Rose May Alaba singt bei den Special Olympics in Schladming. Der Auftritt ist für sie ein weiterer Schritt auf dem Weg aus dem Schatten des berühmten Bruders. Das Ziel ist klar und erreichbar

von Pop - "Den Plan B gibt es nicht" © Bild: News Reich Sebastian

Die Social-Media-Orgel beherrscht sie so gut wie ihre ausdrucksstarke Soulstimme. Da ein stimmungsvolles Schwarz-weiß-Foto nach einem Auftritt in Innsbruck, dort ein Spiegelbrillen-Schnappschuss live vom Stau oder ein Selfie mit den Musikerkollegen der Special Olympics. Auf Facebook gepostet, auf Twitter gehashtaggt und auf der Homepage perfekt aufbereitet, wie das auch Superstars von Beyoncé bis Adele tun. "Warte, ich mach noch ein Foto", sagt Rose May Alaba nach dem Interview und zückt das Handy, um die eben benutzten Journalistenwerkzeuge - Mikrofon, Spickzettel, aber auch leere Kaffeehäferl - abzulichten. "@Work. More Promotion", will sie dazuschreiben und lacht. Klar, da draußen soll man ruhig mitbekommen, was die Sängerin so tut für ihre Karriere.

Was Rose May Alaba online postet, zeugt von Dankbarkeit, Optimismus und Lebensfreude. Aber auch von Disziplin und dem unbedingten Willen, an sich zu arbeiten. "Beauty begins the moment you decide to #beyourself", teilt sie als Zitat. Oder: "Life begins at the end of your comfort zone. Challenge yourself." Und das noch: "You can never expect to succeed if you only put in work on the days you feel like it." Was man als oft gelesene Schönfärberei-Floskeln abtun könnte, kommt bei der 22-Jährigen aus tiefstem Herzen. Sie lebt nach dem, was für andere nur Lebenshilfesprüche sind, und reibt sich auch an ihnen. Für den vor einem Jahr veröffentlichten Song "Love Me Right" schrieb sie sich den eigenen Kampf um das Selbstwertgefühl von der Seele. "It’s okay to be the way you are", singt sie darin. "Ich hatte ja früher ein paar Kilo mehr, und wenn du dann auch noch in der Pubertät bist, hast du viele Unsicherheiten", erzählt Alaba. "Diese Dinge, die man an sich nicht mag, lieben zu lernen, ist ein Prozess. Ich bin auch noch nicht da, wo ich hin will. Aber mir ist wichtig, dass ich mich weiter entwickle und ein besserer Mensch werde. Diese Botschaft war mir wichtig: Sei dir treu, verändere dich nicht für jemand anderen. Das war ja mein Problem: Ich hab geglaubt, ich bin nicht cool genug für die anderen."

Gelassen gegen Vorurteile

Rose May Alaba weiß genau, wo sie auf ihrem Lebensweg steht. Die Konstanten sind genauso klar wie die Aufgaben und Ziele. Wäre ihr Bruder nicht Fußballstar David, würde ihre Karriere als eine für angehende Sängerinnen völlig normale Entwicklung betrachtet: Klavierunterricht ab dem vierten Lebensjahr, weil Mama und Papa das Talent entdeckten. Später Autodidakt an der Gitarre. Videos von eingesungenen Coverversionen auf Youtube hochgeladen. Eine Bewerbung bei der ORF-Castingshow "Helden von morgen", die nach dem Recall endete. Noch eine Bewerbung bei der Puls-4-Show "Popstars", aus der Rose 2011 im Alter von 16 Jahren als Bandmitglied der neugegründeten BFF hervorging. Nach zwei Jahren trennte sich die mäßig erfolgreiche Formation. Vieles wurde probiert, verworfen und wieder probiert. Ganz normal. Der Weg blieb derselbe und war immer die Musikkarriere. "Ich wollte nie etwas anderes machen", sagt sie. "Ich habe keinen Plan B. Wenn ich hart arbeite, wird es sich lohnen."

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Im Vorjahr trat sie mit ihrer ersten eigenen Single, "All Of This Is You", als Solokünstlerin in die Öffentlichkeit. Aber statt den logischen Weg einer jungen Sängerin nehmen zu können, wurde sie in erster Linie als kleine Schwester eines Champions-League-geadelten Bruders gesehen. Wenn der bekannte Nachname Türen öffnete, transportierte er zugleich Vorurteile. Statt am eigenen Talent wurde sie am Erfolg des Bruders gemessen, als müsste alles, was den Namen Alaba trägt, sofort Superstar-Status einfahren.

»Ich kann nur an mir arbeiten und besser werden. Das wird sich lohnen«

Dabei war das nie der Plan, sagt Papa Alaba, der für beide Kinder als Manager arbeitet. Der Musiker und DJ kennt die Regeln der Musikbranche. Mit dem Duo Two In One gelang ihm in den Neunzigerjahren der Hit "Indian Song". "Es war klar, dass es nicht gleich mit dem ersten Song 'Boom' macht", sagt George Alaba. "Wir erwarten nicht, dass irgendetwas schnell geht. So eine Karriere geht nur Stück für Stück. Das Einzige, das für uns als Eltern zählt, ist, dass Rose die Musik liebt. Deshalb unterstützen wir sie."

Rose May begegnet Vorurteilen mit ureigenem Optimismus. "Ich bin Rose May Alaba, ja, David ist mein großer Bruder, und ich bin sehr stolz auf ihn", beginnt etwa die Biografie auf ihrer Homepage. Das Geschwisterpaar steht sich tatsächlich sehr nahe. Man diskutiert über Musik und tauscht Ratschläge, alles im Wissen, "dass für David okay ist, was ich mache, weil ich seine Schwester bin". An falsche Erwartungshaltungen verschwendet Rose May keine Zeit. "Ich kann daran nichts ändern, ich kann nur an mir arbeiten. Ich verstehe, wenn manche glauben, es geht mir nur um den Erfolg, weil mein Bruder berühmt ist. Aber die kann ich mit meinen Auftritten überzeugen, da kann ich zeigen, wer ich wirklich bin", sagt sie mit einem selbstbewussten Lächeln, das zeigt, dass sie auf dem richtigen Weg ist.

Biss, Disziplin, harte Arbeit

Vater George begleitet Rose May auf der aktuellen Promotiontour zu Radiosendern und Fernsehstationen für die neue Single "Can You Feel It", die sie für den Special-Olympics-Gründungspartner Coca-Cola geschrieben hat. "Sie wird jetzt viel stärker als Sängerin respektiert als zu Anfang. Das gibt Mut." Auch Rose May hat einschlägige Erfahrungen. "Oft kommen nach den Auftritten Leute zu mir und sagen, wie toll sie mein Konzert gefunden haben. Dann gestehen sie mir, dass sie immer gedacht haben, ich sei arrogant." Man hört heraus, wie abseitig sie dieses Vorurteil findet. Und wenn ihr das Gerücht zugetragen wird, die Eltern würden sie in die Karriere treiben, werden ihre Augen groß vor Erstaunen. "Vielleicht ist es in anderen Familien so, dass Eltern ihren Kindern eigene Träume aufzwingen. Aber bei uns war es immer schon so, dass ich nur Musik machen wollte und David nur Fußball spielen."

Seine Kinder in ihren Talenten und ihrer Leidenschaft zu unterstützen, sieht George Alaba als oberste elterliche Aufgabe. Und Disziplin sei entscheidend. "Erziehung kann man nicht Lehrern überlassen. Das müssen Eltern mit sehr viel Liebe machen. David durfte nur in den Hof zum Fußballspielen, wenn es in der Schule gepasst hat. Aber ich habe nie Einser erwartet. Man muss auch wissen, was man seinen Kindern abverlangt. Und fördern, was ihnen Spaß macht."

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Einfach sei das nicht immer gewesen, sagt George Alaba. Damals, als seine Frau Gina noch als diplomierte Krankenschwester arbeitete und er als DJ in der Nacht arbeitete. Harte Arbeit als Basis für Erfolg hat er den Kindern vorgelebt. "Ich arbeite daran, meinen musikalischen Stil besser auf den Punkt zu bringen", beschreibt Rose May ihre Ziele. "Und ich hoffe, dass ich in zwei Jahren europaweit auftreten kann. Aber ich lebe im Moment und überlasse meinen Weg dem Herrn da oben. Er wird mich leiten, solange ich mein Bestes gebe." Biss, Disziplin und harte Arbeit brauche es, sagt Rose May öfter. Der Rest sei Gottes Plan.

Auf Gott zu vertrauen, beschreibt sie euphorisch als "Wahnsinn". "Wenn du sein Wort annimmst und im Leben umsetzt, verändert sich alles ins Positive. Wenn du Gutes gibst, bekommst du Gutes zurück", sagt sie. "Klar, ist es schwer, das umzusetzen, weil man auch mal wütend ist. Aber dann denke ich: Ich habe einen Willen, der ist stärker als Wut. Und es springt immer Gutes für mich raus." So wie sie strahlt, hat Rose May das tatsächlich erlebt. Ganz abgesehen davon, dass sich der Satz ideal für das nächste Posting eignet.

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